Funkende Bio-Pässe

Das "Internet der Dinge" erfasst den Menschen

in (26.04.2006)

Die im letzten Jahr entbrannte Debatte um den "funkenden Reisepass" ist mehr als eine Debatte um den kleinen Funk-Chip.

Technische Entwicklungen und Abbau von Persönlichkeitsrechten gehen häufig Hand in Hand. Das neue Schlagwort "Internet der Dinge" sieht vor, dass jedes reale Ding markiert und in der virtuellen Welt abgebildet wird. Zur Realisierung dieser Zukunftsvision bietet sich die Technik der RFID (Radio Frequency Identification) an. RFID-Chips sind winzig klein, schwer zerstörbar, brauchen keine eigene Energiequelle und können durch ihre Hauptfunktionalität - das berührungslose Auslesen und Beschreiben - unsichtbar angebracht werden.
Diese Technik wird nicht nur im Rahmen der Diebstahlssicherung und zur Erstellung von Kundenprofilen eingesetzt. Die US-amerikanische Firma CityWatcher.com injiziert ihren Mitarbeitern bereits Funkchips zur Zutrittskontrolle.

Die im letzten Jahr entbrannte Debatte um den "funkenden Reisepass" ist mehr als eine Debatte um den kleinen Funk-Chip. Maßgeblich auf Betreiben der rot-grünen Bundesregierung hat der Europarat die Einführung biometrischer Merkmale in Ausweisdokumenten beschlossen. Im ersten Schritt sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, nicht nur die persönlichen Daten elektronisch zur Verfügung zu stellen, sondern auch das Foto zu digitalisieren. Der zweite Schritt sieht die Speicherung von Fingerabdrücken und Augen-Scans vor. Begründet wird dies mit der Fälschungssicherheit. Verschwiegen wird dabei, dass Passfälschungen extrem selten sind und meistens gestohlene Blanko-Vorlagen benutzt werden. Bei Blanko-Vorlagen kann aber ein Chip auch nicht gegen Fälschung schützen.

Die biometrischen Daten sollen in dezentralen aber miteinander vernetzten Datenbanken für Sicherheitszwecke, insbesondere für die Strafverfolgung, zur Verfügung stehen. Elektronisch gespeicherte Fingerabdrücke können mit Tatortspuren abgeglichen werden, um Straftatverdächtige ausfindig zu machen. Digitale Gesichtsbilder erlauben über den Einsatz von Erkennungsverfahren den Abgleich mit Videobildern. Dies wird verstärkt dazu führen, dass Verdächtige ihre Unschuld beweisen müssen, nicht der Staat die Schuld.
Die Speicherung von biometrischen Daten mit RFID-Technologie zeugt unter Datenschutzaspekten von zusätzlicher Ignoranz. Erst nach Intervention von Datenschützern wurde das Verschlüsselungsverfahren verbessert, ist aber nach neuesten Studien auch schon wieder zu überwinden.

So intelligent die RFID-Chips scheinen, senden sie doch immer, wenn sie durch ein elektromagnetisches Feld aktiviert werden, Daten. Diese sind zwar noch verschlüsselt und lassen sich nur anhand der ID-Nummer auslesen, abschalten lassen sie sich aber nicht. Sie zeigen weder an, dass gerade eine Datenübertragung stattfindet, noch schalten sie sich bei einer bestimmten Anzahl von Fehl-Ausleseversuchen ab. Der Träger eines RFID bestückten Passes kann also selbst nicht sehen, was auf dem Chip alles gespeichert ist, bekommt nicht mit, wann der Chip aktiviert wird und kann ihn nicht abschalten. Zudem lässt sich nicht ausschließen, dass das Lesegerät in falsche Hände gerät. Dann können staatliche Behörden nicht mehr kontrollieren, wer die Daten auslesen kann. Hinzu kommt, dass es Länder gibt, in denen der Datenschutz eine noch geringere Rolle als in Deutschland spielt. Der worst case, dass man im Urlaub eine CD mit den gesammelten biometrischen Daten aller EU-Einwohner kaufen kann, ist zumindest nicht unwahrscheinlich. Wozu solche Datensammlungen genutzt werden können, demonstrierte kürzlich der Chaos Computer Club: Spuren Dritter lassen sich mit einem digitalen Fingerabdruck und ein bisschen Schreibwarenutensilien an beliebigen Stellen anbringen. Zusammenfassend ist daher festzustellen: Die Sammlung biometrischer Daten und die Einführung von Funk-Chips in Ausweisdokumenten erhöht nicht die Sicherheit. Im Gegenteil: Sie macht jeden zum Verdächtigen.

Zum Abschluss noch ein Hinweis für den Alltagsgebrauch: RFID-Pässe verlieren ihre Gültigkeit nicht, wenn der Chip kaputt ist.

siehe auch: http://linksnet.de/artikel.php?id=2363 - Was ist RFID