Welcome to the War

Krieg, Kino, Science Fiction

in (01.07.2003)

I raised a glass of water, and they each lifted their beers in response. "Well", I said, "welcome to the war."

Es funktioniert nicht. Trotz aller Anstrengungen, trotz der Milliarden Dollar, die in Kriegsfilme aller Art geflossen sind, seit das Ende des Kalten Krieges eine Neudefinition der Feindbilder erforderlich machte. Krieg ist nicht schick. So aussichtslos der militärische Widerstand des militärisch abgerüsteten und ökonomisch niedergerungenen Iraks gegen die turmhoch überlegene US-amerikanische Militärmaschine erschien, so aussichtslos erscheint es, dass die stupid white men um Georg W. Bush den globalen Krieg um die öffentliche Meinung für sich entscheiden könnten. Es funktioniert einfach nicht.

Dabei herrscht, insbesondere in den letzten drei Jahren, an Kriegsfilmen kein Mangel. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich Ratlosigkeit. In gewaltigen Materialschlachten werden Epen aus dem Zweiten Weltkrieg verfilmt: Pearl Harbor, Enemy at the Gates, Der Soldat James Ryan - ohne jede Kritik, sicherlich, mit voller Entsorgung der eigenen Geschichte - klar. Aber für heute gibt das nichts her. Sobald die Linse näher an die Gegenwart heranzoomt, wie in Ridley Scotts Black Hawk Down, erzeugt sie alles andere als militaristischen Überschwang.

Das war mal besser. Top Gun (1985) zum Beispiel, ein Klassiker der Kriegsverherrlichung, in dem Tom Cruise wirklich hip war mit Uniform und Jagdflugzeug. Ein Offizier und Gentleman (1982), eher was fürs bescheidene Gemüt, aber ein filmisch funktionierendes Märchen von der Erschaffung des Menschen durch Drill und vom sozialen Sex-Appeal der Army: Seifenopern in Camouflage. Genreverwandte Filme der 90er - Eine Frage der Ehre, Die Tochter des Generals, Im Fadenkreuz oder am ehesten noch G.I. Jane - hinterlassen stattdessen eher das Gefühl: Lieber nicht. Schön, dass ihr euch geschunden habt, aber: ohne mich.

Die Filmindustrie hat auch keine Lust mehr auf Krieg. Der öffentlich geäußerte Unmut über den Kriegskurs der Bush-Regierung unterlegte deutlich die diesjährige Oscar-Verleihung. Michael Moore konnte, seinen Oscar in der Hand, Bush von der Bühne aus zurufen: "Wer den Papst und die Dixie Chicks gegen sich hat, dessen Zeit ist abgelaufen!" Prominente actors wie George Clooney, Susan Surandon und Dustin Hoffman hatten im Vorfeld bereits gegen den Krieg protestiert. Und dass die academy lieber Chicago die Oscars abräumen ließ als den messerschlitzenden Gangs of New York, war auch Programm.

Haben die Bush-Regierung und ihre kulturpolitischen Schäferhunde also recht, wenn sie immer wieder zähneknirschend signalisieren: Hollywood, ein fröhliches Pack vaterlandsloser Gesellen? Nun, die haben natürlich leicht reden. Sicher, Profis im Filmgeschäft neigen dazu, ordentlich zu recherchieren. Die sehen sich dann auch mal die Seiten von Al Jazeera an oder die shock&awe-Fotos auf www.marchforjustice.com an, und manchen wird dann wirklich schlecht davon. Einigen, nicht allen. Aber selbst wenn Hollywood wollte, könnte es nicht so einfach, wie die Bush-Krieger wollen. Das Vertrackte an filmischen Großproduktionen, die heute ganz schnell mal 100 Millionen Dollar und mehr kosten, ist, dass die auch jemand sehen muss.

Das ist anders als beim Wählen, das erstens umsonst ist und wo insbesondere das republikanische Lager am besten damit fährt, dass zwei Drittel der Leute es nicht tun. Cineastischer Agitprop muss sich an der Kinokasse rechnen, und dafür müssen entsprechende Filme popkulturell funktionieren. Das tun sie nur, wenn ihre ideologische Botschaft einer Behandlung der Wirklichkeit aufsitzt, die den sozialen Erfahrungen und Ängsten, Hoffnungen und Sehnsüchten der Menschen Raum gibt, wenn sie aus den Strömungen und Tendenzen der allgemeinen aktuellen consciousness heraus gearbeitet sind. Und damit gibt es offenbar, was Kriegs-Propaganda anbelangt, derzeit massive Probleme. Selbst in den Produktionen derer, die es aufrichtig versuchen.

Das liegt nicht an Hollywood; es liegt an Bush. Hollywood kann nicht jeden Krieg der Regierung verkaufen. Es kann der Regierung zeigen, welche Art von Krieg sie führen kann.

"Wir werden alle Fiesen killen!"

In den 50ern war das alles noch ziemlich einfach. Die öffentlich angeheizte Furcht vor kommunistischer Unterwanderung war allgegenwärtig und der Glaube an die Problemlösungskraft des Militärs - vor dem Hintergrund eines gerade gewonnenen Weltkriegs - ungebrochen. Beides zusammen spiegelte sich wider und wurde wiederum bestärkt durch Filme, in denen die Menschheit von diversen Monstermutanten bedroht wird; am Schluss kommt dann die Army, bombt alles nieder und rettet die Welt. So funktionieren Tarantula (der mit den Riesenspinnen, 1955) und Formicula (der mit den Riesenameisen, 1954) und viele andere. Die allgemeine militaristische Gesinnung folgte der einfachen Formel, die sich mit dem (ironischen) Titel eines Romans von Boris Vian am besten beschreiben lässt: "Wir werden alle Fiesen killen!"

Mit den 60ern ist diese Unschuld vorbei. Bedrohliche Invasionen sind immer noch an der Tagesordnung, aber die unterschwellige Botschaft dabei läuft der militaristischen Hegemonie davon. Die Bedrohung, die symbolisiert wird, geht nicht mehr von komplotthungrigen Kommunisten aus, sondern von der Konformität, Autorität und sozialen Brutalität der Gesellschaft. Und dagegen hilft auch die Armee nicht. Don Siegels Die Dämonischen (1956) ist das perfekte Muster dieses Films. Es ist dieses Muster, das John Carpenter 1988 augenzwinkernd in Sie leben! zitiert, aber drastisch zur Kenntlichkeit verändert: die Aliens, die den Laden übernehmen, sind die neoliberalen Aufsteiger, Karrieristen und Politverschwörer der 80er.

Das beherrschende Kriegs-Motiv im Film der 60er jedoch war die Bombe. Der Einsatz der Atombombe in Hiroshima und Nagasaki, die Entwicklung der Wasserstoffbombe, die atomare Aufrüstung der USA und der Sowjetunion bis zur potenziellen Selbstzerstörung der Menschheit stellten einen tiefen politischen und zivilisatorischen Einschnitt dar, der mental und kulturell verarbeitet sein wollte. Was in Japan die bizarre Aufarbeitung der atomaren Zerstörungs-Erfahrung in den Godzilla-Filmen war, nahm in den USA die Gestalt der politischen Warnung an, nämlich vor dem unverantwortlichen Spiel mit dem Risiko "ungewollter" Selbstvernichtung. Stanley Kubricks Dr. Seltsam oder Wie ich lernte die Bombe zu lieben (1963), The War Game (1966) oder War Game (1968) waren typische Filme dieser Ära, zu denen The Day After (1983) und Quiet Earth (1983) einen späten Nachschlag lieferten.

Das Problem dieser Filme war, dass sie mit den realen Kriegen, die unterhalb der Schwelle von Atombomben und Menschheitsvernichtung stattfanden, eigentlich kein Problem hatten. Der Beginn des Vietnam-Kriegs ging denn auch cineastisch seltsam unbemerkt über die Bühne. Die Kriege von Vietnam und Korea waren, aus der Perspektive des Massenbewusstseins gesehen, für die US-Regierung absolut führbare Kriege.

"Nie wieder Vietnam!"

Das änderte sich erst, als der Krieg verloren wurde. Die US-amerikanische Niederlage gegen das fernöstliche Entwicklungsland Vietnam bzw. den nordvietnamesischen Vietcong stellte politisch und kulturhistorisch einen ähnlich tiefen Einschnitt dar wie die Entwicklung der Atombombe. Der politische Widerstand der 60er Jahre, die narzisstische Kränkung der imperialen Weltmacht, die Frustration der Kriegsheimkehrer, für eine sinnlose Sache verheizt worden zu sein, und das Erschrecken der amerikanischen Gesellschaft über die seelische Deformation der Heimgekehrten verband sich zu einer massiven Tendenz im kollektiven politischen Bewusstsein, so etwas nie wieder erleben zu wollen. Die amerikanischen Kriegsgefangenen, die auch nach ihrer Freilassung nicht aufhören können, Russisch Roulette zu spielen (in The Deer Hunter, 1978), der verrückte Colonel Kurtz, der im Dschungel sein eigenes Regime des Grauens aufbaut (Apocalypse Now, 1976-79), die Gefallenen in Oliver Stones Platoon (1986) und der "durchgedrehte" Vietnam-Veteran, der zu Hause einfach nur in die Reaktionsmuster zurückfällt, für die er im Krieg ausgebildet worden war (im häufig unterschätzten ersten Rambo, 1982) - sie markieren das Bemühen um eine Grenze, die man nicht wieder überschritten sehen will.

Die Opfer spielen dabei weniger eine Rolle. So wie die "Bomben"-Filme der 60er einem bestimmten Krieg eine Grenze zogen (dem Atomkrieg) und andere ermöglichten (die kolonialen und neokolonialen Kriege der 60er und 70er), zogen auch die "Wahnsinn Vietnam"-Filme einem bestimmten Krieg eine Grenze (eben diesen kolonialen und neokolonialen Kriegen) und ermöglichten andere (die Stellvertreterkriege und verdeckten Operationen der 80er). Einige wenige Ausnahmen wie der eindringliche The Killing Fields (1984) stehen isoliert neben diesem Mainstream. The Killing Fields handelt von Opfern und er handelt von Opfern im Kambodscha der Khmer Rouge - wer wollte mit so einem Film, der sich gegen linke und rechte Vereinnahmung sperrt, schon etwas anfangen?

Das Militär und seine Verfechter betreiben zunächst einmal Imagepflege, die sich auf die Wiederherstellung der Gestalt des ehrhaften Soldaten und auf die erzieherische Rolle des Militärs beschränkt. Kriegsfilme "at home" sozusagen - wie die erwähnten Top Gun und Ein Offizier und Gentleman. Von neuen Einsätzen ist erst einmal nicht die Rede. Sie finden einfach statt, kulturpolitisch weitgehend unbemerkt. Die Stellvertreterkriege und verdeckten Operationen der 80er wurden massenpolitisch eigentlich erst in den "Paranoia"-Szenarien der 90er aufgearbeitet, insbesondere natürlich in der Akte X-Serie (1993 ff) von Chris Carter.

Zwei für Texas: Roland Emmerich und George Lucas

Der Niedergang des Kommunismus, die Auflösung der Sowjetunion und der Zusammenbruch der Ordnung des Kalten Krieges, die sich in den Jahren 1985 -1991 vollzogen, stellten einen ähnlich tiefen politischen und kulturellen Bruch dar wie die Atombombe und Vietnam. 1991 beginnen die neuen imperialen Ordnungskriege in der "Neuen Weltordnung", die sich mit Hightech, minimalen eigenen Opferzahlen und aufgesetzter moralischer Argumentation über das Vietnam-Dogma ("nie wieder!") hinwegsetzen. Die Bush-Kriege, von Reagan ererbt und unter Clinton begonnen, inszenieren die USA als einzige Supermacht, die weltweit die Welt rettet, gegen dämonische Feinde, die trotzdem in lächerlicher Weise militärisch unterlegen sind. Das ist massenpolitisch kein so einfaches Unterfangen. Und Hollywood spurt überhaupt nicht. Wie soll man Kriege massenpolitisch aufbereiten, die im Wesentlichen darin bestehen, dass amerikanische Soldaten aus sicherer Höhe tausende Tonnen Bomben über Ländern verklappen, die niemand in den USA als Gefahr erlebt?

Und so gibt es nur zwei wackere Krieger in L.A., die der geistig schlichten Cowboy-Politik der Bush-Regierung die Stange halten - zwei für Texas. Einer von beiden ist Roland Emmerich. Der schwäbische Wahl-Amerikaner strengt sich seit nunmehr zehn Jahren an, Bilder vom neuen amerikanischen Freiheitskämpfer zu entwerfen, die in die Welt der 90er und 2000er passen. Der erste große Wurf war Stargate (1994). In eine Parallel-Welt geworfen, bekämpft eine Handvoll amerikanischer Soldaten nebst einem jungen Wissenschaftler-Zivilisten inmitten von viel Sand ein quasi-arabisches Imperium, das von einem despotischen Außerirdischen regiert wird, der einst auch die Erde beherrscht hat, und führt die unterdrückten Massen zum Sieg und zur Demokratie. Das Ganze ist hemmungslos naiv, aber es funktioniert filmisch ganz gut. Stargate ist eine echte Apotheose der Ära der neuen Kriege, ein republikanischer Wunschtraum, der den Kampf amerikanischer High-Tech-Soldaten in Ländern, wo sie nichts zu suchen haben, als rebellische Befreiungsaktion gegen einen an sich überlegenen Gegner darstellt, multikulti Seite an Seite mit dessen Bevölkerung.

Zur Vollendung bringt diesen Ansatz Emmerichs Independence Day (2000) oder auch ID4, wie er kurz genannt wird. Außerirdische umzingeln mit riesigen Raumschüsseln die Erde, bomben die großen Städte in einem furiosen Feuerwerk kurz und klein, zuallererst die Alien-Fans auf einem Hochhaus, die mit ihren Transparenten und selbstgemalten Plakaten einer Gruppe Hippies auf Friedensdemo verdächtig ähnlich sehen. Nach dem Fiasko (Unterlegenheit!) erfolgt der Gegenschlag, wieder im Verein von ziviler Wissenschaft, soldatischem Einsatz und (neu!) einem US-amerikanischen Präsidenten, der sich vom Schlaffi zum globalen Führer häutet. Der Multikulti-Aspekt ist perfekt ausgearbeitet (jüdischer Wissenschaftler, schwarzer Soldat, white-trash-Veteran), die globale Koalition verständigt sich in einer toll geschnittenen Szene ethnischer Vielfalt mittels des veralteten Morse-Alfabets, weil das alle können. Die riesigen Alien-Raumschiffe werden zur Projektion unterschiedlichster latenter Bedrohungsängste, sie hängen wie transnationale Konzerne im Neoliberalismus über den "interessanten" Gegenden der Erde und lasern alles so gefühllos nieder wie die arrogante Sparpolitik der Deregulierung, und so schafft es das Bild der ausgebrannt heruntergestürzten Schiffe, der Botschaft Ausdruck zu verleihen. Wenn der äußere Feind besiegt sei, werde auch zu Hause irgendwie schon alles gut werden.

Der andere Bush-Krieger, der aus seinen grauenvollen ideologischen Bekenntnissen auch im Interview kein Hehl macht ("ein guter Despot, das wäre, was die Welt braucht"), ist George Lucas. Die beiden neuen Teile der Star-Wars-Saga, zeitlich vor der Trilogie der 70er angelagert, weiden sich ebenfalls an der Inszenierung von Schlachten - auch Bodenschlachten diesmal, ebenfalls in multikultureller Verbindung mit den wackeren, aber etwas tumben "Gingas", die in einem Dialekt sprechen, wie er im typisch rassistischen Steoreotyp schwarzen Haussklaven zugewiesen wurde. Abgründe an Peinlichkeit. Wenig Kriegs-Hipness.

Zwei gegen Texas: Barry Levinson und Paul Verhoeven

Trotz Kassenerfolg und - im Unterschied zu Emmerich - vereinzelten kämpfenden Frauen ereilt auch Star Wars - Die dunkle Bedrohung (1999) und den neuen zweiten Teil Star Wars - Angriff der Klon-Krieger (2002) dasselbe Schicksal wie Emmerichs ID4-Kracher: ernst nehmen kann man so was nicht. Aber beide Texas-Krieger zeigen, welche Art von Krieg massenpolitisch führbar ist in den 2000ern. Und gerade ID4 macht klar, in welcher Weise der US-amerikanische "Koalitionskrieg" gegen Afghanistan tatsächlich globale Hegemonie behaupten konnte: weil er weltweit zunächst so wahrgenommen wurde, als würde hier ID4 nachgespielt, einschließlich der Möglichkeiten zur Verständigung, die aus einer zugelassenen amerikanischer Opfer-Erfahrung erwartet wurden. Erst der angekündigte Angriffskrieg gegen Bagdad hat diese (illusionäre) Erwartungshaltung in sich zusammenfallen lassen.

Auch die Seite der Kriegsgegner hat aufgerüstet. Im Jahr 1997, zwischen Golfkrieg und dem Angriff auf Jugoslawien also, drehten Barry Levinson und Paul Verhoeven Wag the Dog bzw. Starship Troopers. Wag the Dog ist eine messerscharfe Satire auf den US-amerikanischen Regierungszynismus, sich mit beliebigen militärischen Einsätzen innenpolitische Erleichterung zu schaffen: Weil der Präsident wenige Tage vor der Wahl in einem Sex-Skandal unterzugehen droht, engagiert sein Beraterstab einen Hollywood-Produzenten, um einen erfundenen Krieg gegen Albanien als rein mediales Ereignis zu inszenieren.

Starship Troopers - umstritten und erfolgreich - unternimmt den raffinierten und gewagten Kunstgriff, einen Alien-Kriegs-Kracher mit aller militaristischen Ästhetik und bombastischen Tricktechnik als ätzend scharfe Satire zu inszenieren. Junge, schöne Menschen entscheiden sich für eine Karriere beim - stark nazistisch angehauchten - Weltmilitär, um die Menschheit gegen die bugs, außerirdische Monsterinsekten, zu verteidigen - und werden reihenweise niedergemetzelt. In der schönsten Szene sagt ein beinamputierter Veteran voll zackigem Stolz: "Die Armee hat mich zu dem gemacht, was ich bin!" Eher beiläufig erfährt die Bevölkerung aus den gleichgeschalteten Medien (dicht dran an der Art und Weise der CNN-Kriegsberichterstattung), dass der ganze Krieg nicht angefangen hätte, wenn nicht menschliche Siedler in das Territorium der bugs eingedrungen wären.

Nachdenken über die Neue Weltordnung: Jonathan Frakes

Cognitive Mapping (Frederic Jameson), das Nachdenken darüber, wie die Welt so ist und wie man selbst sich darin zu verorten hat, ist das klassische Geschäft von Star Trek. Die Star-Trek-Filme (seit 1979) fielen dabei lange Zeit eher dürftig aus im Verhältnis zur Serie, die wissenschaftliche und politische Entwicklungen aufgreift, moralische und psychologische Fragen diskutiert und unverdrossen Bilder von einer bei allem Alien-Ärger utopischen, politisch korrekten Welt entwirft.

Die beiden Star-Trek-Filme, die die Reihe der Kinofilme erstmals auf das Niveau der Serie hoben, waren Star Trek - Der erste Kontakt (First Contact, 1996) und Star Trek - Der Aufstand (Resurrection, 1998). Beide wurden von Jonathan Frakes gedreht, dem Darsteller des Ersten Offiziers auf der Enterprise, James Ryker; beides sind hochmoderne Kriegsfilme. First Contact erzählt vom Krieg der Föderation gegen die Borg. Die Borg, die alle anderen Spezies "assimilieren" wollen, sind eine schillernde Projektionsfläche: ihr Kollektivismus, ihre universalistische Rationalität und ihre hochtechnologisch gestützte Arroganz lassen Assoziationen mit dem kommunistischen Imperium genauso zu wie mit der Welteinverleibung amerikanischer Prägung. Die Borg sind der Feind. Aber wer sind eigentlich die Borg?

Der Aufstand handelt von der Entscheidung Captain Picards und seiner Crew, sich entgegen der Befehle der Föderation in die Auseinandersetzung um einen Planeten einzumischen, der ewige Jugend hervorruft. Die politischen Bezüge reichen von den UN-Blauhelmen in Sbreniza, die dem serbischen Massaker an der Bevölkerung tatenlos zusahen, bis zum Schicksal ethnischer Minderheiten, die enteignet und ermordet werden, um großen pseudo-rationalen Entwicklungsplänen Platz zu machen. Thematisiert First Contact die Frage der militärischen wie kulturellen Selbstverteidigung in der Neuen Weltordnung, so dramatisiert Der Aufstand politische und moralische Fragen der Rechtfertigung von bewaffneter Intervention.

Die Auseinandersetzung mit Krieg und Frieden ist relativ entwickelt in den Filmen der 90er, und sie ist - jedenfalls in den besseren - relativ präzise. Das zeigt sich auch in einem so flotten und action-lastigen Werk wie Project Peacemaker mit George Clooney als wenig zimperlichem Offizier und Nicole Kidman als Präsidentenberaterin, die einen serbischen Terroranschlag auf New York verhindern. Hier wird scheinbar unbeschwert Krieg geführt, aber dennoch beständig reflektiert - Selbstverteidigung, Verhältnismäßigkeit, Trennung von (verständlicher) Motivation und (zu bekämpfender) terroristischer Tat. Und keine zivilen Opfer bitte.

Warum Bush den Popkrieg verliert

Bemerkenswert an der neuen Phase von Krieg und Krieg im Film ist, dass nicht mehr auf die gerade historisch abgeschlossenen Kriegsformen eingedroschen wird, während die neuen Kriegsformen unbeobachtet praktiziert werden. Die filmische Auseinandersetzung mit dem realen Krieg wird in Echtzeit geführt - und sie läuft nicht pro Bush.

Die filmische Auseinandersetzung mit Krieg spiegelt und fördert dabei genau jenes Massenbewusstsein und öffentliche Nachdenken über den Krieg, das eher der Anti-Kriegs-Bewegung zuarbeitet als der Koalition der Willigen. Es ist beileibe kein Pazifismus und keine Haltung der prinzipiellen Gewaltfreiheit. Krieg gilt als denkbar, wenn es um Selbstverteidigung geht, wenn den Schwachen und Friedlichen gegen Vernichtung geholfen wird, wenn in handstreichartigen Operationen einzelnen Individuen und Gruppen - so verständlich die Motive ihrer terroristischen Taten auch sein mögen - das Handwerk gelegt wird; er gilt als Verbrechen, wenn diese Bedingungen nicht zutreffen. Genau diese pragmatische Haltung bildete die moralisch-normative Grundlage der globalen Massenbewegung gegen Bushs Angriffskrieg gegen den Irak, denn sie ermöglichte erstmals eine Anti-Kriegs-Bewegung, in der das Selbstverteidigungsrecht (z.B. der Israelis) theoretisch genauso aufgehoben war wie das Widerstandsrecht (z.B. der Palästinenser) und in der Solidarisierung nicht mehr primär nach dem Muster hergestellt wird, dass der Feind meines Feindes doch ganz sicher mein Freund sein muss.

Bushs Irak-Inszenierung erwischte stattdessen alle Fettnäpfe, die von der cineastischen Aufklärung seit 1991 für doofe Regierungen aufgestellt wurden: Verschwörung (wurde bedient durch die gefälschten "Beweise" im Sicherheitsrat), Nationalchauvinismus statt multikultureller Allianz (wurde bedient durch die Verachtung gegenüber der UNO und überhaupt allen anderen Staaten), militanter Universalismus (wurde bedient durch die Zielsetzung, "von oben" eine amerikanische Demokratie im Irak zu erzwingen), Angriffskrieg, Krieg aus technologisch weit überlegener Position, Krieg gegen eine Bevölkerung statt "polizeilicher" Aktion gegen Terroristen. Das ist ziemlich genau das, was sich auf dem derzeitigen Stand der Dinge weltweiter Ablehnung quer durch alle sonstigen Spaltungen sicher sein kann. Plötzlich sind wir wieder bei ID4: der schnelle multiethnische Schnitt entlang der Morse-Kette, nur dass es die Schützengräben der Bewegung sind, und die Bush-Clique die Aliens.

Und was ist mit den Wummen?

Aber stimmt das denn alles? Wird in den Kassenschlagern der 90er und 2000er nicht geballert und geblastert, was das Zeug hält, gerade auch im ScienceFiction-Bereich? Was ist denn mit Blade, Matrix und den anderen Krachern? Hat Krieg da nicht einen ganz neuen suggestiven Schick, ist nicht ständig die Rede davon? "This is a war weÂ’ve been fighting all our lifetime. Maybe now we have the chance to bring it to an end" (Matrix Reloaded) - ist das nicht, was uns Cheney und Rumsfeld vor jedem neuen imperialen Angriffskrieg erklären?

Ist es nicht. Der War, von dem in der Tat in einem bestimmten popkulturellen Kontext häufiger die Rede ist (man denke an Blade und viele der Songs im schwarzen Hip-Hop, die darin zitiert sind), ist nicht Bushs Krieg, ist überhaupt kein militärischer Feldkrieg. Es ist ein Codewort für eine soziale und politische Auseinandersetzung, die organisiert und mit dem Willen zum Sieg geführt wird und in der man sich nicht darauf verlassen kann, dass irgendwer von außen die Einhaltung der Regeln kontrolliert. Und es ist bemerkenswert, wie gerade der Aspekt der Organisierung immer breiteren Raum einnimmt.

Für Bush und Blair fällt da nichts ab. In diesem Sinne: Welcome to the war!

aus arranca 27