Sport und Kampagne für Deutschland

in (10.05.2006)

Sport und Nationalismus haben viel gemeinsam. Grade deswegen tut die Fußball-WM der Männer "Deutschland gut".

Sport ist in vielerlei Hinsicht wichtig für eine nationalstaatlich und kapitalistisch organisierte Gesellschaft. Im Sport, dem organisierten Spiel, wird das eingeübt und praktiziert, was Menschen tagtäglich ohne Murren akzeptieren: Das Handeln in der Konkurrenz um Schulnoten, Arbeitsplätze und Absatzmärkte. Tagtäglich muss mensch seine Leistungsfähigkeit als Träger der Ware Arbeitskraft unter Beweis stellen und dabei gut aussehen. Unter rechtlich gleichen und materiell ungleichen Bedingungen wird in der Schule, Betrieb und dem freien Markt um Arbeitsplätze gekämpft. Im Einzelsport kämpft jedeR für sich selbst. Im Mannschaftsport stehen sich zwei Kollektive gegenüber, die sich gegenseitig bekämpfen. In erster Linie geht es beim Sport ums Gewinnen; um das Gewinnen unter Bedingungen, also Regeln, die sich das Individuum nicht selbst gesetzt hat und die unter Drohung von Ausschluss aus dem "Spiel" befolgt werden müssen.
Natürlich sind die meisten SportlerInnen nicht gezwungen, einen Sport zu betreiben. An Sportergebnissen hängen durch Werbepartner, Stadionbetreiber und Mediengesellschaften auch die Vereine und Sportbünde. Wenn ein Verein absteigt, hat das meist auch finanzielle Konsequenzen.

Der Zwang zur Konkurrenz wird nicht kritisch gesehen, sondern bedingungslos akzeptiert. Die WM ist die kulturelle Widerspiegelung eben dieses Verhältnisses der Individuen, Unternehmen und der Nationen insgesamt. Dabei wird die Arbeitslosigkeit und sonstige Drangsalierung für das Wohl des Standortes eingesehen und akzeptiert, für Deutschland, eben. Werden Menschen als Nation gesehen, verschwinden alle unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse, die sich der Nation unterordnen müssen. Der Gürtel wird enger geschnallt, Hartz IV wird akzeptiert, wenn es dem Standort Deutschland dient.
Der Sportverein und seine Überhöhung, die Nationalmannschaft, werden genauso wie der Nationalstaat als eine Schicksalsgemeinschaft aufgefasst. Wer einmal Fan von Verein XY ist, bleibt das meist sein Leben lang, egal wie der Verein nun abschneidet.

Die oben beschriebenen Zustände gelten für jedes Land der Welt. Wegen den nationalsozialistischen Verbrechen war Nationalismus und damit Stolz auf Deutschland verpöhnt. Seit längerem ist mit Kampagnen wie "Du bist Deutschland" eine "Normalisierung" zu beobachten, die Deutschen finden wieder zu ihrem nationalen Ego. Die Fußball-WM hat Deutsche schon immer dazu veranlasst, ihrem sonst so verheimlichten Nationalismus freien Lauf zu lassen. Deswegen gibt es auch in letzter Zeit einen Anstieg an Werbung, die mit Fußball-Szenerien, wie zum Beispiel Fanblöcken mit Deutschlandfahnen, wirbt. Ob die Obi-Werbung "Wir holen den Titel" oder die Kampagne "Fanclub Deutschland", es wird mit nationalen Symbolen für das Zwangskollektiv geworben. Das historische Beispiel wäre das "Wunder von Bern", der Gründdungsmythos Nachkriegsdeutschlands.