An Georg W. Bush

Sehr geehrter Herr Präsident Bush,

Günter Wallraff An George W. Bush

Sehr geehrter Herr Präsident Bush,
Ihrer bisherigen durch nichts zu beirrenden Bedrohungspolitik ist es zu verdanken, daß einer der grausamsten Diktatoren zum Abrüsten veranlaßt wurde. Sie haben erreicht, daß die Kontrolleure der UNO wieder im Irak sind und das Regime ohne Krieg entwaffnen können. Saddam Hussein mußte auch der Zerstörung seiner Raketen zustimmen - zur Überraschung vieler. Etwa zu Ihrem Bedauern?
Gehen Sie noch einen Schritt weiter: Erwirken Sie einen UNO-Beschluß, der Saddam daran hindert, weiterhin seine als Anreiz und Prämie zu verstehenden Unterstützungen für die Hinterbliebenen palästinensischer Selbstmordattentäter zu zahlen. Wenn das gelingt, haben Sie viel erreicht.
Beschämen Sie das alte Europa: Zeigen Sie wahre Größe und führen Sie nicht auf Teufel-komm-raus einen das Völkerrecht mißachtenden Selbstjustiz-Krieg! Stellen Sie sich nicht auf die gleiche Stufe mit dem einst von Ihren Amtsvorgängern geförderten und hochgerüsteten Günstling, in den Sie wohl nicht zu Unrecht hineinprojizieren, daß er "trickst und betrügt" und alles "nur aus Taktik" tut. Beenden Sie endlich das viele zigtausende Menschen - zumeist Kinder - hinmordende Embargo!
Stellen Sie Ihre Behauptung unter Beweis, daß es Ihnen darauf ankommt, in dieser Region "eine neue Ordnung im Sinne von demokratischen Strukturen" herzustellen. Sie können damit anfangen, indem Sie Ihre gefügig und abhängig gemachten Satrapen in Pakistan, Saudi-Arabien und Ägypten dazu veranlassen, der Demokratisierung ihrer Länder nicht länger im Wege zu stehen.
Wenn Sie sich allerdings - gegen den Mehrheitswillen der Weltöffentlichkeit und ohne UNO-Mandat - dazu hinreißen lassen, den Irak mit Krieg zu überziehen und dabei den Tod abertausender unschuldiger Menschen von vornherein als Kollateralschäden einzukalkulkieren, werden Sie zwar militärisch diesen Krieg gegen ein entwaffnetes Regime, gegen ein darbendes, verelendetes Volk gewinnen, doch dieser Sieg wird auf lange Zeit Ihre moralische Niederlage bedeuten. Vorübergehend werden Sie und Ihre Finanziers Herren über das zweitgrößte Ölvorkommen der Welt sein, gleichzeitig aber den Islamisten und kommenden Terroristen Tür und Tor öffnen und neue Attentate provozieren.
Übermächtiger Präsident, hören Sie nicht auf schlechte Ratgeber, die Ihnen jetzt sagen, Sie könnten, nachdem Sie schon so viel Militär entsandt haben, nicht mehr zurück (als wären Sie so schwach!) und Sie würden das Gesicht verlieren, wenn Sie auf den Krieg gegen den Irak verzichteten (was wäre das für ein Gesicht!). Ich versichere Ihnen, daß ich Ihnen beim Rückzug Ihrer Truppen zujubeln werde wie viele andere Menschen auch. Kehren Sie um; es ist nie zu spät.
In diesem Sinne grüßt Sie
Günter Wallraff

PS. Als Nachtlektüre empfehle ich Ihnen noch "Größe und Untergang des Römischen Reiches" von Montesquieu (1734) und als gläubigem, missionierendem Christen die Bibel mit dem Spruch "Wer zum Schwert greift, soll durch das Schwert umkommen" sowie als Denkanstoß auch noch eine häufig bewährte Volksweisheit aus dem alten Europa: "Der Klügere gibt nach."

Till Müller-Heidelberg An George W. Bush

Wenn Sie den Präventivkrieg rechtfertigen, ist Ihnen dann eigentlich klar, Herr Präsident, daß Sie damit auch die Rechtfertigung für einen Atomwaffenschlag Nordkoreas gegen die USA morgen liefern? Und wenn Sie die Zustimmung der UNO zu einem Krieg gegen den Irak nur für wünschenswert, aber nicht für notwendig erklären und auch ohne Sicherheitsratsbeschluß in den Krieg ziehen wollen, ersetzen Sie die Stärke des (Völker-) Rechts durch das Recht des Stärkeren. Werden die USA auf ewig die Stärkeren sein, Herr Präsident?
Till Müller-Heidelberg ist Bundesvorsitzender der Humanistischen Union. Ihn und andere Aktive aus Menschenrechtsorganisationen hatten wir um "drei Sätze an George W. Bush" gebeten.

Elke Steven An George W. Bush

Mörder ist, wer aus Mordlust, aus Habgier oder aus Machtgier grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln einen Menschen tötet. Den, der Tausenden von Menschen aus niedrigen Beweggründen durch andere den Tod bringen läßt, mag man Völkermörder nennen - und angesichts des erzielten Schreckens schon sprachlos werden. Zum Verräter an der ganzen Menschheit wird der, der im Vertrauen auf technische Allmacht aus Hab- und Machtgier Massenmorde mit Demokratie und Menschenrechten rechtfertigt.
Elke Steven ist Sekretärin des Komitees für Grundrecht und Demokratie

Wolfgang Kaleck An George W. Bush

Nein, diesem Herrn habe ich persönlich gar nichts zu sagen. Die Weltöffentlichkeit sollte ihm jedoch klarmachen, daß man anders als bei dem letzten Golfkrieg 1991 nicht gewillt ist, den USA die vorgeschobenen Kriegsgründe (Entwaffnung etc.) ungeprüft zu glauben. Die wirklichen Kriegsgründe (Sturz von Saddam, Stabilisierung der Golfregion) mögen politisch diskutabel sein, sie mit einem Krieg durchzusetzen, verstößt jedoch gegen alles geltende Recht und gefährdet darüber hinaus die gesamte internationale Rechtsordnung.
Wolfgang Kaleck ist Vorsitzender des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins.

Rolf Becker An George W. Bush

Ich habe Ihnen nichts zu sagen, Mr. President, mir fällt nur, weil unsere beiden Nationen den selben Vogel (als Wappentier) haben, ein, was der Schweizer Schriftsteller Claus Bremer 1980 der Regierung der Bundesrepublik Deutschland zum 25. Gründungstag der Bundeswehr als Gelöbnistext für die Vereidigung ihrer Rekruten vorgeschlagen hat:
"Wir werden dich Adler mästen
wenn alles in Scherben fällt!
Denn heute gehört uns der Westen
und morgen die ganze Welt -"
Rolf Becker ist Schauspieler und Gewerkschafter

aus: Ossietky 5/03 8. März 2003