Monsanto-Saatgut in Südindien verboten

Erstmals ist in Indien die Genehmigung für gentechnisch verändertes Saatgut des Monsanto-Konzerns nicht verlängert worden. Und das in Andhra Pradesh, dem Bundesstaat, der in Indien als die Nummer Eins in Sachen Biotechnologie gilt.

Nirgendwo in Südindien wird so viel Baumwolle angebaut wie im Bundesstaat Andhra Pradesh. Er gilt als einer der lukrativsten Märkte für gentechnisch verändertes Saatgut, die Wachstumsprognosen für diesen Sektor liegen im zweistelligen Bereich.
Muro Tukia lebt in einem kleinen Dorf im südindischen Distrikt Warangal. Er zählt die Baumwollkapseln an einer seiner Pflanzen. Es sind mehr als 90 Kapseln und er ist sich sicher, dass es eine gute Ernte wird. Er hat beim Anbau auf die lokalen Sorten gesetzt und verzichtet darauf, chemische Pestizide und Kunstdünger zu verwenden. Seine Kollegen in den Nachbardörfern haben weniger Glück gehabt - sie haben das gentechnisch manipulierte Saatgut von Monsanto gepflanzt, sog. BT-Baumwolle, die die Pflanzen gegen ihren schlimmsten Feind, den Baumwollkapselwurm, resistent machen soll.
"Wir haben Beschwerden erhalten, dass die BT-Baumwolle von Monsanto nicht gedeiht, 25000 Morgen Land sind betroffen", sagt Shri Raghuveera Reddy, der Agrarminister des Bundesstaats. "Es gibt zwei Versionen, warum es nicht gedeiht: Die Bauern sagen, es ist schlechtes Saatgut. Der Konzern behauptet: Das stimmt nicht, denn in anderen Regionen gedeiht es ja - es liegt an der fehlenden Feuchtigkeit."
Die Baumwollfarmer in Warangal und anderen Distrikten stecken seit Jahren in einer Schuldenkrise. Monokulturen, die sog. Grüne Revolution und fallende Exportpreise haben vor allem die Kleinbauern ruiniert. Sie investierten jährlich mehr Geld in Pestizide und Kunstdünger - ohne Erfolg. Allein im vergangenen Jahr haben sich mehr als 2000 Bauern aus Verzweiflung das Leben genommen. Tageszeitungen schreiben über die "Killing fields", wenn sie über die Selbstmorde in den Baumwollregionen des Bundesstaats berichten. 2002 kam das BT-Saatgut erstmals auf den Markt. Die Bauern konnten, so schien es zunächst, wieder hoffen.
"Die Einführung der BT-Baumwolle wurde von einer groß angelegten Werbekampagne, Flugblättern, Fernseh- und Radioauftritten ihrer Protagonisten begleitet", so Agrarminister Shri Raghuveera Reddy, "die Bauern bräuchten keine Pestizide mehr, die Pflanze sei gegen alle Schädlinge resistent. Das war die Propaganda. Aber die Wahrheit ist, dass diese Pflanze nur gegen wenige Schädlinge resistent ist. Hätten sie die Farmer richtig informiert, hätte die Firma jetzt keine Probleme." Nach Schätzungen des Agrarministeriums ist in der vergangenen Saison die Ernte für 10000 bis 12000 Familien ausgefallen. "Dafür ist das Unternehmen verantwortlich", erklärt der Minister.
Nach den schlechten Erfahrungen des vergangenen Jahres und auf Druck der Bauernorganisationen und der Regierung in Andhra Pradesh hat sich das Genetic Engineering Approval Committee, eine indische Bundesbehörde mit Sitz in Neu-Delhi, Anfang Mai dazu durchgerungen, die Genehmigung für drei Sorten des BT-Saatguts des Monsanto-Konzerns nicht zu verlängern: Mech-12 Bt, Mech-162 Bt und Mech-184 Bt. Das Verkaufsverbot der Zentralbehörde in Neu-Delhi gilt jedoch mit Ausnahme des Mech-12 Bt nur für den Bundesstaat Andhra Pradesh, nicht für andere Bundesstaaten in Indien. Denn in Andhra Pradesh haben sich zahlreiche Bauernverbände und NGOs gegen die gentechnischen Produkte gewehrt.
Die Coalition in Defence of Diversity (CDD), ein Zusammenschluss von 140 Organisationen in Andhra Pradesh, hat vor wenigen Wochen eine vergleichende Langzeituntersuchung über die BT-Baumwolle mit 220 Bauern in 28 Dörfern veröffentlicht. Die Untersuchung widerlegt die Behauptungen des Konzerns Monsanto: Die Bauern mussten ebenso viele Pestizide einsetzen wie ihre Kollegen, die herkömmliche Baumwolle gepflanzt hatten. In den drei Jahren haben sie 60% weniger verdient, weil die BT-Baumwolle teurer ist als das herkömmliche Saatgut und auch mehr Dünger und Wasser benötigt. Die Regierung in Andhra Pradesh hat Monsanto aufgefordert, den Bauern 8,5 Millionen Euro als Entschädigung zu zahlen. Ohne Erfolg.
Nach Angaben der CDD geht sogar der Verkauf des Saatguts in den ländlichen Regionen trotz fehlender Genehmigung weiter. Monsanto hat außerdem 20 indische Unternehmen als Lizenznehmer für seine BT-Baumwolle gefunden und zudem angekündigt, eine "BT-Baumwolle II" auf den Markt zu bringen. Die CDD begrüßt die Haltung ihrer Regierung und fordert sie auf, durchzugreifen und Andhra Pradesh so bald wie möglich zur ersten gentechnikfreien Zone in Asien zu machen.