15 Jahre Währungsunion. Ein kritischer Rückblick

Heute stellen die Politiker die Währungsunion gerne als alternativlos hin und als einen spektakulären Erfolg. Sie war beides nicht, aber sie war ein großer Coup. Ökonomisch war sie einem Desaster.

Der 1. Juli 1990 als "Tag X"

Am Anfang der deutschen Vereinigung stand die Einführung der D-Mark in der DDR. Als entscheidender Schritt beim Übergang von der staatssozialistischen Planwirtschaft zur kapitalistischen Marktwirtschaft bedeutete diese Maßnahme die Vorwegnahme der deutschen Einheit auf wirtschaftlichem Gebiet. Und zugleich deren Unumkehrbarkeit, denn mit der Währungsunion am 1. Juli 1990 wurden Tatsachen geschaffen, welche die staatliche Vereinigung unabdingbar machten. Bezeichnenderweise sah die Bild-Zeitung in diesem Datum bereits den "Tag X", das mysteriöse Datum der Wiedervereinigung aus der Zeit des Kalten Krieges, verwirklicht.1
Dem währungspolitischen Anschluß der DDR folgte mit dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 der staatliche Anschluß. Damit war die Einheit vollzogen. Deutschland existiert von nun an als wiedervereinigter europäischer Staat mit einer einheitlichen Eigentums- und Rechtsordnung, einer Wirtschaftsordnung, einer Sozialordnung und einer Währung, aber gespalten in zwei Teilgesellschaften mit unterschiedlich entwickelter Wirtschaftskraft, ungleichen Lebensbedingungen und einer verschiedenartigen Tradition.2 Unerreicht blieb bis heute auch die innere Einheit, die Angleichung der Lebensverhältnisse, der Wertvorstellungen und der Kultur.3
Die D-Mark gehörte zu den Gründungsmythen der westdeutschen Wohlstandsgesellschaft. Für die Ostdeutschen verkörperte sie in den Jahren der Teilung die unerfüllte Sehnsucht nach westlichem Wohlstand, nach Freiheit, Reichtum und Glück. Ihre Vorreiterrolle im Vereinigungsprozeß verlieh ihr daher gleich in mehrfacher Hinsicht eine besondere Bedeutung:
Erstens wurde die D-Mark zum herausragenden Symbol der deutschen Einheit. Die gleiche Währung wie die Westdeutschen in den Händen zu haben, erzeugte bei den Menschen im Osten die Illusion wirtschaftlicher und sozialer Gleichheit. Der "große Ostwestgeldtransfer ", schrieb Regina Mönch, "egalisierte eine bis dahin geteilte Gesellschaft".4 In Wahrheit jedoch traten die Unterschiede erst jetzt richtig hervor, wurden quantifizierbar und daher in ihrer distinktiven Wirkung vollends begriffen: "Die Wessis waren schlauer, das Geld ist jetzt die Mauer!", so brachte man die neue Sachlage auf den Punkt.
Zweitens unterschied sich die ostdeutsche Transformation durch die Währungsunion erheblich vom Transformationsprozeß anderer postsozialistischer Länder, was ihr den Status eines "privilegierten Sonderfalls" zu verleihen schien.5 In Wirklichkeit handelte es sich hierbei lediglich um ein anderes Verlaufsmuster der Transformation, bei welchem die Wohlfahrtsgewinne größtenteils am Anfang standen, die Verluste an sozialer Sicherheit, Arbeitsplätzen, Lebensqualität usw. jedoch zeitverzögert auftreten. Dafür dann zumeist aber dauerhaft. Im Unterschied hierzu hatten es die anderen Länder in den ersten Jahren nach dem Systemwechsel außerordentlich schwer, erleben jetzt aber, unterstützt durch die Europäische Union, eine Periode steigender Wohlfahrtsgewinne und rascher Aufholerfolge. Wohingegen in Ostdeutschland der wirtschaftliche Aufbau stockt und der Aufholprozeß seit Jahren stagniert.
Drittens erschien die Währungsunion vielen als ein rein monetärer Akt ohne große Bedeutung für die reale Ökonomie. Dies erwies sich jedoch als ein Trugschluß, denn mit der Währungsumstellung erfolgten die entscheidenden Weichenstellungen für den gesamten Vereinigungsprozeß und den Aufbau Ost, für dessen Verlauf und Resultate.
Obwohl die Debatten um die Währungsunion, ihr Zustandekommen und ihre Ergebnisse, umfassend dokumentiert, wissenschaftlich aufbereitet und ausgewertet sind, gibt es über kaum einen anderen Aspekt der deutschen Vereinigung so viele Mythen, Irrtümer, Mißverständnisse und Fehlinterpretationen wie hierüber. Dies betrifft die politischen und ökonomischen Voraussetzungen ebenso wie die Umstellungsmodalitäten und macht selbst vor den wirtschaftlichen und sozialen Folgen nicht halt, die, von einigen als "Erfolg", von anderen aber als "Katastrophe" ausgelegt, unterschiedlicher kaum beurteilt werden könnten. Indes, vieles, was hier diskutiert wird, geht an den Fakten vorbei und gehört ins Reich der Legende. So zum Beispiel die These von der "Alternativlosigkeit" der getroffenen Entscheidung,6 der "Mythos des Kontrafaktischen" als Quelle unrealistischer Legenden 7 und die Behauptung, die "Ostmark" sei kaum etwas wert gewesen, ein wertloser "Alu-Chip", aber auch die Mär vom "Umtauschkurs 1:1" als einem vermeintlich "exzellenten Geschäft" für die Ostdeutschen 8 und von der D-Mark als einem "Geschenk des Westens" an den Osten,9 einem "solidarischen Opfer " für die Einheit 10 usw.
Bei Lichte besehen handelt es sich hierbei um Versuche, eine unter Zeitdruck und als politischer Kompromiß zustande gekommene höchst problematische Entscheidung mit dramatischen wirtschaftlichen Folgen im nachhinein als unvermeidlich und als für die DDR-Bürger vorteilhaft hinzustellen. Um die einer Neutronenbombe vergleichbare Wirkung der Währungsunion für die ostdeutsche Wirtschaft zu entschuldigen und die im Gefolge dieses Desasters für den Westen entstandenen finanziellen Kosten zu rechtfertigen, wird dem Ganzen nachträglich der Nimbus einer "guten Tat" und solidarischen Geste angedichtet. Aber nichts davon ist wahr! Die Entscheidung der Bundesregierung Anfang 1990, das bislang favorisierte Stufenkonzept der Vereinigung aufzugeben und die Inkorporation der DDR über eine Ausdehnung des Währungsgebietes in Angriff zu nehmen, folgte - neben wahltaktischen Motiven - einem wohldurchdachten Kalkül, wozu es im Bonner Kanzleramt, im Forschungsbeirat sowie in der Forschungsstelle für gesamtdeutsche wirtschaftliche und soziale Fragen entsprechende Vorarbeiten und umfangreiche strategische Planungen gab.11 Auch hatten die Interessen der deutschen Industrie, Banken, Versicherungs- und Handelskonzerne in dem Konzept der Währungsunion angemessen Berücksichtigung gefunden, so daß von einem Alleingang der Politik, vertreten durch Helmut Kohl und Theo Waigel, überhaupt keine Rede sein kann.12
Die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, ihr Zustandekommen wie ihre konkrete Ausgestaltung, ist Indiz dafür, daß bei der Wiedervereinigung die institutionelle Integration und ordnungspolitische Gleichschaltung des Ostens mit dem Westen gegenüber der wirtschaftlichen Entwicklung Ostdeutschlands Vorrang hatten. Der Kollaps der DDR-Produktion infolge der Einführung der D-Mark, der Zusammenbruch des Binnenmarktes und nachfolgend auch der Exportmärkte in Mittel- und Osteuropa und deren Übernahme durch westdeutsche Firmen: All das wurde von den verantwortlichen Politikern nicht nur vorhergesehen, sondern auch billigend in Kauf genommen. Ebenso die Deindustrialisierung der neuen Länder, die Verödung und Entvölkerung ganzer Landstriche, die Massenarbeitslosigkeit und das Angewiesensein großer Teile der ostdeutschen Bevölkerung auf eine externe Alimentation, die West-Ost-Transfers.13 Auf eine den wirtschaftlichen Umbruch und gesellschaftlichen Wandel aktiv gestaltende Struktur- und Industriepolitik wurde bewußt verzichtet. Allein der Markt und die von ihm ausgehenden Kräfte sollten es richten. Die Politik beschränkte sich darauf, die schlimmsten sozialen Folgen finanziell aufzufangen und zu mildern. Dieser Weg war teuer und schmerzvoll. Er versprach der westdeutschen Wirtschaft jedoch maximale Umsatzsteigerungen, stabile Marktanteile und schnelle Gewinne. Im Osten sollte er die Voraussetzungen für umfangreiche Investitionen, einen Technologietransfer und moderne Strukturen schaffen. - Deshalb wurde er gewählt.
Aber diese Rechnung ging in vielem nicht auf: Die Investoren blieben aus und die ostdeutschen Märkte auf Dauer von westdeutschen Firmen "besetzt". Der Aufbau Ost hat sein Ziel, in den neuen Ländern einen selbsttragenden Aufschwung zu generieren und Ostdeutschland zur dynamischsten Wirtschaftsregion Europas zu machen, auch fünfzehn Jahre nach der Vereinigung nicht erreicht.14 Statt gegenüber dem Westen kräftig aufzuholen, fällt Ostdeutschland wirtschaftlich mehr und mehr zurück. Anderthalb Jahrzehnte nach dem Beginn der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion ist von einer Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West kaum mehr die Rede. Ebenso wenig von "blühenden Landschaften", einem Leben in Wohlstand und Würde und einer gesicherten Zukunft. Ostdeutschland ist heute ökonomisch unterentwickelt, in weiten Teilen ohne Chance und Perspektive, hängt finanziell "am Tropf" des Westens und droht zum deutschen Mezzogiorno zu werden - ein Befund, der erschrecken mag, aber kaum überrascht, denn im Rückblick wird deutlich, daß die entscheidenden Weichenstellungen hierfür bereits mit der Währungsunion erfolgt sind.

Sachstand und Ausgangsbedingungen

Als Helmut Kohl am 6. Februar 1990 der Regierung der DDR überraschend das Angebot einer Währungs- und Wirtschaftsunion unterbreitete, befand sich die DDR politisch und ökonomisch in einer tiefen Krise. Die Wirtschaft verlor dramatisch an Dynamik und zehrte in vielen Bereichen von der Substanz. Hinzu kam der Exodus Hunderttausender, die ihrer Heimat nach dem Fall der Mauer den Rücken kehrten. Mit der Eskalation der wirtschaftlichen Probleme wuchs die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit. Die Exporterlöse ließen sich kaum mehr steigern, ohne Importe aber war das Land nicht lebensfähig und neue Kredite waren nur noch schwer zu bekommen. Die Lage schien aussichtslos.15 Gleichwohl kann von einem wirtschaftlichen Kollaps oder Staatsbankrott, von einer "Pleite", wie mancher meint, im strengen Sinne des Wortes nicht gesprochen werden. 16 Noch arbeiteten die Betriebe und öffentlichen Institutionen, funktionierte die Versorgung und war die allgemeine Sicherheit gegeben. Auch wurden die Verbindlichkeiten des Staates im Inland wie im Ausland pünktlich bedient. Siegfried Wenzel vermerkte im Rückblick hierzu: "Die DDR konnte bis zum letzten Tag ihrer ökonomischen Existenz, bis zur Währungsunion und der Umstellung auf die DM am 1. 7. 1990 selbst unter den seit einem dreiviertel Jahr andauernden Umbruchsbedingungen sowohl im Handel mit den ausländischen Partnern in Ost und West jede fällige Rechnung bezahlen als auch die Versorgung der Bevölkerung stabil gewährleisten ...".17 Die Fragen, die die Menschen bewegten, waren jedoch: Wie lange geht das noch? Und was wird dann werden? Und die Aussichten für die Zukunft waren düster. Das wußte man in Berlin wie in Bonn. Deshalb war Eile geboten. Die Verhandlungen über die Herstellung der deutschen Einheit standen - auch international - unter Zeitdruck.
Die wichtigste Frage, die es im Vorfeld der Währungsunion zu klären galt, war die Frage nach dem "Wert" der Mark der DDR, nach dem Kurs zwischen DDR-Mark und D-Mark. Diese Frage war völlig offen, da es zwischen den beiden deutschen Währungen keinen offiziellen Wechselkurs gab, sondern lediglich ein in bilateralen Abkommen - dem Frankfurter Abkommen vom 8. Oktober 1949 und dem Berliner Abkommen vom 20. September 1951 - vereinbartes Verrechnungsverhältnis von 1:1, das dem innerdeutschen Handel und Zahlungsverkehr von 1948 bis 1990 zugrunde lag.18 Dieses Verrechnungsverhältnis sagte über den "Wert" der DDR-Mark aber genauso wenig aus wie die illegalen Sortenkurse, die in privaten Westberliner Wechselstuben notiert wurden und die zwischen Oktober 1989 und Juni 1990 im Mittel zwischen 10,9 und 35,0 (DM je 100 DDR-Mark) schwankten.19 Für eine verläßliche Kursbestimmung war dieser "Nebenmarkt", der "die Vorstellungen eines wirklich freien Marktes in keiner Weise" erfüllte, entschieden zu eng und "nicht hinreichend repräsentativ". Zudem führte das absolute Verbot der Aus- und Einfuhr der DDR-Währung beim Tausch von vornherein zu "hohen Abschlägen", wodurch die DDR-Mark im Verhältnis zu ihrer Binnenkaufkraft stark unterbewertet wurde.20
Einen funktionierenden Devisenmarkt mit aussagefähigen Wechselkursen hat es für die DDR-Mark aber nie gegeben. Der Außenhandel vollzog sich überwiegend im Rahmen bilateraler Vereinbarungen auf der Basis von Verrechnungseinheiten bzw. spezieller Verrechnungswährungen wie dem Transferablen Rubel. Für den internen Ausweis der in konvertierbarer Währung getätigten Außenhandelsumsätze bediente man sich einer synthetischen Währungseinheit, der Valutamark (VM),21 sowie spezieller Devisenertragskennziffern und Richtungskoeffizienten, um den Valutagegenwert in DDR-Mark zu berechnen. Der Umrechnungsfaktor für eine D-Mark betrug zuletzt 4,40. Dem entsprach eine Devisenertragskennziffer von 0,23. 1971 hatte diese Kennziffer noch 0,5 betragen, 1980 0,42, 1985 0,35 und 1986 0,28. 22
Hieraus lassen sich zwar bestimmte Rückschlüsse auf die Außenhandels- und Devisenrentabilität der DDR ziehen sowie Schlußfolgerungen für die Entwicklung des "Außenwerts" der DDR-Mark ableiten. Um ein Kursverhältnis handelte es sich bei diesen Größen jedoch nicht. Auch gilt es zu beachten, daß sich diese Kennziffern ausschließlich auf den Handel mit dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW) bezogen, nicht aber auf den für die DDR mindestens ebenso wichtigen, aber weitaus effizienteren Handel im Rahmen des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Ferner gilt, daß in der DDR, wie in jedem anderen Land auch, der größte Teil des Bruttoinlandsprodukts nicht für den Export, sondern für den Binnenmarkt produziert wurde. Zudem bezog sich ein Großteil der Preise auf "nicht handelbare Güter", insbesondere Dienstleistungen, so daß aus dem Währungsverhältnis im Außenhandel mit dem NSW keinesfalls direkt auf den "Wert" der DDR-Mark geschlossen werden kann. Viel mehr als durch den Außenwert wurde dieser "Wert" durch die Binnenkaufkraft des Geldes bestimmt. Und diese lag - nach übereinstimmender Auffassung voneinander unabhängiger Experten - bis zuletzt signifikant über derjenigen der D-Mark.23
Gerlinde und Hans-Werner Sinn erklärten das Paradoxon, wonach die Kaufkraft der DDR-Mark deutlich über und der Außenwert deutlich unter dem der D-Mark lag, mit einer Unterbewertung der DDR-Mark im Außenhandel. Diese resultierte aus der relativ niedrigen Arbeitsproduktivität der DDR bei "handelbaren Gütern", aber einer durchaus mit Westdeutschland vergleichbaren Produktivität bei "nicht handelbaren Gütern". Infolge einer derartigen Konstellation kommt es zwangsläufig zu einer Diskrepanz zwischen Kaufkraftparität und Wechselkurs (Außenwert). Dies läßt sich auch in anderen Volkswirtschaften beobachten. In unserem Fall schlug sich der Produktivitätsrückstand der DDR gegenüber der Bundesrepublik in einem Devisenertragskoeffizienten von unter 1,0 nieder. Zuletzt lag er bei 0,23. Dieser Tatbestand wurde binnenwirtschaftlich durch Subventionen und ein verhältnismäßig niedriges Preisniveau kompensiert, so daß die Binnenkaufkraft der DDR-Mark vergleichsweise hoch war. Auch dann noch, als der Außenwert rapide fiel.
Hinzu kam, daß man es bei den beiden deutschen Währungen mit qualitativ verschiedenen Größen zu tun hatte, also mit in ordnungspolitischer Hinsicht nicht gleichwertigem Geld.24 Dies geht auf die Verschiedenheit der beiden Wirtschaftsordnungen zurück und schließt jeden direkten quantifizierenden Vergleich, wie ihn ein marktbestimmter Wechselkurs voraussetzt, prinzipiell aus. Darüber hinaus implizierte die Verschiedenartigkeit beider Währungen nicht nur voneinander abweichende Bestimmungen hinsichtlich Funktionalität, Stabilität, sozialem Stellenwert usw., sondern auch spezifische Eigenschaften, die für die Bewertung des Geldes in der Öffentlichkeit von ausschlaggebender Bedeutung waren. Hierzu zählten die freie Konvertibilität (der D-Mark), im Unterschied zur Inkonvertibilität der DDR-Mark als einer reinen Binnenwährung, der jeweilige Außenwert der Währung, ablesbar im Umtauschkurs, und deren Reputation im Ausland. Ferner die im Austausch dafür erhältliche Produktpalette, die im Falle der D-Mark faktisch das Güterangebot der gesamten Welt umfaßte, im Falle der DDR-Mark aber auf den Binnenmarkt der DDR bzw. die Märkte bestimmter RGW-Länder beschränkt war.25
Schließlich waren für die Wertbestimmung des Geldes auch die Kaufkraftunterschiede und, daraus abgeleitet, die Kaufkraftrelationen zwischen beiden Währungen zu beachten. Entsprechende komparative Berechnungen zeigten, daß die DDR-Mark hier, bezogen auf den Standardverbrauch ostdeutscher privater Haushalte, besser abschnitt als die D-Mark. Dies galt insbesondere für Haushalte mit Kindern und von Rentnern, wo die DDR-Mark eine bis zu 50% höhere Kaufkraft aufwies als die D-Mark. Übrigens über den gesamten Zeitraum hinweg auch eine größere Stabilität. Bezogen auf die Verbrauchsstrukturen westdeutscher Haushalte war die Differenz jedoch deutlich geringer bzw. sogar negativ, so daß der Kaufkraftvorteil der DDR-Mark stark verbrauchsabhängig war. Mithin war klar: Bei einer Änderung des Verbrauchsverhaltens, wovon im Ergebnis der Währungsunion und der Anpassung der Preisstruktur auszugehen war, würde sich der Kaufkraftvorteil rasch verlieren.26
Zum Zwecke der Begründung eines "nutzenadäquaten Umtauschverhältnisses" ermittelte das Statistische Bundesamt im Vorfeld der Währungsunion auf der Grundlage eines gekreuzten Warenkorbes für die DDR-Mark einen Wert von 1,08 DM.27 Hätte man bei der Festlegung der Umstellungssätze im Zuge der Währungsunion dieses Verhältnis zum Maßstab gemacht, so wären die Einkommen und die Geldvermögen der DDR-Bürger im Verhältnis 1:1,08 umgestellt worden. Dies hätte zweifellos den realen Kaufkraftrelationen besser entsprochen als die tatsächlich praktizierte Regelung. Eine derartige Sicht läßt jedoch die anderen Aspekte der Währungsunion unberücksichtigt: Neben den Geldbeständen waren auch die Kredite umzustellen, und hier war durchaus eine Abwertung wünschenswert, eine Reduktion der Verbindlichkeiten, um den ohnehin kaum wettbewerbsfähigen Unternehmen den Start in die Marktwirtschaft zu erleichtern. Diskutiert wurde daher eine asymmetrische Umstellung von Forderungen (1:1) und Verbindlichkeiten (2:1 bzw. 4:1), bei welcher der Staat den Ausgleich zu finanzieren gehabt hätte. Um ein solches Modell durchzusetzen, fehlte es jedoch bei den Politikern an der notwendigen Einsicht und solidarischen Bereitschaft. Auch verweigerte die Bundesbank einem derartigen Konzept ihre Zustimmung. Praktiziert wurde daher ein Kompromiß, bei dem letztlich fast alle verloren. Vor allem die ostdeutschen Unternehmen, im Gefolge dessen aber auch die ostdeutsche Bevölkerung. Und schließlich auch die Bevölkerung im Westen und der Staat. Einziger Gewinner dieser Regelung war die westdeutsche Wirtschaft, und das bis heute.28

Das Procedere der Währungsunion

Die Modalitäten der Währungsunion wurden im Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR am 18. Mai 1990 einvernehmlich geregelt.29 Danach bildeten die beiden deutschen Staaten vom 1. Juli 1990 an eine Währungsunion mit einem einheitlichen Währungsgebiet und der D-Mark als gemeinsamer Währung. Als Notenbank für den gesamten Währungsraum fungierte nunmehr die Deutsche Bundesbank. Dieser oblag es auch, die organisatorischen und technischen Aufgaben der Währungsumstellung vorzunehmen. Da die Einführung der D-Mark in der DDR ausschließlich über Konten abgewickelt wurde, mußten innerhalb kürzester Zeit 24,7 Millionen Konten umgestellt und den Inhabern entsprechende Verfügungsmöglichkeiten über Bargeld eingeräumt werden. Dazu war es erforderlich, mehrere Tonnen Banknoten und Münzen im Gesamtwert von 28 Mrd. DM in die neuen Bundesländer zu transportieren und in den Geldinstituten bereitzustellen. Für die Durchführung des unbaren Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs waren aufwendige technische Veränderungen im Bankensystem notwendig. Diese konnten im wesentlichen bis Ende 1990 abgeschlossen werden.30
Die Währungsumstellung erfolgte differenziert nach Strom- und Bestandsgrößen. Während alle laufenden Transaktionen, also Löhne, Gehälter, Stipendien, Renten, Mieten und Pachten sowie weitere wiederkehrende Zahlungen im Verhältnis 1:1 umgestellt wurden, erfolgte die Umstellung der Vermögens- und Schuldverhältnisse grundsätzlich im Verhältnis 2:1. Davon ausgenommen waren lediglich Bankeinlagen natürlicher Personen von bis zu 2 000, 4 000 bzw. 6 000 Mark, welche, altersmäßig gestaffelt, 1:1 umgestellt wurden, sowie Guthaben von Ausländern, für welche ein Umstellungssatz von 3:1 galt.31
Dies bedeutete, daß die Verbindlichkeiten des Staates, der Betriebe, der Wohnungsbaugesellschaften usw., aber auch private Kredite durch die Währungsumstellung nominell halbiert wurden. Ebenso Forderungen von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen. Die Guthaben der Bevölkerung dagegen wurden im Durchschnitt zu einem Satz von 1,5:1 umgestellt. Die sich durch die asymmetrische Bilanzumstellung ergebende Lücke auf der Aktivseite wurde mittels eines bilanziellen Ausgleichspostens in Höhe von 26,4 Mrd. DM geschlossen. Insgesamt erfolgte durch die Währungsumstellung eine Verkürzung der Geld- und Kreditbilanz der DDR von 446,6 Mrd. Mark auf 246,0 Mrd. DM.32 Die Geldvermögen der privaten Haushalte reduzierten sich von 193,4 Mrd. Mark auf 129,1 Mrd. DM. Zum Ausgleich für den der Bevölkerung hierdurch entstandenen Umtauschverlust in Höhe von 64,3 Mrd. Mark sollte den Sparern laut Staatsvertrag "ein verbrieftes Anteilsrecht am volkseigenen Vermögen" eingeräumt werden.33 Eine Klausel, die sich auch im Einigungsvertrag vom 31. August 1990 findet,34 die aber unter Verweis auf die Bilanz der Treuhandanstalt, welche ihr aktives Geschäft 1994 mit einem Defizit von 270 Mrd. DM beendete, letztlich nicht umgesetzt worden ist 35.
Die Festlegung der Umstellungssätze basierte auf einer politischen Entscheidung. Dabei hatte sich die DDR bei den Löhnen, Renten und anderen Stromgrößen mit ihrer Forderung nach einem Kurs von 1:1 durchgesetzt. Bei der Umstellung der Bestandsgrößen folgte die Regelung weitestgehend den Vorstellungen der Deutschen Bundesbank, welche auf einem Umstellungssatz von 2:1 bestanden hatte.36 Bei der Begründung ihrer Position hatte die Bundesbank vor allem die Stabilität der Währung im Auge, weshalb sie eine am Wirtschaftspotential der DDR orientierte Begrenzung der Geldmenge anstrebte. Dabei saß sie jedoch einem Trugschluß auf, indem sie die Geldbestände auf den Spargirokonten der DDR als täglich verfügbares Geld in summa der Geldmenge M1 zurechnete. De facto handelte es sich hierbei aber überwiegend um langfristig angelegte Spargelder im Sinne von M3 bzw. um Geldkapital, welches nicht zur Geldmenge zählt, da es nicht sofort kaufkraftwirksam werden würde.37 Die Inflationsängste der Bundesbank erwiesen sich mithin als irreal. Es kam weder zu dem befürchteten "Kaufrausch" noch zu einem dramatischen inflationären Preisanstieg. Vielmehr wandelten die ostdeutschen Haushalte ihre Spareinlagen sukzessive in längerfristige Geld- und Kapitalanlagen um, so daß sich die Geldmenge schon bald auf ein vertretbares Maß reduzierte. Der zu Lasten der ostdeutschen Sparer vorgenommene "Währungsschnitt" erwies sich damit im Rückblick als unbegründet.
Durch die Währungsunion mit der DDR hatte sich der DM-Geldumlauf um 180 Mrd. DM erhöht, was 14,7% der westdeutschen Geldmenge entsprach. Zwölf Monate später waren dies bloß noch 11,5 % und damit nur noch geringfügig mehr, als das ostdeutsche Produktionspotential 1990 ausgemacht hatte.38 Die Bundesbank stellte hierzu später fest, daß sich aus der Währungsunion für die Sicherung der Geldwertstabilität zu keinem Zeitpunkt "ernsthafte Probleme" ergeben hätten.39 Was aber geblieben ist, ist der Umtauschverlust der ostdeutschen Bevölkerung und das daraus resultierende Mißverhältnis bei der gesamtdeutschen Vermögensverteilung. Ein Fakt, der die deutsche Einheit bis heute schwer belastet und der mitverantwortlich dafür ist, daß es den ostdeutschen Gründern, Selbständigen und Kleinunternehmern chronisch an Eigenkapital mangelt.

Zielstellungen und Wirkungen

Mit der Währungsunion wurden mehrere, untereinander konkurrierende Ziele verfolgt. Das übergreifende Ziel bestand darin, über die Ausdehnung des Währungsgebietes der D-Mark den Markt der DDR zu "erobern" und dadurch die Wiedervereinigung Deutschlands unwiderruflich einzuleiten. Durch den Verzicht der DDR auf die Währungshoheit und die bedingungslose Preisgabe ihres Binnenmarktes wurde ihr Anschluß an die Bundesrepublik unabdingbar. Nach dem 1. Juli 1990 gab es zum Beitritt nach Artikel 23 GG (alte Fassung) in der Tat keine Alternative mehr. Zugleich aber war die Währungsunion Kernstück der "monetären Transformation" und als solche "Teil der Schocktherapie", welcher die Wirtschaft zwischen Rügen und Erzgebirge in den Folgejahren vorsätzlich unterzogen wurde.40 Die marktwirtschaftliche Transformation der ostdeutschen Wirtschaft, aber auch ihre Integration und Subordination unter die Bedingungen und Strukturen der Bundesrepublik, nahm hier ihren Anfang. Die Treuhand vollendete schließlich nur auf ihre Weise den mit der Währungsunion eingeschlagenen Weg.
Daneben aber wurden noch andere Ziele verfolgt:
Erstens die Ausstattung der Bevölkerung mit Liquidität, um den Absatz der für den Osten bestimmten Güter sicher zu stellen und den Menschen in Eisenach, Dresden, Prenzlau und Schwerin einen angemessenen Konsum- und Lebensstandard zu ermöglichen.
Zweitens die zumindest teilweise Entschuldung des Staates und der Wirtschaft, um den ostdeutschen Ländern und Kommunen, vor allem aber den Unternehmen, den Start in die Marktwirtschaft zu erleichtern.
Und drittens sollte der Geldüberhang an DDR-Mark beseitigt werden, um die Stabilität der D-Mark durch die Währungsunion nicht zu gefährden.
Die beiden zuerst genannten Ziele wurden durch die asymmetrische Umstellung der Forderungen und Verbindlichkeiten im Prinzip erreicht. Das Ergebnis war aber alles andere als optimal: Die Bevölkerung verlor bei dieser Transaktion ein Drittel ihres Geldvermögens, und die Betriebe und Wohnungsbaugesellschaften wurden mit einem Schuldenberg von insgesamt 167,1 Mrd. DM belastet. Dabei war es mehr als strittig, ob es sich bei den Krediten der Staatsbank der DDR an die volkseigene Wirtschaft überhaupt um Schulden im marktwirtschaftlichen Sinne gehandelt hat. Nicht wenige Experten bestritten dies vehement.41 Auf jeden Fall trug die praktizierte Regelung dazu bei, ostdeutsche Unternehmen in großer Zahl in den Ruin zu treiben, da sie nicht in der Lage waren, die nunmehr marktlich verzinsten Altkredite zu bedienen.
Das dritte Ziel beruhte auf einer Fiktion, da der Geldüberhang in der DDR im Unterschied zu anderen postsozialistischen Ländern nur von verhältnismäßig geringem Umfang war. Nach Berechnungen des Finanzministeriums und der Staatsbank der DDR betrug er etwa 15 % der Geldbestände.42 Andere Schätzungen gingen von einer ähnlichen Größenordnung aus,43 die auch von westdeutschen Experten geteilt wurde 44. Allein durch die nichtparitätische Umstellung der Spargirokonten wurden aber bereits 33 % der privaten Geldbestände liquidiert. Insgesamt belief sich die Kürzung der Geld- und Kreditbilanz durch die Währungsumstellung auf 45 % des Geld- und Kreditvolumens. Die Fehlinterpretation und Überzeichnung des inflationären Potentials der DDR hatte bei den Hütern der Geldwertstabilität in Frankfurt am Main offensichtlich eine Überreaktion ausgelöst. Möglicherweise war diese Aktion für die Stabilität der D-Mark von Nutzen. Bezahlt haben dafür aber die DDR-Bürger mit ihren Ersparnissen.45
Die ökonomischen Wirkungen der Währungsunion waren zwiespältig: Für die Bevölkerung sind sie differenziert zu beurteilen, für die ostdeutsche Wirtschaft waren sie verheerend. Die Wirtschaftsleistung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, ging innerhalb weniger Monate um mehr als ein Drittel zurück, die Industrieproduktion sank um zwei Drittel. Noch nie ist in Friedenszeiten ein solches Ausmaß an wirtschaftlicher Zerstörung registriert worden wie 1990/91 in Ostdeutschland. Die Auswirkungen sind bis in die Gegenwart zu spüren und werden noch lange auf der wirtschaftlichen Landkarte Deutschlands zu sehen sein. Sie lassen sich jedoch kaum mehr isoliert behandeln, da sie inzwischen durch andere Prozesse überlagert worden sind. Erst im Kontext mit der Lohnpolitik der Tarifparteien, der Tabula-rasa-Politik der Treuhandanstalt und der Sozialpolitik des Staates wird der Charakter der Währungsunion als Auftakt für die Wiedervereinigung und als Signal für eine falsche ökonomische Weichenstellung erkennbar.
Für die Bevölkerung zählte zunächst vor allem die paritätische Umstellung der Löhne, Renten, Stipendien usw. Obwohl selbst hier, gemessen am ostdeutschen Warenkorb, ein Kaufkraftverlust zu verzeichnen war und durch den Abbau der Subventionen mit weiteren Kaufkrafteinbußen gerechnet werden mußte, sahen sich die DDR-Bürger angesichts der ungewohnten Angebotsfülle und neuen Konsumfreiheit überwiegend als Gewinner der Währungsunion. Zudem besaß die D-Mark in den neuen Bundesländern in den ersten Monaten nach dem 1. Juli 1990 eine höhere Kaufkraft als im Westen, da Mieten, Pachten, Tarife und Gebühren nicht sofort an das Westniveau angeglichen wurden und die Subventionen noch eine Zeitlang erhalten blieben. Dies änderte sich dann aber sehr rasch: 1991 stiegen die Lebenshaltungskosten in Ostdeutschland um 26,5 %.46 Besonders drastisch stiegen die zuvor hoch subventionierten Preise und Tarife für Energie, Verkehrsleistungen und Wohnen. 1992 erhöhten sich die administrierten Preise um 66,1%, 1993 um 35,7 %.47 Damit war der Subventionsabbau im wesentlichen vollzogen. Der Angleichungsprozeß bei den Preisen zog sich jedoch noch bis Ende der 90er Jahre hin, so daß die Konsumgüterpreise in Ostdeutschland während der gesamten Periode vom 2. Halbjahr 1990 bis 2001 sehr viel schneller anstiegen als in Westdeutschland, nämlich um 70,2% gegenüber 27,7 %.48 Der anfängliche Kaufkraftvorteil "Ost" schmolz unter diesen Bedingungen dahin, und die Einkommenserhöhungen wurden durch die Preisentwicklung zu einem Gutteil wett gemacht. 1995 stellte Hans Tietmeyer fest, daß die realen Einkommen im Ergebnis der Währungsunion "in den meisten Fällen erhalten oder sogar angehoben werden konnten".49 Ihr Anstieg war also eher die Ausnahme und schloß für bestimmte Personengruppen (Alleinerziehende, Arbeitslose u. a.) durchaus auch Realeinkommensverluste ein.
Seit Mitte der 90er Jahre hielten die Einkommenserhöhungen mit der Preisentwicklung kaum mehr Schritt, so daß die Realeinkommen im Osten - im Gegensatz zu weit verbreiteten Vorstellungen im Westen - insgesamt nur noch sehr moderat, in vielen Fällen überhaupt nicht mehr stiegen. Die Angleichung der effektiven Arbeitseinkommen an das Westniveau stagniert in fast allen Branchen bei einem Stand von 70 bis 75 %. Nicht selten unterschreiten die aktuellen Werte inzwischen bereits wieder die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre erreichten maximalen Relationen.50
Ungünstiger als auf die Einkommen wirkte sich die Währungsunion auf die Vermögen der privaten Haushalte aus.51 Dies betraf zuvörderst die Geldvermögen, wo es durch den Währungsschnitt zu einem direkten Verlust von 64,3 Milliarden Mark und durch den nachfolgenden Anstieg des Preisniveaus zu einem weiteren Abwertungsverlust gekommen ist.52 Betroffen war hiervon vor allem der Mittelstand, da bei den Handwerkern, Geschäftsinhabern, Ärzten, Architekten, Rechtsanwälten und sonstigen Selbständigen der größte Teil der Geldvermögen konzentriert war.53
Neben den Geldvermögen waren aber auch Sachvermögen in Form von Gebrauchsgütern einer spürbaren Entwertung unterworfen. Diese betraf zuerst Güter, die den westlichen Importen absolut, im technischen Niveau und in der Leistung, unterlegen waren wie zum Beispiel Computer, Unterhaltungselektronik und Pkws. Diese Güter verkörperten infolge ihrer überhöhten Preise in der DDR wertmäßig einen hohen Anteil am Gesamtvermögen der privaten Haushalte. Durch die Währungsunion aber fielen sie dramatisch im Preis, was ihre Entwertung bedeutete. Nicht selten blieb kaum ein Erinnerungswert übrig. Der zweite Devaluationsschub erfaßte Güter, die sich von vergleichbaren westlichen Produkten nicht groß unterschieden, dort aber erheblich kostengünstiger produziert oder importiert wurden, zum Beispiel Möbel, Schuhe, Textilien, Teppiche, Kühlschränke u. a. m. Ihr Schicksal wurde auf dem Markt besiegelt, indem die Käufer westlichen Erzeugnissen den Vorzug gaben. Drittens wurden solche Güter der Entwertung unterworfen, die als Gebrauchswerte westlichen Erzeugnissen durchaus ebenbürtig und zudem häufig auch noch billiger als im Westen waren, denen aber das Stigma made in GDR anhaftete. Hierunter fielen Bücher, Bilder, Tonträger, Spielwaren, Medikamente u. ä. Zuletzt erfaßte der Entwertungsprozeß auch jene Güter, für die es auf Grund des Zusammenbruchs der Produktions- und Lieferketten in Ostdeutschland plötzlich keine Ersatzteile oder Komplementärgüter mehr gab.
Binnen weniger Monate verkörperte auf diese Weise das gesamte, über Jahrzehnte akkumulierte Gebrauchsvermögen der privaten Haushalte nur noch einen Bruchteil seines einstigen Wertes. Ganze Wohnungseinrichtungen besaßen von heute auf morgen keinen positiven Marktwert mehr, waren bloß noch Sperrmüll.
Die einzige Vermögensposition, welche von der allgemeinen Entwertung verschont blieb, war das Immobilienvermögen. Hier vollzog sich im Regelfall sogar eine beträchtliche Aufwertung, so daß die Eigentümer von Grund und Boden sowie privater Ein- und Mehrfamilienhäuser ihre Vermögensposition im Ergebnis der Währungsunion verbessert sahen. Im Unterschied zu den anderen Vermögensformen, wo die Verteilung infolge der Währungsunion egalitärer wurde, nahm hier die Differenzierung zu. Dieser Effekt wurde dadurch noch verstärkt, daß die auf den Immobilien lastenden Schulden im Verhältnis 2:1 umgestellt, also halbiert wurden, was die Eigentümer entsprechender Objekte gegenüber den Sparern quasi zu Doppelgewinnern der Währungsunion machte. Dies war ganz offensichtlich auch beabsichtigt, da auf diese Weise eine neue Eigentümerklasse entstand.
Viel massiver als die privaten Vermögen wurde durch die Währungsunion jedoch das Volksvermögen der DDR, insbesondere das Produktivvermögen, in Mitleidenschaft gezogen. Dieser Prozeß begann unmittelbar mit der Währungsumstellung am 1. Juli 1990 und war eine direkte Folge der unvorbereiteten und ungeschützten Konfrontation der zum großen Teil veralteten und kaum wettbewerbsfähigen DDR-Betriebe mit der weit besser gestellten Konkurrenz auf den nunmehr offenen Märkten. Dabei zeigte sich die ökonomische Logik der Währungsunion und des Geldes mit aller Konsequenz: Denn so plausibel und begründet wie es unter Kaufkraftgesichtspunkten war, die Stromgrößen im Verhältnis 1:1 umzustellen, so verhängnisvoll erwies sich dies für die ostdeutschen Unternehmen, da diese dadurch ein kaum zu bewältigendes Kosten- und Absatzproblem bekamen.
Im Kern handelte es sich hierbei um ein monetäres Problem, um die Diskrepanz zwischen Binnenkaufkraft und Außenwert der DDR-Währung. Die Mark der DDR wies zwar eine hohe Binnenkaufkraft auf, im Außenhandel auf westlichen Märkten wurde aber, wie oben ausgeführt, nur knapp ein Viertel der im Inland getätigten Aufwendungen realisiert. Letzteres spiegelte sich in der geringen Devisenrentabilität wider. Diese Tatsache war ökonomisch problematisch, volkswirtschaftlich aber verkraftbar, solange sie nicht alle Märkte betraf und über den Staatshaushalt ausgeglichen werden konnte. Mit der Währungsunion aber wurden schlagartig sämtliche Märkte zu NSW-Märkten, auch der Binnenmarkt und die Märkte in Mittel- und Osteuropa. Für die Unternehmen bedeutete dies eine faktische Aufwertung der Währung um 300 bis 400 %! Es liegt auf der Hand, daß die meisten Betriebe einer derart drastischen Veränderung der Rahmenbedingungen ihrer wirtschaftlichen Existenz nicht gewachsen waren. Der Zusammenbruch des RGW-Marktes 1991 und das Zerreißen der Netze langjähriger Kooperations- und Lieferbeziehungen beschleunigten zweifelsohne den Niedergang der ostdeutschen Wirtschaft. Vor allem waren es aber der mit dem 1. Juli 1990 einsetzende ungleiche Wettbewerb auf dem Binnenmarkt und der sprunghafte Rückgang der Nachfrage nach Erzeugnissen ostdeutscher Produktion, die den Crash herbeiführten. Rückläufige Umsätze und fehlende Gewinne im Kontext mit steigenden Lohnkosten und wegbrechenden Absatzmärkten, hervorgerufen durch die Währungsumstellung - dies führte für die meisten Betriebe schon bald nach dem Start in die Marktwirtschaft zum Kollaps und damit zur Entwertung ihres Anlagekapitals. Parallel dazu vollzog sich eine Entwertung der fachlichen Qualifikation. Mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze wurden obsolet und damit die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Fähigkeiten, Fertigkeiten, Berufsinhalte usw. In kürzester Zeit wurden so die in der arbeitszentrierten Gesellschaft der DDR an der beruflichen Entwicklung ausgerichteten Biographien von Generationen entwertet und dadurch ein beachtlicher Teil des ostdeutschen Humankapitals faktisch liquidiert.

Fazit

Als Kern der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion und Vorausprozeß des Jahrhundertprojekts der Wiedervereinigung bildete die Währungsunion zum 1. Juli 1990 das Fanal der marktwirtschaftlichen Transformation und der Überwindung der Teilung Deutschlands. Die Währungsunion war das eigentliche "Wagnis" in dem gesamten Prozeß,54 ein politisches Abenteuer und wirtschaftliches Hasardspiel. Aber mit ihr wurden Fakten geschaffen und Weichen für die Zukunft gestellt. Als der point of no return für die Herstellung der deutschen Einheit war die Währungsunion deren wirtschaftlich bestimmendes Ereignis. Alles, was danach kam, knüpfte hieran an und besaß in den Folgen der Währungsunion seine Voraussetzungen. Dies galt für die Privatisierungspolitik der Treuhandanstalt gleichermaßen wie für den Aufbau Ost, für die Lohnpolitik ebenso wie für die Kosten der West-Ost-Transfers.
Heute stellen die Politiker die Währungsunion gerne als alternativlos hin und als einen spektakulären Erfolg. Sie war beides nicht, aber sie war ein großer Coup, zumindest politisch. Ökonomisch dagegen glich sie eher einem Desaster. Insbesondere waren die Wirkungen für die ostdeutsche Industrie katastrophal. Kein postsozialistisches Land war im Prozeß der Systemtransformation so privilegiert gewesen wie die DDR. Aber auch in keinem anderen Land wurde so viel an wirtschaftlicher Substanz zerstört und vernichtet wie in Ostdeutschland. Für die Betriebe bedeutete die Währungsunion die Einführung der "Marktwirtschaft ohne Markt"55: Dies konnten sie wirtschaftlich nicht überleben, ihr Ruin war deshalb von Anfang an beschlossene Sache. Die Folge war eine Entwertung ihres Anlagevermögens und der Verlust eines Drittels der Arbeitsplätze. Auch dies war keine Überraschung. Eher schon, daß es dabei blieb und der Aufbau Ost sein Ziel kläglich verfehlte.
Die ostdeutsche Bevölkerung gelangte durch die Währungsunion in den Besitz einer attraktiven Währung. Ihre Einkommen stiegen und das Lebensniveau erhöhte sich. Dieser positive Aspekt wurde jedoch konterkariert durch den Verlust an öffentlichem und privatem Vermögen. Wenn Ost und West heute "nichts so sehr trennt wie die Vermögensverteilung",56 so ist dies nicht zuletzt auf die Währungsunion zurückzuführen, durch welche die Vermögensdiskrepanz verstärkt und verfestigt wurde. Dies gilt für die private Vermögenslage, mehr aber noch für die volkswirtschaftliche Situation. Die Währungsunion hat daher nicht nur maßgeblich zur wirtschaftlichen Vereinigung der Deutschen beigetragen, sondern auch nicht wenig zu deren Trennung.
Fünfzehn Jahre später lassen die Ergebnisse keinen Zweifel daran, daß die Kritiker seinerzeit recht hatten: Die Strategie der Wiedervereinigung, deren erster und wichtigster Schritt die Währungsunion war, war ökonomisch falsch und zudem extrem teuer. Die vorgenommene Weichenstellung erwies sich jedoch als ziemlich stabil. Der Zug der Einheit ist losgefahren und nicht entgleist. Daß er inzwischen aber fast zum Stillstand gekommen ist, ist die andere Wahrheit. Und auch dies läßt sich, wenn auch nicht ausschließlich, auf die falsche Weichenstellung durch die Währungsunion zurückführen.

Ulrich Busch - Jg. 1951, Doz. Dr. oec. habil., Bankkaufmann, Finanzwissenschaftler, Veröffentlichungen zur Wirtschaftstheorie und -politik, zuletzt in UTOPIE kreativ: Ostdeutschland: Wirtschaftspolitische Optionen für 2005 bis 2019, Heft 172 (Februar 2005).

1 Der Sonntag, an dem die D-Mark kommt, in: Bild, 29. März 1990, S. 4.

2 Michael Brie: Die ostdeutsche Teilgesellschaft, in: Max Kaase, Günther Schmid (Hrsg.): Eine lernende Demokratie. 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1999, S. 201-236.

3 Vgl. Werner Weidenfeld, Karl-Rudolf Korte (Hrsg.): Handbuch Deutsche Einheit 1949-1989-1999, Bonn 1999, S. 454 ff.

4 Regina Mönch: Geldlos glücklich? Ein Nachruf auf die Ostmark, in: Kursbuch 130, Berlin 1997, S. 21.

5 Vgl. Helmut Wiesenthal: Die neuen Bundesländer als Sonderfall der Transformation in den Ländern Ostmitteleuropas, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 40/96, S. 46-54; Ders.: Die Transformation der DDR. Verfahren und Resultate, Gütersloh 1999.

6 Vgl. Lutz Hoffmann: Warten auf den Aufschwung. Eine ostdeutsche Bilanz, Regensburg 1993, S. 21 ff.; Jürgen Gros: Entscheidung ohne Alternativen? Die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik im deutschen Vereinigungsprozeß 1989/ 90, Mainz 1994; Hans- Werner Sinn: Ist Deutschland noch zu retten?, München 2005, S. 234.

7 Walter Heering: Acht Jahre deutsche Währungsunion, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 24/98, S. 20-34.

8 Vgl. Uwe Müller: Supergau Deutsche Einheit, Berlin 2005, S. 40.

9 So behauptet zum Beispiel der ehemalige Treuhand- Manager Scherpenberg: "Wenn ich mir die Bilanz der Staatsbank der DDR anschaue, hat der Umtauschkurs dazu geführt, daß wir den Sparern der DDR ... etwa 100 Mrd. DM geschenkt haben, weil ihre Sparguthaben nicht werthaltig waren." - Norman van Scherpenberg: Das Instrumentarium der Treuhand zur Privatisierung, in: Birgit Breuel, Michael C. Burda (Hrsg.): Die Treuhandanstalt 1990 bis 1994. Eine kritische Würdigung, Berlin 2005, S. 45.

10 So spricht Wiesenthal in bezug auf die Umstellung der Sparguthaben und die paritätische Einkommensumstellung von "an die DDR-Bevölkerung ausgereichten Gratifikationen", durch welche "eine signifikante Verbesserung der Einkommens- und Vermögenssituation " eingetreten sei. Helmut Wiesenthal: Die neuen Bundesländer als Sonderfall, a. a. O., S. 47.

11 Vgl. Karl Heinz Roth: Anschließen, angleichen, abwickeln. Die westdeutschen Planungen zur Übernahme der DDR 1952-1990, Hamburg 2000, S. 81 ff. Besonders sei hier auf einige im Anhang abgedruckte Dokumente hingewiesen. So zum Beispiel auf das Modell einer "sofortigen Währungsvereinheitlichung mit Quotenverfahren und differenzierten Kursen" vom 28. April 1953 (a. a. O., S. 130 ff.).

12 Während DDR-Wirtschaftsexperten vor einer übereilten Währungsunion warnten (vgl. Neues Deutschland, 9. Februar 1990), drängten "Vertreter der bundesdeutschen Finanzwelt" auf die rasche Einführung der D-Mark in der DDR - möglichst noch vor den Volkskammerwahlen am 18. März 1990. Auch bei der EG-Kommission bestanden gegen eine Ausweitung des Währungsgebietes "keinerlei Bedenken " (Berliner Zeitung, 13. Februar 1990).

13 Vgl. Ulrich Busch: Am Tropf. Die ostdeutsche Transfergesellschaft, Berlin 2002.

14 Ulrich Busch: Aufbau Ost - Bilanz und Perspektiven, in: Berliner Debatte Initial, 16 (2005)1, S. 79-90.

15 So stellten Gerhard Schürer u. a. am 28. September 1989 fest, daß bei dem "jetzt erreichten Niveau ... der Verschuldung eine Unterschreitung der Exportziele unweigerlich die Zahlungsunfähigkeit bedeuten" würde (Geheime Kommandosache b 5-111/89, S. 4). Eine ähnliche Einschätzung der Lage findet sich in der Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlußfolgerungen vom 30. Oktober 1989, abgedruckt in: Siegfried Wenzel: Was war die DDR wert? Und wo ist dieser Wert geblieben? Versuch einer Abschlußbilanz, Berlin 2000, S. 287 ff.

16 Vgl. Friedrich-Ebert- Stiftung (Hrsg.): Anatomie einer Pleite. Der Niedergang der DDR-Wirtschaft seit 1971, Berlin 2000.

17 Siegfried Wenzel: Was war die DDR wert? a. a. O., S. 12.

18 Vgl. Jochen Plassmann: Die Rolle der Deutschen Bundesbank im innerdeutschen Zahlungsverkehr, in: Deutsche Bundesbank (Hrsg.): Fünfzig Jahre Deutsche Mark. Notenbank und Währung in Deutschland seit 1948, München 1998, S. 655-674.

19 Deutsche Bundesbank: Die Währungsunion mit der DDR, in: Monatsberichte 42 (1990)7, S. 24.

20 Ebenda, S. 24 f.

21 Die Valutamark war die dem Währungskurs entsprechende einheitliche Ausdrucksform ausländischer Währungen in Mark der DDR. Für die Umrechnung galt 1 VM = 1 D-Mark. Vgl. Armin Volze: Die gespaltene Valutamark, in: Deutschland Archiv, 2/1999, S. 232-241.

22 Gerlinde Sinn, Hans- Werner Sinn: Kaltstart. Volkswirtschaftliche Aspekte der deutschen Vereinigung, 2. Auflage, Tübingen 1992, S. 61.

23 Vgl. dazu die Übersicht in: Gerlinde Sinn, Hans- Werner Sinn: Kaltstart, a. a. O., S. 55.

24 Theoretisch läßt sich die qualitative Verschiedenheit bis zur Leugnung jeglicher Geldqualität der Münzen und Banknoten im Staatssozialismus treiben, so nachzulesen bei Gunnar Heinsohn, Otto Steiger: Eigentum, Zins und Geld. Ungelöste Rätsel der Wirtschaftswissenschaft, Marburg 2002, S. 296 f.

25 Hinzu kamen alle möglichen Aus- und Einfuhrbeschränkungen, Kontingentierungen und Limitierungen im Reisezahlungsverkehr, welche die ohnehin stark eingeschränkte "Konvertibilität " der DDR-Mark zusätzlich begrenzt haben.

26 Vgl. Ulrich Busch: Verbraucherpreisentwicklung in Ostdeutschland seit 1990 - Statistische Erfassung und Folgen für die Realeinkommen, Berlin 2005 (unveröffentl. Man.)

27 Statistisches Bundesamt: Zahlen, Fakten, Trends: Extra 9/1990-2.

28 Rüdiger Pohl, damals Mitglied des Sachverständigenrates, sah diese Wirkung vorher und hat sie beschrieben: "Mit dem Tag X wird nicht nur die D-Mark in der DDR in Umlauf gebracht. Währungsunion heißt vor allem, daß sämtliche Beschränkungen für den grenzüberschreitenden Handel wegfallen. Die DDR-Unternehmen werden schlagartig der internationalen Konkurrenz ausgesetzt. Hochproduktive westliche Unternehmen, die schon viele Märkte erobert haben, drängen dann auf den DDR-Markt. Unter dem Druck des Wettbewerbs werden nicht wenige DDR-Unternehmen ihre Pforten schließen." Berliner Zeitung, 20. April 1990.

29 Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990, in BGBl. II S. 537.

30 Vgl. Deutsche Bundesbank: Technische und organisatorische Aspekte der Währungsunion mit der Deutschen Demokratischen Republik, in: Monatsberichte 42(1990)10, S. 25-32.

31 Deutsche Bundesbank: Modalitäten der Währungsumstellung in der DDR zum 1. Juli 1990, in: Monatsberichte 42(1990)6, S. 42 ff.

32 Deutsche Bundesbank: Die Währungsunion, a. a. O., S. 26.

33 Vertrag über die Schaffung, a. a. O., Art. 10.6.

34 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990, BGBl. II, S. 889, Art. 25,6.

35 Vgl. Ulrich Busch: Argumente für einen fast vergessenen Passus des Einigungsvertrages, in: UTOPIE kreativ, Heft 43/44 (Mai/Juni 1994), S. 122-138; Ders.: Am Tropf, a. a. O., S. 298 ff.

36 Die DDR hatte auch für Spareinlagen der Bevölkerung einen Umstellungssatz von 1:1 gefordert. Sie fand hierin Unterstützung bei Wirtschaftsforschern und der Staatsbank der DDR, vgl. taz vom 5. April 1990; IW Köln, iwd 11/1990, S. 4 f.

37 In der Abgrenzung der Bundesbank umfaßte M1 Bargeld und Sichteinlagen, M2 zudem Termineinlagen mit einer Befristung bis unter vier Jahren und M3 zusätzlich Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist. Geldkapital in Form von Anleihen, Obligationen, Sparbriefen usw. wurde dagegen nicht zur Geldmenge gerechnet.

38 Die Rechnung fällt allerdings etwas anders aus, wenn man das durch den Crash 1990/91 um mehr als ein Drittel reduzierte Produktionspotential Ostdeutschlands als Referenzgröße zugrunde legt. Danach hätte die Geldmengenexpansion nur noch etwa 7% betragen dürfen, um inflationsneutral zu sein. Vgl. Hans-Jörg Thieme: Währungsunion in Deutschland. Konsequenzen für die Geldpolitik, in: Gernot Gutmann, Ulrich Wagner (Hrsg.): Ökonomische Erfolge und Mißerfolge der deutschen Vereinigung. Eine Zwischenbilanz, Stuttgart/ Jena 1994, S. 149.

39 Deutsche Bundesbank: Fünfzig Jahre, a. a. O., S. 701.

40 Deutsche Bundesbank: Fünfzig Jahre, a. a. O., S. 690 f.

41 Vgl. dazu die einschlägigen Arbeiten von Karl- Albrecht Schachtschneider, Harry Nick, Rupert Scholz, Klaus Leciejewski, Reinhard Pohl u. a. sowie die Recherche von Ilona Wiesejahn: Der doppelte Skandal: Das Milliardengeschäft mit erfundenen DDR-Schulden und einkassierten Banken, Berlin 2001.

42 Zit. bei: Deutsche Bundesbank: Fünfzig Jahre, a. a. O., S. 679.

43 Vgl. Karlheinz Tannert u. a.: Geld, Kredit, Finanzen aus neuer Sicht, Berlin 1990. Dort wird von einem Geldüberhang von 30 bis 60 Mrd. Mark gesprochen (S. 11).

44 So stellte das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft in einem Gutachten fest, daß das von der DDR gezeichnete "vergleichsweise harmlose Bild" eines Geldüberhangs von "15 bis 20 Prozent der gesamten Geldbestände", das "von westlichen Experten nicht in Zweifel gezogen" werde, "keinen Währungsschnitt" rechtfertige. IW: Sozialverträgliche Ausgestaltung der deutschdeutschen Währungsunion - Gutachten, Köln 1990, Beiträge zur Wirtschaftsund Sozialpolitik 179, S. 19.

45 Vgl. "Der Sparer bezahlt die Währungsunion mit 3500 Mark", in: Berliner Allgemeine, 10. Mai 1990, S. 3.

46 November 1991, bei Zugrundelegung der Verbrauchsstruktur von 1989 (Deutsche Bundesbank: Monatsberichte 44(1992)2, S. 37.

47 Johann Szenzenstein: Entwicklung der Verbraucherpreise in den neuen Ländern und Berlin-Ost, in: Wirtschaft und Statistik, 3/1998, S. 210 f.

48 Berechnet nach Angaben des Statistischen Bundesamtes, Fachserie 17, Reihe 7, Wiesbaden 2002, S. 136 ff.

49 Hans Tietmeyer: Es gab zur Währungsunion keine realistische Alternative, in: Pressemitteilungen der Deutschen Bundesbank, 48/1995, S. 1.

50 Vgl. hierzu die Berechnungen des WSI. - WSIMitteilungen 10/1997; 10/1998; 11/2000; 11/2001; 11/2002; 11/2003; 11/2003; 11/2004 sowie Ulrich Busch: Aufbau Ost, a. a. O., S. 85 f.

51 Vgl. Ulrich Busch: Der reiche Westen und der arme Osten - Vermögensdifferenzierung in Deutschland, in: Jürgen G. Backhaus, Günter Krause (Hrsg.): Zur politischen Ökonomie der Transformation, Marburg 1997, S. 9-50.

52 Diverse Gutachter, wie zum Beispiel der Leiter des IW Köln, Gerhard Fels, sahen hierin "eine unzumutbare Entwertung" der ohnehin nicht hohen Ersparnisse der DDR-Bevölkerung. Handelsblatt, 12. März 1990. Ähnlich urteilte der Kronberger Kreis renommierter Wirtschaftswissenschaftler. Frankfurter Institut, Argumente zur Wirtschaftspolitik, Nr. 30/Februar 1990.

53 Analysen zufolge wiesen die Konten von Einzelhandwerkern und anderen Selbständigen im Durchschnitt den mehr als dreifachen Bestand gegenüber Konten von Arbeitern und Angestellten auf. Insgesamt befanden sich 1989 etwa 60 % des gesamten Einlagenbestandes auf 10 % der Sparkonten. - Jürgen Faik: Die Verteilung und Bildung der Geldvermögen in Ostdeutschland seit 1990, in: Wolfgang Glatzer, Gerhard Kleinhenz (Hrsg.): Wohlstand für alle?, Opladen 1997, S. 208 f.

54 Dieter Grosser: Das Wagnis der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, Geschichte der Deutschen Einheit, Bd. 2, Stuttgart 1998.

55 Birgit Breuel: Die Treuhandanstalt - Zielvorgaben, Rahmenbedingungen und Ergebnisse, in: Birgit Breuel, Michael C. Burda (Hrsg.): Ohne historisches Vorbild, a. a. O., S. 16.

56 Uwe Müller: Supergau, a. a. O., S. 163.

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in: UTOPIE kreativ, H. 177/178 (Juli/August 2005), S. 594-606

aus dem Inhalt:

VorSatz
Essay

HELMUT BOCK Die schöne Revolution. "Von nun an werden die Bankiers herrschen!"
Gesellschaft - Analyse & Alternativen
ULRICH BUSCH 15 Jahre Währungsunion. Ein kritischer Rückblick
JOACHIM TESCH Demographischer Wandel, wachsende Einkommensarmut und Wohnungspolitik
MAGNUS MARSDAL Sozialistischer Individualismus. Vielleicht ist die neoliberale Gesellschaft einfach nicht individualistisch genug?
HANS-GERT GRÄBE Die Macht des Wissens in der modernen Gesellschaft
BRIGITTE STOLZ-WILLIG Geschlechterdemokratie und Arbeitsmarktreform. Eine neues Leitbild
Gundermann-Kolloquium, Februar 2005
BERND RUMP Gundi und der Krieg
BIRGIT DAHLKE Das Recht auf Melancholie - Gundermann und sein Publikum nach 1989
PAUL D. BARTSCH Gundermanns poetische Seilschaften
DELLE KRIESE Wie es war. Erinnerungen an eine Zusammenarbeit
Zu Bildern und Liedern
HENRY-MARTIN KLEMT Vielleicht sind wir alle bloß einer
STEFAN KÖRBEL Â’s war okay oder: Drei coole Sätze
SIMONE HAIN Gundermanns post mortem: Über das Ende der Arbeit, den Kampf gegen das Empire und die notwendige Erziehung der Gefühle
KLAUS-PETER SCHWARZ Aut Spartacus aut nihil: was bleiben kann
Das kurze 20. Jahrhundert
REINER TOSSTORFF Moskau oder Amsterdam? Die Rote Gewerkschaftsinternationale 1920 bis 1937
RUDOLF SAUERZAPF Rosa Luxemburgs Eintreten für die russische Revolution von 1905 bis 1907
GÜNTER WIRTH Paul Feldkeller - mehr als ein "Privatgelehrter"
Standorte
MARIO CANDEIAS Von Hegemonie bis Justiz. Zum Erscheinen des Bandes 6 des Historisch-Kritischen Wörterbuches des Marxismus
Festplatte
WOLFGANG SABATH Die Wochen im Rückstau
Bücher & Zeitschriften
Gerhard Hanloser: Sie warn die Antideutschesten der deutschen Linken. Zu Geschichte, Kritik und Zukunft antideutscher Politik (PETER ULLRICH)
Thomas Haury: Antisemitismus von links. Kommunistische Ideologie, Nationalismus und Antizionismus in der frühen DDR (JÖRN SCHÜTRUMPF)
Lothar Schröter (Hrsg.): Europa und Militär. Europäische Friedenspolitik oder Militarisierung der EU? (BERNHARD HEIMANN)
Ellis Huber, Kurt Langbein: Die Gesundheits-Revolution. Radikale Wege aus der Krise - was Patienten wissen müssen (VIOLA SCHUBERT-LEHNHARDT)
Lexikon der Weltbevölkerung. Geographie - Kultur - Gesellschaft. Verfasst von Heinz-Gerhard Zimpel, Walter de Gruyter Berlin, New York 2001 (PARVIZ KHALATBARI)
Stefan Bollinger (Hrsg.): Das letzte Jahr der DDR. Zwischen Revolution und Selbstaufgabe (ULRICH VAN DER HEYDEN)
Summaries