Nordkorea, Iran und die Gefahr der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

Das Nonproliferationsregime vor dem Ende?

Spätestens seit dem terroristischen Massenmord vom 11. September steht der mögliche Zugang terroristischer Gruppierungen zu Nuklearmaterial wieder ganz oben auf der Agenda sicherheitspol. Überlegun

Spätestens seit dem terroristischen Massenmord vom 11. September steht der mögliche Zugang terroristischer Gruppierungen zu Nuklearmaterial wieder ganz oben auf der Agenda sicherheitspolitischer Überlegungen. Die Konsequenzen illegalen Gebrauchs von Nuklearmaterial und anderen radioaktiven Substanzen stellen eine reale Gefahr für die Menschheit dar. Deshalb ist ein effektives und weltweit flächendeckendes Verifikationsregime zur Kontrolle unautorisierter Proliferation von Nuklearstoffen unbedingt erforderlich. Allerdings steht mittlerweile eine der größten rüstungskontrollpolitischen Errungenschaften auf dem Spiel: der Atomwaffensperrvertrag (Non-Proliferation Treaty, NPT): Der Atomwaffensperrvertrag von 1968, über dessen Einhaltung die IAEA wacht, verbietet den Nichtkernwaffenstaaten die Atomrüstung und unterwirft sie Kontrollen. Dafür sichert der Vertrag Hilfe bei der zivilen Nutzung der Kerntechnik zu und verpflichtet die unterzeichnenden Nuklearmächte (USA, Russland, England, Frankreich, China), sich ernsthaft um Abrüstung zu bemühen ("to pursue negotiations in good faith"). Das Nonprolieferationsregime des NPT hat lange Zeit einigermaßen funktioniert. So haben die Vertragspartner Brasilien und Südafrika ihre Atomwaffenprogramme beendet und über viele Jahre hinweg traten keine nuklearen Aspiranten auf den Plan. Dann aber kam es Schlag auf Schlag. Iraks Atomrüstung wurde 1990/1991 durch den Zweiten Golfkrieg beendet, auch die Aufdeckung pakistanischen Nuklearschmuggels und der Verzicht Libyens auf sein Atomprogramm waren ein Erfolg - doch zugleich zeigten diese Fälle, dass es über Jahre möglich gewesen war, die Weltöffentlichkeit hinters Licht zu führen. 1995 wurde der Atomwaffensperrvertrag zeitlich unbegrenzt verlängert. Tatsächlich aber sind die Tage seiner Wirksamkeit gezählt. Denn längst gibt es eine Zwischenklasse von Staaten, die im System des Sperrvertrages zwar nicht vorgesehen ist, die aber dennoch existiert. So hat Israel den Vertrag nie unterzeichnet, besitzt aber um die 200 Atomsprengköpfe in verschiedener Konfiguration und betrachtet diese als strategische Rückversicherung gegenüber einer feindlichen Umwelt. Indien führte 1998 eine Kernsprengung durch, Pakistan zog drei Monate später nach. Beide haben um das umstrittene Gebirgsland Kaschmir bislang drei Kriege geführt. Ob die Nuklearwaffen die Führer in Islamabad und Neu Delhi zur Mäßigung zwingen, darf deshalb bezweifelt werden.

Die nordkoreanische Atomkrise

Der Austritt Nordkoreas im Januar 2003 war ein weiterer herber Rückschlag für das globale Nichtverbreitungsregime. Seit 2004 hat sich zudem die Krise um den Iran massiv verschärft. Auch Iran droht mit dem Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag. Ausgerechnet die "Gralshüter der atomaren Sicherheit", die USA, verstoßen ebenfalls vermehrt gegen den Geist des Atomwaffensperrvertrags. Statt sich weiter um die nukleare Abrüstung bspw. im Bereich der nuklearen Kurzstreckenraketen zu kümmern, treibt Washington die Erforschung eigener Atomwaffenprogramme voran. Mini-Nukes spielen bei den Planungen der Bush-Administration und ihren Präventivkriegsszenarien eine zunehmend wichtigere Rolle. Die so genannten "Schurkenstaaten" sehen sich wiederum durch die Pläne der USA und den Dritten Golfkrieg dazu ermutigt, nach der atomaren Waffe als nukleares Faustpfand zu greifen. Das Beispiel Nordkorea zeigt, dass sich Regime, die in das Fadenkreuz der USA geraten sind, offenbar nur noch dann sicher wähnen, wenn sie über die Atomwaffe verfügen. Insofern fördert die Bush-Administration mit ihrer Präventivkriegsstrategie geradezu die nukleare Proliferation. Als Präsident Bush von der "Achse des Bösen" sprach, meinte er nicht moralische Verfehlungen, Folter und Unterdrückung. Er nannte Irak, Iran und Nordkorea, weil sie an Nuklearwaffen arbeiten. Tatsächlich ist so etwas wie eine zweite strategische Revolution im Gange, weil neue Staaten sich nukleare Macht und dadurch Unverwundbarkeit beschaffen wollen. Sie hat das Potenzial, die Welt ins Chaos zu führen, vor allem dann, wenn globaler Terrorismus und Massenvernichtungswaffen in einer Hand zusammenkommen. Iran und Nordkorea sind eine grundlegende Herausforderung für den Fortbestand des Nichtverbreitungsregimes. Statt dem im Atomwaffensperrvertrag festgehaltenen Ziel einer "nuklearwaffenfreien Welt" droht vielmehr eine "Renuklearisierung" der Weltpolitik. Seit Präsident Bush Nordkorea in die "Achse des Bösen" eingereiht hat, versucht das Land mit gezielten Provokationen, bilaterale Gespräche mit den USA zu erzwingen und seine Verhandlungsposition im Nuklearpoker zu verbessern. Die Logik dahinter lautet: Wir verzichten auf unser Nuklearpotenzial, im Gegenzug erhalten wir Sicherheitsgarantien und wirtschaftliche und finanzielle Hilfen. Der Wunschzettel, den Nordkorea der amerikanischen Seite präsentierte, ist lang: So fordert Pjöngjang eine Reihe von Vorleistungen, wie die Unterzeichnung eines Nichtangriffspaktes und diplomatische Anerkennung durch die USA. Gefordert werden zudem die Gewährung von Wirtschaftshilfe durch Südkorea und Japan sowie die Zahlung von Kompensationen für die Energieengpässe im Zusammenhang mit Verzögerungen beim Bau zweier Leichtwasserreaktoren, den die USA Nordkorea im Rahmenabkommen von 1994 versprochen hatten. Dass die Fertigstellung dieser Reaktoren von der Einstellung des nordkoreanischen Atomprogramms abhängig gemacht worden war, wird dabei verschwiegen. Als Gegenleistung zu diesem umfassenden Forderungskatalog will Nordkoreas Regime, das Ende 2002 die Inspektoren der Internationalen Atomenergieagentur aus dem Land gejagt und kurz danach den Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag erklärt hatte, auf die Entwicklung von Kernwaffen verzichten. Die umstrittenen Atomanlagen sollen zudem internationalen Kontrollen wieder zugänglich gemacht und der Abbau der Atomanlagen in Angriff genommen werden. Pjöngjang hatte bereits mehrfach widersprüchliche Signale über sein Atompotenzial ausgesandt. Während Washington davon ausgeht, dass Nordkorea über eine oder zwei Atombomben verfügt und in kurzer Zeit weitere bauen könnte, nimmt die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) an, dass Pjöngjang trotz fortgeschrittener Forschungsarbeiten noch nicht über Kernwaffen verfügt. Die Ungewissheit über den Stand des nordkoreanischen Nuklearprogramms wird von nordkoreanischer Seite bewusst mit widersprüchlichen Äußerungen und Angaben geschürt. Kim Jong Il versucht ganz offensichtlich die atomare Karte zu spielen, um sein dem Untergang geweihtes totalitäres Regime zu retten und im Gegenzug entsprechende Zugeständnisse von Seiten der USA zu erhalten. Unabhängig davon ob Nordkorea bereits Atomwaffen besitzt oder nicht, es verfügt zweifelsohne über waffenfähiges Plutonium, mit dem es binnen weniger Monate Atombomben bauen könnte und zudem über die entsprechende Trägertechnologie und -mittel, um diese gegebenenfalls auch einzusetzen. Nordkorea scheint die nukleare Drohung als Unterpfand und letztlich einzigen glaubwürdigen Joker anzusehen, um seine Interessen gegenüber der als feindselig wahrgenommenen Supermacht durchzusetzen. Auch aus diesem Grunde versucht Pjöngjang den Rest der Welt über den Status und den Stand seines Nuklearprogramms im Unklaren zu lassen. Sollte die Nuklearkrise um Nordkorea weiter eskalieren, ist davon auszugehen, dass Pjöngjang ab 2004/2005 etwa ein bis zwei nukleare Sprengköpfe pro Jahr produzieren könnte. Die USA haben hingegen stets betont, erst dann zu Zugeständnissen - etwa in Form multilateraler oder gar unilateraler Sicherheitsgarantien oder wirtschaftlicher Hilfen - bereit zu sein, wenn Nordkorea sein Atomprogramm in vollständiger, verifizierbarer und irreversibler Form beendet. Auch Pjöngjangs Forderung nach einem rechtlich bindenden bilateralen Nichtangriffspakt, der zudem die Zustimmung des amerikanischen Kongress benötigte, wird abgelehnt. An der amerikanischen Haltung, sich durch Nordkoreas nukleare Drohung nicht in einen Nichtangriffspakt pressen zu lassen, scheinen auch die Pekinger Sechser-Gespräche (USA, Nordkorea, China, Südkorea, Japan) nichts geändert zu haben. Washington besteht nach wie vor auf der vollständigen Abwesenheit von Kernwaffen in Nordkorea, auf dessen Rückkehr zum atomaren Nichtverbreitungsvertrag und auf eine Öffnung des Landes für internationale Inspektionen. An der Eskalation der Krise um Nordkorea trägt jedoch auch die Bush-Regierung eine erhebliche Mitschuld: So wurde im Frühjahr 2002 Nordkorea in die nukleare Zielplanung der USA einbezogen und in der nationalen Sicherheitsstrategie vom September 2002 werden Präventivschläge gegen die "Achse des Bösen" (Iran, Irak und Nordkorea) erwogen. Nicht ganz zu Unrecht fühlt sich Pjöngjang deshalb unmittelbar durch die Politik der Vereinigten Staaten bedroht und herausgefordert, obwohl die Bush-Regierung sich grundsätzlich für eine friedliche Lösung der nordkoreanischen Atomkrise ausgesprochen und ausdrücklich versichert hatte, sie strebe keinen Regimewechsel nach irakischem Muster an. Gleichzeitig machte sie aber deutlich, dass auch die militärische Option auf dem Tisch bleibt. Nach wie vor scheint sich die amerikanische Seite nicht endgültig für eine kohärente Nordkorea-Politik entscheiden zu können. Während die "Tauben" auf eine friedliche Lösung des Konflikts setzten und dafür, wenn schon keine Sicherheitsgarantie, so doch wirtschaftliche und finanzielle Zusagen erwägen, streben die "Falken" nach wie vor einen "Regimewechsel" an. Washington scheint mittlerweile zu glauben, dass Nordkorea nur noch durch die Aufrechterhaltung einer ständigen militärischen Drohkulisse - flankiert von multilateralen Verhandlungen - eingedämmt und abgeschreckt werden kann. Verschärfend kommt hinzu, dass der Ausgang der Krise auch über die Gültigkeit und Wirksamkeit der neuen Sicherheitsstrategie der USA mitentscheiden wird. Ob die Bush-II-Administration ihre Nordkoreapolitik ändern und flexibler gestalten wird, bleibt abzuwarten. Es gibt bislang jedoch keinerlei Indizien, die dafür zu sprechen scheinen.

Die Krise um das iranische Atomprogramm

Die Krise um die iranische Atompolitik ist für Deutschland und Europa in mehrfacher Hinsicht bedeutsam: Zum einen entwickelt der Iran Trägersysteme, die in wenigen Jahren bis Europa reichen werden. Diese Raketen könnten in Zukunft auch Atomsprengköpfe transportieren. Auch aus diesem Grunde werden die Rufe nach einer Raketenabwehr für Europa zunehmend lauter. Zum anderen ist Iran nach wie vor Mitglied vieler bedeutsamer Abrüstungsverträge. Der bereits mehrfach angedrohte Austritt des Landes aus dem Atomwaffensperrvertrag würde dieses wichtige Vertragswerk weiter aushöhlen. Andere Staaten könnten versucht sein, dem Beispiel Iran zu folgen. Die iranischen Atomanlagen sind zudem ein potenzielles Ziel präventiver militärischer Maßnahmen. Die Vereinigten Staaten sehen solche Aktionen in ihrer nationalen Sicherheitsdoktrin ausdrücklich vor. Zudem hat Israel mit der Bombardierung des irakischen Reaktors Osirak im Juni 1981 unterstrichen, dass es den Aufbau vergleichbarer Anlagen in seinem Umfeld nicht akzeptieren würde. Ein Angriff auf die iranischen Atomanlagen würde die internationale Sicherheit maßgeblich gefährden. Es liegt daher im europäischen Interesse, dass die Krise um die iranische Atompolitik nicht weiter eskaliert. Seit 1957 betreibt der Iran - zeitweilig auch mit aktiver Unterstützung westlicher Regierungen - ein ziviles Kernenergieprogramm. Das Land steht kurz davor, alle relevanten Bausteine zu besitzen und selbstständig zu bedienen. Für eine Kernwaffenoption spricht zudem der Bau einer Urananreicherungsanlage in Natans. Vertreter der Internationalen Atomenergierorganisation (IAEA) haben bei einem Besuch der Anlage Spuren von hoch angereichertem Uran gefunden. Für den zivilen Bedarf genügt eine wesentlich niedrigere Anreicherung. Zudem bemüht sich das Land um eine Schwerwasserreaktorlinie. Dabei fällt Plutonium an, das ebenfalls zum Bau einer Atomwaffe genutzt werden könnte. Beide Wege sind fortgeschritten; die Voraussetzungen für eine militärische Nutzung allerdings noch nicht erfüllt. Auch die nationalen Raketenprogramme scheinen noch nicht ausgereift. Zudem wurden Verstöße gegen die Auflagen des Nichtverbreitungsvertrags bekannt. Es sind vor allem zwei Ereignisse und die jeweiligen internationalen Reaktionen darauf, die die Wahrnehmungen in Teheran nach wie vor prägen: Der Erste Golfkrieg (1980-1988) und die Entwicklung der pakistanischen Atombombe. Während des iranisch-irakischen Ersten Golfkrieges setzte Saddam Hussein mehrfach chemische Waffen gegen die Truppen Khomenis ein. Es gab nur verhaltene internationale Reaktionen auf diese völkerrechtswidrige Kriegsführung. Der Irak erhielt sogar weiterhin militärische Güter wie auch logistische Hilfe. Aus dem pakistanischen Kernwaffentest im Mai 1998 zogen die iranischen Politiker wiederum den Schluss, dass Regelverletzungen des Sperrvertrags offenbar keine nachhaltigen internationalen Sanktionen nach sich ziehen. Hinzu kommt ein subjektiv wie objektiv nachvollziehbares Bedrohungsgefühl. Iran sieht sich von Kernwaffenmächten umzingelt: Pakistan und Indien im Osten, Russland im Norden, Israel im Westen und die amerikanische Präsenz im regionalen Umfeld. US-Präsident Bush hat den Iran zudem auf der "Achse des Bösen" verortet. Einkreisungsängste verbinden sich mit der Furcht, zum nächsten Opfer eines amerikanischen Präventiv- und Entwaffnungskrieges zu werden. Vor allem aber ist die Beherrschung des nuklearen Kreislaufs für den Iran Ausdruck nationalen Selbstbewusstseins und Statussymbol. Darüber besteht zwischen den innergesellschaftlichen Kräften und den auswärtigen Oppositionsgruppen auch kein Dissens. Vor diesem Hintergrund ist die Resolution des Gouverneursrates der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) vom 29. November 2004 ein wichtiger Schritt. Es ist zudem auch ein Erfolg europäischer Politik, dass der Iran offenbar bereit ist, sein Programm zur Urananreicherung zu suspendieren. Die Suspendierung aller kritischen Nuklearaktivitäten im Iran kann jedoch nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Lösung des Problems sein. Notwendig sind nach wie vor objektive Garantien, dass Irans Nuklearprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Der dauerhafte Verzicht Irans auf Anreicherung von Uran und Wiederaufbereitung von Plutonium bleibt eine zentrale Voraussetzung zur Wiederherstellung des internationalen Vertrauens in die friedlichen Absichten Teherans. Die Verhandlungen mit den EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien bieten deshalb eine historische Chance für eine langfristige Beilegung des Atomstreits. Wenn der Iran verbindlich und endgültig auf die Urananreicherung verzichtet, kann er im Gegenzug mit Handelserleichterungen und Hilfe bei der zivilen Nutzung der Kernenergie rechnen. Auch die USA sollten konstruktiv und aktiv an der Lösung der iranischen Atomkrise mitarbeiten. Die bisherige Haltung der Vereinigten Staaten, die Gespräche der Europäer mit dem Iran weder zu unterstützen noch zu blockieren, ist kontraproduktiv und erschwert eine Lösung. Europäer und Amerikaner müssen vielmehr gemeinsam daran arbeiten, den Iranern Anreize zu bieten, ihr Nuklearprogramm dauerhaft und verifizierbar einzustellen. Eine diplomatische Lösung des Streits um das iranische Atomprogramm wäre nicht nur ein Hoffnungsschimmer, sondern ein positives Signal für den gesamten Nahen und Mittleren Osten. Noch gibt es zeitliche Spielräume für kooperative Ansätze zur Lösung der iranischen Atomkrise. Die iranische Kernwaffenoption steht in einem komplexen regionalen und innenpolitischen Beziehungsgeflecht. Ideal wäre daher eine regionale Rüstungskontrollinitiative zugunsten einer kernwaffenfreien Zone im Mittleren und Nahen Osten. Angesichts des ungelösten israelisch-palästinensischen Konflikts, fehlender Friedensregelungen und der längerfristigen Instabilität des Irak und anderer arabischer Staaten scheint dieser Weg derzeit jedoch nicht gangbar. Die Option sollte jedoch nicht aufgegeben werden, denn Europa braucht einen atomwaffenfreien Vorderen Orient. Kurzfristig wäre hingegen die Verknüpfung von wirtschaftlichen Hilfen mit vertrauensbildenden Maßnahmen denkbar. Zusammen mit der Unterzeichnung des Zusatzprotokolls der IAEA sollten Restriktionen abgebaut und weitergehende Zusammenarbeit angeboten werden. Die Modernisierung des Iran muss von Europa unterstützt werden. Im Gegenzug könnte der Iran auf die Urananreicherung verzichten, wenn das Land dafür Brennstäbe aus Europa, den USA oder Japan erhalten würde. Auf jeden Fall sollte Europa seine Mittlerrolle zwischen den USA und dem Iran pflegen und ausbauen. Denn zu einer gemeinschaftlichen Politik gibt es keine wirkliche Alternative, denn ein konfrontativer Ansatz könnte zu einem weiteren Krieg führen und die Region noch weiter ins Chaos stürzen.

Fazit

Die Fälle Nordkorea und Iran zeigen geradezu exemplarisch einen wunden Punkt des globalen Nichtverbreitungsregimes: Es gibt kaum Instrumente, um vertragskonformes Verhalten zu erzwingen. Die Internationale Atomenergiebehörde in Genf (IAEO) hat so gut wie keine Sanktionsmöglichkeiten gegenüber einem Mitglied, das seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Sie ist in einem solchen Fall auf den Sicherheitsrat angewiesen. Die Aktivitäten der IAEO werden zusätzlich behindert durch eine unzureichende finanzielle Ausstattung. Diese ermöglicht es der IAEO nicht, die ihr zugedachten Aufgaben der Verifikation und Sicherheitsgewährung zufrieden stellend auszufüllen. Die Erhöhung der Abrüstungshilfe ist somit dringend erforderlich. Oft sind die Abrüstungskosten die entscheidende Hürde für eine schnelle und komplette Durchführung von Abrüstungsmaßnahmen, beispielsweise bei Landminen oder chemischen Waffen. Auch wenn eine Reihe von Regierungen derartige Hilfen gewährt (v.a. die USA mit dem Nunn-Lugar-Programm), sind diese Beträge - zumal im Vergleich zu den weltweiten Militärausgaben - doch minimal. Auch stellt sich die Frage, ob eine Trennung zwischen friedlicher und militärischer Nutzung der Kernenergie wirklich möglich ist. Die Aktivitäten der IAEO beschränken sich zudem immer noch nahezu ausschließlich auf die Nichtkernwaffenstaaten, die Mitglied des NVV sind, und lassen die zivilen Brennstoffkreisläufe der Kernwaffenstaaten fast vollständig aus. Um die Bekämpfung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen wirksam zu bekämpfen, ist ein umfassender internationaler Konsens von Nöten, um die Nichtverbreitungsregime durchzusetzen. Eine wirksame Exportkontrolle durch die Lieferländer ist hierbei das wichtigste Instrument, zumal mit wachsender Industrialisierung der Welt auch die Anzahl potenzieller Lieferanten für Dual-use-Technologien zunehmen wird. Internationale und regionale Abkommen zur Kontrolle und Abrüstung der vorhandenen Waffenarsenale, verbunden mit der Einhaltung und gegebenenfalls Verschärfung von Rüstungsexportrichtlinien bleiben unverzichtbare Instrumente, um der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und konventionellen Waffen aller Art Einhalt zu gebieten. Die Behauptung, die klassischen Instrumente der Rüstungskontrolle funktionierten nicht mehr, ist ein wohlfeiles Argument, das in Washington bereits Anfang der neunziger Jahre formuliert wurde: Rüstungskontrolle und Verifikation wird es niemals flächendeckend und allumfassend geben. Auch künftig wird es Möglichkeiten geben, Rüstungskontrollverträge und die darin enthaltenen Kontroll- und Überprüfungsmechanismen zu umgehen bzw. zu unterlaufen. Gleichwohl gibt es zur vertragsbasierten und verifizierbaren Rüstungskontrolle nur eine Alternative. Ein weltweites nukleares, chemisches und biologisches Wettrüsten. Ein solches kann auch nicht im Interesse der USA liegen. Die Risiken, die aus der Trias der Bedrohung von transnationalem Terrorismus, Massenvernichtungswaffen und zerfallenden Staaten resultieren, sind jedenfalls mit nachrichtendienstlichen, rüstungskontrollpolitischen und polizeilichen Instrumentarien wirksamer zu bekämpfen als durch militärische Interventionen.