Marxismus, Glauben, Religion

Notwendige Bemerkungen zu einem Buch von Uwe-Jens Heuer

Von Uwe-Jens Heuer sind in den letzten Jahren drei Bücher erschienen, die aus der Sicht des Verfassers offenbar in einem engeren Zusammenhang stehen: "Marxismus und Demokratie", Baden-Baden 1989 ...

(also vor der Wende im renommierten Nomos-Verlag), "Marxismus und Politik", Hamburg 2004, und zuletzt "Marxismus und Glauben", Hamburg 2006. Im folgenden soll es um die Wiedergabe einiger Beobachtungen zu dem Buch über Marxismus und Glauben gehen, aus der Sicht eines protestantischen Laien, der sich in DDR-Zeiten als christlich-demokratischer Publizist und Historiker immer wieder mit dem Verhältnis von Marxismus und Christentum beschäftigt hat.

Zur Struktur von Heuers Buch
Das Buch Heuers ist - jedenfalls auf den ersten Blick - ziemlich genau strukturiert. Es folgt gleichsam einer gewissen Kontrapunktik: Wenn im ersten Kapitel die Introduktion in die Problematik erfolgt, geschieht dies mit einer Collage von Zitaten aus den unterschiedlichsten Lagern, die den Marxismus entweder als Quasireligion (von Werner Sombart über Ignazio Silone bis zu Hans-Dieter Schütt) oder als Szientismus (von Dostojewski über Walter Benjamin bis zu Jan Rehmann) ausweisen. Die Antwort des Verfassers erfolgt dann folgerichtig im letzten Abschnitt des letzten, des sechsten Kapitels: "Glauben im Marxismus", in dem - um es vorwegzunehmen - statuiert wird, daß einerseits das rationale, das wissenschaftliche Element erhalten bleiben müsse, also erstens der historische Materialismus und zweitens "die Aufdeckung des ›Bewegungsgesetz[es] der heutigen kapitalistischen Produktionsweise und der von ihr erzeugten bürgerlichen Gesellschaft‹" (S. 281). Angesichts der Kontingenzen im individuellen und gesellschaftlichen Leben - Heuer spricht von Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten, Unwahrscheinlichkeiten - gehe es allerdings darum, den ethischen Fragen des Individuums jenseits einer von der Transzendenz bestimmten Moral und Weltanschauung einen anderen Platz einzuräumen als bisher und hierzu zu erkennen, daß nicht allein "wissenschaftliche Einsicht" (S. 289) die ausreichende Basis abgibt: "Der grundsätzliche Ausgangspunkt besteht[,] ausgesprochen oder nicht, bei allen Verfechtern eines Glaubens im Marxismus in der Einsicht, daß Kämpfen, Handeln und gar der Einsatz des Lebens nicht auf Grund wissenschaftlicher Einsicht, sondern auf der Grundlage einer inneren Überzeugung, die man auch Glauben nennen kann, erfolgt" (ebenda).

In wiederum der Mobilisierung von Zitaten aus den unterschiedlichsten Quellen (von Karl Jaspers über Helmut Gollwitzer bis Jürgen Habermas) ist es vor allem dann Adam Schaff, auf den sich Heuer beruft, wenn er für solchen Glauben, für die weitereAusarbeitung einer "marxistischen Konzeption des Einzelmenschen" (S. 302) plädiert. Zuletzt heißt es (S. 306), die theoretischen Aussagen seien nicht der ganze Marxismus. "Er umfaßt auch Wertungen, Appelle, Forderungen Â… Marxist zu sein[,] ist nicht nur die Wahl einer Theorie, sondern zugleich die Wahl einer Haltung. Insofern wendet der Marxismus sich an den Einzelnen." Das sei für ihn Glauben, wobei es möglich sei, "andere Begriffe zu wählen". Auch der Begriff des Gewissens gehöre hierher.

Um zu solchen gewissermaßen bekennerischen Positionen vorzudringen, über die zu richten nicht die Aufgabe eines Nichtmarxisten ist, unternimmt Heuer zwischen den Seiten 21 und 277 den Versuch, gewissermaßen einer Übersicht über die Religionsgeschichte - jedenfalls der drei abrahamitischen Religionen -, über deren kritische Rezeption im Marxismus bzw. Leninismus und zusätzlich über die konkrete Begegnung des herrschenden M-L mit den Religionen bzw. Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Zu den abrahamitischen Religionen
So skizziert der Verfasser auf 50 Seiten des zweiten Kapitels den "religiösen Glauben" des Judentums, des Christentums, gesondert des reformatorischen, und des Islam, um - Kontrapunktik! - im letzten Kapitel auf knapp 30 Seiten "die Offenbarungsreligionen heute" zu beleuchten.

Es war sicherlich eine redliche Überlegung Heuers, Erwägungen über den Glauben im Marxismus vor dem Hintergrund des religiösen anzustellen. Aber das, was er unternommen hat, war zu ehrgeizig, um gelingen zu können. Da der philosophisch geschulte Jurist in Religionswissenschaft und Theologie nicht zu Hause ist beziehungsweise zu Hause sein kann, muß er sich auf Gewährsleute verlassen, und das ist für den Verfasser vor allem einer, der katholische Weltethiker Hans Küng, d. h. dessen Bücher: "Das Judentum" (1981, 2004); "Das Christentum" (1994, 2003); "Der Islam" (2004). Nur gelegentlich wird Küng von anderen sekundiert, so im Reformationsabschnitt von Martin Luther und einigen marxistischen Historikern.

Hierüber zu richten, hätte also weniger mit Heuer als mit Küng zu tun. Immerhin wird man auf einige Disproportionen hinweisen müssen. Wenn im Islam mit Recht die mystischen Tendenzen des Sufismus (S. 64) festgehalten sind, wird man im Abschnitt über das Judentum analoge Bewegungen wie den Chassidismus vermissen. Konzeptionell leidet das ganze zweite Kapitel überdies entscheidend daran, daß die Reformation und die reformatorischen Kirchen nicht nur entgegen der Chronologie, sondern auch entgegen der für die Zukunft entscheidenden Frage, ob es Erneuerung, ob es "Reformation " in den Religionen geben kann, vor dem Islam abgehandelt werden. Logisch wäre gewesen, klarzustellen, daß das Christentum eine reformatorische Wende zum Protestantismus durchgemacht hatte, die sich à la longue auch in Erneuerungsbewegungen im Katholizismus (weniger in der orthodoxen Kirche) ausgewirkt hat, während der Islam bisher von "Reformation" im wesentlichen unberührt blieb.

Der Reformationsabschnitt ist übrigens ein halber katholischer, und wenn hier die kursorische Beschreibung kirchengeschichtlicher Prozesse in einem gewaltigen Sprung von der Französischen Revolution bis zum Kalten Krieg auf knapp einer Seite (S. 54 f.) erfolgt, bleibt man ziemlich ratlos, zumal gerade an dieser Stelle politische Wertungen von vorgestern stehengeblieben sind.

Von hier aus müssen die Perspektiven der Offenbarungsreligionen am Ende des Buchs erst recht als kurzschlüssig angesehen werden. Wenn der knappe Abschnitt über das Judentum unter dem Rubrum "Die Offenbarungsreligionen heute" läuft, kann es nur heißen: Thema verfehlt. Denn im Text geht es fast ausschließlich um politische Probleme, die natürlich auch hierher gehören, aber im Kontext der Charakterisierung der verschiedenen religiösen Strömungen im Judentum (Orthodoxie, Konservative, Liberale) und vor allem jener Erneuerungsbewegung (gewissermaßen einer "reformatorischen") im Judentum, die mit den Namen von Franz Rosenzweig, Martin Buber und (nuanciert) Gershom Scholem verbunden ist. Analoges gilt für den Abschnitt über den Islam, wobei hier der Akzent anders gesetzt ist. Der Islamismus wird (um es zuzuspitzen) relativiert, die "Islamfeindlichkeit" imWesten gleichsam als Gefahrenquelle nominiert, und es wird hierbei ein beiläufig zitierter Ansatz von Sabine Kebir verfehlt und nicht weiter ausgeführt, wonach dem "strengen Monotheismus des Islam" in seiner Zeit ein "aufklärerischer Gestus " (S. 275) zukam, also womöglich doch als ein Aspekt von Erneuerung. Dies weiter auszuführen, hätte "Perspektive" bedeutet.

Was die Perspektive des Christentums (hier nicht mehr getrennt) angeht, verweist Heuer mit Recht auf die Erneuerungsbewegungen in Deutschland (Karl Barth, Dietrich Bonhoeffer, Helmut Gollwitzer), ohne freilich die in der ökumenischen Bewegung ins Blickfeld zu bekommen, was er andererseits mit einer gewissen Selbstverständlichkeit in Hinsicht auf den Katholizismus tut, wenn er Johannes XXIII. und das II. Vatikanische Konzil, die Befreiungstheologie in Südamerika und den marxistisch-christlichen Dialog (Paulus-Gesellschaft, Marcel Reding) hervorhebt. Gleichzeitig sieht Heuer retrograde Entwicklungen, im Katholizismus mit Johannes Paul II. und Benedikt XVI. und im protestantischen Umfeld in den evangelikalen Bewegungen in den USA. Alle diese Beobachtungen enthalten manche zutreffende Elemente, ergeben insgesamt aber kein klares Bild, zumal auch die Orthodoxie unberücksichtigt bleibt, die ja zumal nach dem Ende der UdSSR eine bemerkenswerte Entwicklung genommen hat (wobei allerdings noch unklar ist, welche geistliche Substanz diese repräsentative Renaissance hat).

Zur Religionskritik von Marx, Engels und Lenin
Die Kontrapunktik wird im dritten Kapitel mit einem Exkurs über Religionskritik der Aufklärung (Französischer Materialismus, Deutscher Idealismus) unterbrochen, um dann im eigentlichen Zentrum des Buchs in eigener Weise wieder aufgenommen zu werden, nämlich im vierten Kapitel mit der Religionskritik von Marx und Engels (einschließlich der von Ludwig Feuerbach und der der Junghegelianer), wozu Heuer einleuchtend Karl Kautsky hinzunimmt, in diesem Kontext weniger einleuchtend Max Weber. In meiner Rezeption von Heuers Buch als der eines sozusagen Außenstehenden sehe ich an dieser Stelle keine Aufgabe, kritische Anmerkungen zu machen, würde höchstens gern eine persönliche zusätzliche Beobachtung hinzufügen: Bei meiner Lektüre der MEGA ist mir nicht nur die kirchenpolitische Aktivität von Friedrich Engels in Bremen (1) aufgefallen, sondern eine höchst beachtliche Feststellung von ihm in seinen "Varia über Deutschland" von 1873/74, wo er vom "spezifisch theologisch-theoretischen Charakter der deutschen Revolution des 16. Jahrhunderts" und von der "Basis der späteren theoretischen Überlegenheit der Deutschen von Leibniz bis Hegel" spricht und wo er hieraus die bemerkenswerte Schlußfolgerung zieht, daß "der deutsche Protestantismus die einzige moderne Form des Christentums" sei, "die der Kritik wert", und zwar aus diesem Grunde: "Der deutsche [Protestantismus] allein hat eine Theologie und damit einen Gegenstand der Kritik - der historischen, philologischen und philosophischen Â…" (2) Ich dächte doch, daß ein solcher Ansatz im Umfeld dieses Kapitels Beachtung verdient, aber auch, wie wir sehen werden, hinsichtlich des methodischen Ansatzes dieses Buchs (Kontrapunktik!).

Die Passagen über Marx, Engels und Kautsky haben nicht nur, zumal für den "Außenstehenden", informatorischenWert, man versteht sie vor allem als ideologische Schubkraft für das fünfte Kapitel: "Religionskritik im Sozialismus". Dieses ist insofern von zentraler Bedeutung, als hier die Prüfung bestanden werden muß, inwieweit das, was im ideologisch-wissenschaftlichen Laboratorium von Marx und Engels theoretisch fixiert worden ist, der Praxis standhält, sich in ihr bewährt. Auch innerhalb dieses zentralen Kapitels entdecken wir wieder die Kontrapunktik, allerdings mit Brüchen: Der Verfasser geht auf die Religionskritik Lenins ein und eigentlich mit ihr ins Gericht (weil, so S. 187, "alle moralischen Fragen in Fragen der Wissenschaft verwandelt werden"), und er muß in dem zugeordneten Abschnitt "Sowjetstaat und Kirche" unterstreichen, welche Auswirkungen dies schon unter Lenin, erst recht unter Stalin für die Russische Orthodoxe Kirche gehabt hat (350 000 Opfer bis 1941 - S. 191); hierbei ist Heuer wieder inkonsequent, weil er die anderen Religionsgemeinschaften in der UdSSR ausblendet, darunter den quantitativ beachtlichen Islam und das Judentum, aus dessen Emigranten nach 1991 sich die Jüdischen Gemeinden in Deutschland quantitativ regeneriert haben. Er bleibt also nicht in seinem Konzept, dies erst recht nicht, wenn er in der Kontrapunktik: Lenins Kritik - Sowjetstaat und Kirche übersieht, daß der eigentliche ("kontrapunktische") Partner und dann Widerpart Lenins in der geistigen Auseinandersetzung in Sowjetrußland nach der Revolution die weitverzweigte orthodoxe Religionsphilosophie war, deren Exponenten (ich nenne nur Nikolaj Berdjajew, Semjon Frank, Sergej Bulgakow) nicht zufällig Anfang der zwanziger Jahre exmittiert wurden und in Prag, Berlin und Paris ihre Zentren hatten, mit starkem Einfluß auf die Weltchristenheit überhaupt. (3) Auch wenn die Realität die Prozesse nicht pur, sondern nur vermischt präsentiert, ist all das, was mit der Verfolgung der Kirche und ihrem Widerstand zu tun hat, eine staatspolitische Funktion des ideologischen Kampfes zwischen Leninismus und orthodoxer Religionsphilosophie und Theologie.

Kirche und Sozialismus in marxistischer Perspektive Â…
Schließlich muß Heuer auf die DDR zu sprechen kommen, und wenn er auch hier die Kontrapunktik aufrechterhalten wollte, mußte er aus seiner bis dahin gewonnenen Sicht zu einer merkwürdigen Konstruktion greifen: Wie Lenin zu Sowjetstaat und Kirche, stehen hier statt Exponenten der deutschen Arbeiterbewegung und Ideologen des Marxismus in der DDR "Gramsci, Lukács, Bloch" zu "Staat und Kirche in der DDR". Das ist nun tatsächlich ein offenkundiger Bruch imAufbau des Buchs, in dem man zunächst eine ziemlich genaue ("sinfonische") Struktur glaubte entdeckt zu haben.Was Heuer zu Gramsci schreibt, ist dabei nicht Gegenstand dieser kritischen Anmerkung, sondern die Tatsache, daß Gramsci, wenn ich mich recht erinnere, in DDR-Zeiten eher zurückhaltend zur Kenntnis genommen wurde. Lukács hat für die ideologischen Auseinandersetzungen in der DDR, schon alsbald nach 1945, zumal aber Mitte der fünfziger Jahre, natürlich eine zentrale Bedeutung, aber nicht in diesem Umfeld. Bleibt als einziger dieser drei Ernst Bloch, der mit Recht - auch angesichts seines Involviertseins in die innerjüdischen Debatten der zwanziger Jahre und seiner Leipziger Debatten mit Theologen, (4) zumal auch mit seiner Freundschaft mit Emil Fuchs - hierher gehört, aber dem in der DDR zuletzt das Recht abgesprochen wurde, als Marxist zu gelten, und der auf andere Weise den Weg zu gehen hatte, den jene russischen Religionsphilosophen gehen mußten, unter ihnen auch die, die wie Berdjajew einen ursprünglich religiös-sozialistischen Ansatz hatten.

Wenn Heuer eine Reihe dieser Art hatte aufmachen wollen, hätte er füglich andere marxistische Ideologen anführen müssen, die sich exponiert zu dieser Problematik geäußert haben, etwa die Tschechen V. Gardavsky´ und Milan Machovec (5) und den in DDR-Verlagen und in "Sinn und Form" präsent gewesenen Schweizer Konrad Farner (6). Der Bruch wäre aber dennoch geblieben.

In meiner Sicht und im Sinne der Architektonik von Heuers Buch wäre es angemessen gewesen, an dieser Stelle die Stimmen jener Exponenten der deutschen Arbeiterbewegung zum Klingen zu bringen, die noch aus den Auseinandersetzungen vor 1914 und nach 1918 und im antifaschistischen Kampf nachwirkten. Hier denke ich, ohne August Bebel zu vergessen, vor allem an:
Karl Liebknecht und seine Stellungnahmen zu Kirche und Christentum, die ich bei Durchsicht seines Gesamtwerks exzerpiert und veröffentlicht habe (7); Rosa Luxemburg, die 1905 (polnisch) eine Schrift "Kirche und Sozialismus" herausgebracht hat (1920 in der Übersetzung von Julian Marchlewski in Moskau erschienen, 1971 deutsch in der Ausgabe der polnischen Schriften in der Sammlung Luchterhand und separat im Stimme-Verlag von Pastor Herbert Mochalski mit Vorwort von Dorothee Sölle und Klaus Schmidt) (8); Ernst Schneller, der seit 1927 im engsten Kontakt mit der evangelischen Jugendbewegung "Köngener Bund" war, dort auf mehreren Tagungen sprach und hierbei in Kontakt u. a. mit dem Schweizer religiösen Sozialisten Leonhard Ragaz, mit dem katholischen Sozialreformer Nikolaus Ehlen, mit Martin Buber, Prof. Eduard Heimann aus dem Tillich-Kreis und Max Webers Witwe Marianne kam (9); Edwin Hoernle, von Haus aus schwäbischer Vikar, der in den frühen zwanziger Jahren einen viel beachteten Aufsatz über Kirche und Staat in der "Tat" (Diederichs Verlag) publiziert hat (10). Nicht zuletzt sind die Beschlüsse der Brüsseler und der Berner Konferenz und hiermit verbundene Erklärungen zu nennen, ebenso die prinzipiellen Aussagen von Erich Weinert als Präsident des Nationalkomitees "Freies Deutschland". (11)

Hier wären nach meiner Sicht und - ich wiederhole - im Sinne der Architektur Heuers die Ausgangspositionen für das zu orten, was er im Anschluß an "Gramsci, Lukács und Bloch" entwickeln wollte. Diese aber fehlen bei ihm, so daß all das, was im Abschnitt über Kirche und Staat in der DDR entwickelt wird, gleichsam in der Luft hängt.

Ein solcher Tatbestand ist freilich nicht zufällig, sondern hat wiederum mit dem Grundfehler bei der Ausgestaltung der Architektur (oder "Sinfonik") im entscheidenden Kapitel des Buchs zu tun. Denn so wie Lenins theoretische Positionen nicht schlechthin der Kirche gegenübergestellt werden können (und damit, wie wir sahen, nur einem der Zentren des vielgestaltigen religiösen Lebens in der UdSSR), sondern zunächst der Religionsphilosophie und Theologie und erst dann - als Kirchenpolitik vermittelt - gegenüber der Kirche bzw. den Religionsgemeinschaften, so können nicht übergangslos "Gramsci, Lukács, Bloch" bzw. das von mir soeben zur Debatte Beigebrachte auf die staatlich-kirchlichen Beziehungen in der DDR bezogen werden. Auch hier wäre zunächst nach dem theoretischen Gegenüber in den Kirchen zu fragen (dies zumal unter Berücksichtigung der Bemerkung von Friedrich Engels über die protestantische Theologie), und ich unterstreiche: zu den Kirchen, auch zur katholischen, die Heuer außen vor läßt. Er hat natürlich recht, wenn er auf die Diasporasituation der katholischen Kirche in der DDR verweist, aber die katholische Kirche in der DDR war Teil derWeltkirche, und Rom stand nicht nur dem "Dritten (orthodoxen) Rom" (Moskau), sondern auch dem Kreml gegenüber. Tatsächlich interessierte sich die SED-Kirchenpolitik sehr genau und sehr besorgt für das, was im katholischen Umfeld passierte, nicht erst seit der Inthronisation des polnischen Papstes, danach indes um so mehr.

Â… und in christlicher Perspektive
Wie die Dinge unmittelbar nach 1945 lagen, konnte angesichts des militärischen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenbruchs und der Infragestellung der geistig-moralischen Positionen nicht sofort mit konstruktiven theoretischen Aussagen im christlichen Umfeld gerechnet werden. Allerdings schien trotz allem klar zu sein, daß es der Sozialismus und das Christentum seien, von denen aus allein ein Neuaufbau und eine geistige Neuorientierung möglich seien. So ist nicht verwunderlich, wenn zunächst im politischen Raum vom CDU-Vorsitzenden Jakob Kaiser (dies seit Ende 1945) die Konzeption eines christlichen Sozialismus bzw. eines Sozialismus aus christlicher Verantwortung (12) entwickelt wurde. Diese konnte selbstredend nicht allein als politische Losung stehen bleiben, sie mußte theoretisch unterfüttert werden. Hierzu wurden angesichts mangelnder verlegerischer Möglichkeiten der CDU insbesondere in deren Zeitungen Artikelfolgen zum Sozialismus aus christlicher Verantwortung publiziert, so in der damals besten CDU-Zeitung "Die Union", Dresden, von dem katholischen Sozialwissenschaftler Dr. Josef Bock und von Dr. Karl Buchheim, Mitglied des sächsischen Landtages und Dozent für Parteiengeschichte an der Leipziger Universität. Dr. Joachim Tiburtius, der spätere Westberliner Senator, der noch bis 1946 in Leipzig gelehrt hatte, brachte eine Schrift im Zeitungsverlag der "Neuen Zeit" über "Christliche Wirtschaftsordnung" heraus. (13) Hierher gehört auch eine damals widersprüchlich aufgenommene Arbeit von Otto Heinrich von der Gablentz, Mitbegründer der CDU und später Professor am Otto-Suhr-Institut der FU, "Über Marx hinaus".(14) 1947 erschien vom praktischen Theologen der Leipziger Universität Alfred Dedo Müller ein viel beachtetes Buch "Christus oder Prometheus ", in dem sich der Mitbegründer der Leipziger CDU auch konstruktiv mit dem Marxismus auseinandersetzte, und fast gleichzeitig publizierte ein lutherischer Kirchenmann, Fritz Heidler, in der Zeitschrift für kirchliche Mitarbeiter "Die Zeichen der Zeit" 2-3/ 1947 Thesen über Christentum und Sozialismus. Von zentraler Bedeutung für die evangelischen Kirchen in der SBZ war die Rezeption des vor Restauration warnenden sog. "Darmstädter Wortes" der evangelischen Bruderschaften in den Kirchenzeitungen der SBZ. (15) Schließlich muß auch das Erwähnung finden, was zunächst eher nur nachrichtlich über die theologischen Auseinandersetzungen in Osteuropa bekannt wurde, von J. L. Hromádka in Prag (16) und von Bischof Albert Bereczky in Budapest vor allem.

Da bis zur Währungsreform die Zeitschriften der Westzonen auch noch in der SBZ gekauft werden konnten, wurde bekannt, was dort zu Sozialismus und Christentum insbesondere im katholischen Milieu diskutiert wurde, in den "Frankfurter Heften" von Walter Dirks und Eugen Kogon (nicht ohne den Hintergrund des damaligen stellvertretenden hessischen Ministerpräsidenten Werner Hilpert, CDU), in der katholischen Jugendzeitschrift "Ende und Anfang", die bis 1948 in Augsburg herausgegeben wurde, übrigens auch von Ernst Schumacher (17), in der Zeitschrift der Dominikaner "Die Neue Ordnung", in der sich der schon genannte Karl Buchheim mit dem historischen Materialismus (zumal mit Plechanow) auseinandersetzte, (18) in der im Nürnberger Verlag Glock und Lutz publizierten Zeitschrift "Die Besinnung", in der Leo Weismantel schrieb. Den bedeutendsten theoretischen Anspruch konnten die Arbeiten der Wallberger Dominikaner Laurentius Siemer und EberhardWelty (19) und vor allem des Tübinger katholischen Theologen Theodor Steinbüchel über das Ethos bei Karl Marx erheben. (20) Nicht unerwähnt sollte bleiben, daß um 1947/48 unter jungen CDU-Mitgliedern in Sachsen eine apologetische Schrift des damals in der Schweiz lebenden polnischen Jesuiten Bochenski (dessen Bruder um 1950 Sejmabgeordneter war!) kursierte, und von Greifswalder Theologiestudenten, die Mitglieder der CDU-Hochschulgruppe waren, wurde, wie ich aus Gesprächen mit dem späteren Dekan der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Hans-Hinrich Jenssen, weiß, eine "Anti-Marx"-Schrift von Muhs aus den zwanziger Jahren gelesen.

Ich habe dies alles, wenn man so will, wahllos aneinandergereiht, so wie man es damals in die Hand bekam, und das, was ich hier angeführt habe (und manches mehr, etwa die Debatten in Paul Tillichs "Neuen Blättern für den Sozialismus" von Anfang der dreißiger Jahre), habe ich seinerzeit (bis 1948) als Freiberger Oberschüler, CDUKreisjugendreferent und Mitglied des Kreisvorstands der FDJ zur Kenntnis genommen. (21)

Man würde allerdings die Situation um 1946/47, man würde den tatsächlichen theoretischen Horizont verfehlen, wenn man jenseits solcher subjektiv wahrgenommener Momente übersähe, daß 1946 in Berlin eine Begegnung zwischen dem evangelischen Theologen, der gleichsam im Zentrum der theologischen Auseinandersetzung und der gesellschaftlichen Neuorientierung stand, Karl Barth, und Exponenten der SED, zumal Wilhelm Pieck, stattfand. Es ist dies das objektive Moment, das hier festzuhalten ist. In der Folge kam es denn auch zu einer Beratung des Zentralsekretariats der SED über Partei und Kirche, an der alle Pfarrer und Theologen, die der SED angehörten, teilnahmen. Das Referat auf dieser Tagung wurde vom damaligen Kulturpolitiker der Partei, Otto Meier, gehalten. (22) Es war dies, gerade in unserem Kontext, noch eine Zeit der Offenheit, der geistigen Auseinandersetzung (übrigens auch auf der Seite der Sowjetischen Militäradministration, deren Kulturoffiziere anfänglich ein ausgesprochen gutes Verhältnis zu den Kirchen hatten, so Kapitän Jermolajew in Berlin und Oberleutnant Kotschetow in Dresden, mit dem Karl Barth während seines dortigen Aufenthalts 1947 zur Einführung des Landesbischofs Hugo Hahn aufschlußreiche Gespräche führte).

Seit Ende der vierziger Jahre und erst in der Folgezeit wurde die Lage komplizierter, weil seitens der Exponenten des M-L keine Debattenbeiträge von theologischer Seite zum Marxismus, geschweige denn Dialoge zwischen Marxisten und Theologen gewünscht und geduldet wurden. In den theologischen Fakultäten mußte denn auch der M-L von Parteiphilosophen vertreten werden, und wenn Theologen in ihren Vorlesungen und Vorträgen "Anknüpfungspunkte" suchten, wie der schon genannte Prof. Jenssen (der diesen Begriff im Rahmen seiner Überlegungen zur "intellektuellen Diakonie" so prägte), dann wurden sie verdächtigt, Apologetik oder - noch schlimmer - "ideologische Koexistenz" zu betreiben. (23)

Versuche der Theoriebildung in der DDR Â…
Immerhin ist nicht zu übersehen, daß es im christlichen Umfeld, zumal in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre, doch noch Versuche gab, das Verhältnis von Christentum und Marxismus zu klären - nicht nur, angesichts der neuen Machtverhältnisse, im Alltag, also administrativ, sondern auch in theoretischer Hinsicht.

Hierzu erfolgte, wie 1946 mit dem "christlichen Sozialismus", ein erster Anstoß aus dem politischen Raum, aus dem der CDU Otto Nuschkes. Auf einer Arbeitstagung im Herbst 1951 in Meißen legte sie Thesen des "Christlichen Realismus" vor, in denen - ausgehend von den sozial fortschrittlichen Strömungen in der Christenheit - die zeitgenössischen Debatten, wie ich sie andeutungsweise skizziert habe, zugunsten einer eigenständigen weltanschaulichen Position bei der Entscheidung für den Sozialismus verarbeitet wurden. Diese Thesen wurden mehr als ein Jahr diskutiert, vor allem in den Zeitungen der CDU und in mehreren Broschüren, um dann zwar auf dem 6. Parteitag 1952 in Berlin angenommen und doch praktisch sogleich wieder aus dem Verkehr gezogen zu werden: Die SED hielt die Thesen - man bedenke die neue Lage nach der II. Parteikonferenz - für eine gegen den Marxismus gerichtete "christliche Gesellschaftswissenschaft", während sich die Kirchen gegen sie als Ausdruck eines "roten DC-Christentums" wandten, also einer "roten" Neuauflage der NS-"Deutschen Christen". (24)

In Wahrheit waren die Thesen weder das eine noch das andere. Es war einer der bedeutendsten damaligen Kirchenmänner, Präses D. Kurt Scharf, der in einem Aufsatz diese Thesen als Signalement einer neuen Entwicklung des geistigen Lebens im Sozialismus ansah und sie neben die Arbeit von Generalissimus Stalin (so schrieb Scharf) über die Sprachwissenschaft stellte.

Was die CDU auf ihre Weise in ideologischen Diskussionen und deren Zusammenfassung anstrebte, entwickelten Theologen, zumal religiös-sozialistische, in ihren Studien. Dies gilt vor allem für Emil Fuchs mit seinem 1952 erschienenen Buch "Marxismus und Christentum", das rasch zwei weitereAuflagen erlebte, und dann mit seiner "Christlichen und marxistischen Ethik" (Erster Teil: Leipzig 1956 und 1958; Zweiter Teil: Leipzig 1959), in der es um das ging, was Heuer im marxistischen Diskurs vermißte, um Ethik, um "Lebenshaltung". Immer mit Nachdruck vom erst "werdenden Sozialismus" sprechend, machte Fuchs thesenhaft klar, und in seinen Ethikbänden entfaltete er diese Thesen: "Wir sind Masse, und wir sind ein Ich Â… Wir sind Masse, wir haben ein ›Du‹". (25) Laut Register kommt Emil Fuchs bei Heuer aber gar nicht vor; beim genauen Lesen findet man ihn dann doch auf S. 231 mit einer (!) Zeile als Partner des vom Verfasser überhaupt nicht analysierten Gesprächs mit Walter Ulbricht am 9. Februar 1961 (bei Heuer 1963!) erwähnt.

Wird also mit den Büchern (und der Haltung!) von Emil Fuchs das theoretisch am meisten ausgereifte Konzept aus religiös-sozialistischem Umfeld ignoriert, kommt wenigstens - wenn auch knapp mit zehn Zeilen und aus der Sekundärliteratur (S. 230) vermittelt - das Pointierteste aus (eigenständiger) barthianischer Sicht ins Blickfeld (und dieses theoretische Konzept ist allerdings zugleich eine kirchenpolitische Manifestation). Gemeint ist die "Absage an das konstantinische Zeitalter" in dem Hauptvortrag des Cottbusser Generalsuperintendenten D. Günter Jacob vor der außerordentlichen Synode der EKD am 28. Juni 1956. Dort heißt es u. a. - und dies muß man wenigstens zitieren, um annähernd begreifen zu können, welche "konstantinische Wendung" in diesen Aussagen enthalten ist:
"Von wachen Geistern ist die Situation der Christenheit im heutigen Europa dahin gekennzeichnet worden, daß das Ende des konstantinischen Zeitalters gekommen ist Â… Im östlichen Bereich ist [es]Â…als Folge der vehementen Offensive derWeltanschauung des dialektischen und historischen Materialismus und als Folge der von ihr bewirkten revolutionären Akte staatlicher Umgestaltung und gesellschaftlicher Neuordnung heute für jedermann sichtbar. Im westlichen Bereich dagegen kann man die auch dort wahrhaftig alarmierenden Symptome dieses Endes durch die Restaurierung traditioneller Fassaden für das öffentliche Bewußtsein noch verdecken Â… Unsere Situation im Osten muß dahin charakterisiert werden, daß im Anbruch eines nachkonstantinischen Zeitalters Â… die Luft bereits klar, sauber und offen, auch voller Feindschaft und Gefahr geworden ist, während in der westlichen Welt die vielfältigen Strömungen einer theoretischen und praktischen Gottlosigkeit sich nicht mit eruptiver Gewalt zu jenen Gewittern verdichtet und entladen haben, die die gesamte Atmosphäre reinigen Â…" (26)

Es war dies, noch dazu auf einer gesamtdeutschen Synode ausgesprochen und dort weitgehend befremdet aufgenommen, die deutlichste Proklamation einer geistigen und geistlichen Neuorientierung, die ein politisches Angebot implizierte, allerdings unter der Voraussetzung von Eigenständigkeit und Möglichkeit des offenen Diskurses. Ihn suchte Jacob damals mit Naturwissenschaftlern - so lud er, wasWalter Ulbricht auf dem V. Parteitag der SED 1958 zu einer (bei Heuer auf S. 223 - ohne Anführung des Namens von Jacob - erwähnten) Polemik veranlaßte, Werner Heisenberg nach Cottbus ein, um seine Weltformel erläutern zu lassen, und er hätte auch mit marxistischen Gesellschaftswissenschaftlern diskutiert, wenn Â…

Denn was in diesem Umfeld geschah, ereignete sich, von der zeitlich begrenztenWirksamkeit des Jenaer Instituts von Olof Klohr und gelegentlichen Veröffentlichungen u. a. von Gerhard Winter, Greifswald, über Bonhoeffer abgesehen, weitgehend im nichtöffentlichen Raum (dies später zumal im Umfeld des von Heuer so überaus gewürdigten Hans Lutter und seiner subkutanen Einrichtung in Güstrow). (27) Ebenso nicht öffentlich, akademisch war "auf der anderen Seite" zu registrieren, daß in Vorlesungen an den theologischen Fakultäten der DDR-Universitäten (jenseits des M-L) und an den drei kirchlichen Hochschulen (religions)philosophische Aspekte zur Geltung kamen, die Marx und Engels nicht draußen vor ließen, so etwa bei Hans-Georg Fritzsche in Berlin und bei Helmut Fritzsche in Rostock, vor allem bei Richard Schröder im Berliner Sprachenkonvikt. Gelegentlich konnte sich dies sogar in einer veröffentlichten Studie niederschlagen, nämlich in einem schlicht "Diskussionsbeitrag" genannten fulminanten Aufsatz "Kirchengeschichte oder Christentumsgeschichte? " von Wolfgang Ullmann aus dem Jahre 1976. Im Zusammenhang der für die reformatorische Kirche zentralen Frage der Rechtfertigungslehre stellt Ullmann fest, daß sich diese mit der Religionskritik von Karl Marx (in der Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie) insofern treffe, als es die Liebe sei, die den Glauben ermächtige, seine Freiheit gegen menschliche Traditionen, Riten und Zeremonien zu behaupten: "Wenn diese (die Religionskritik von Marx. G. W.) in der Religion eine Institution der Selbstknechtung des Menschen sieht, dann deckt sie damit die katastrophalen sozialen Folgen dessen auf, was vom reformatorischen Ansatz aus theologisch als Selbstrechtfertigung bezeichnet werden muß. Die Kirchengeschichte sollte sich in der Aufnahme der Marxschen Religionskritik nicht, wie es weithin geschieht, im Rahmen der Religionssoziologie von Weber und Troeltsch bewegen. Denn die Kritik der religiösen Selbstentfremdung des Menschen zielt sehr viel weiter als nur auf eine phänomenologische Analyse von Basis-Überbau-Relation oder auch darauf, der Frage nach dem sogenannten Sitz im Leben eine aktuelle Verschärfung abzugewinnen." (28)

Der damalige Dozent einer der drei in der DDR sogenannten illegalen kirchlichen Hochschulen und spätere Bürgerrechtler, der in DDR-Zeiten eine nonkonformistische Haltung einnahm wie, auf andere Weise, nach der Wiedervereinigung erst als Bundestags-, dann als Europaabgeordneter der Bündnisgrünen, war es also, der wie Jacob und (ihm allerdings in zentralen Fragen entgegen) Emil Fuchs den theoretischen Ansatz im Marxismus aufnahm und offen für eine menschendienliche Debatte, die Selbstkritik wie Kritik einschloß, offen war. Aber, wie gesagt Â… Â…

unter den Schatten der kirchenpolitischen Konflikte
Dies also wäre (zusätzlich hierzu die Wirkung des posthum veröffentlichten Werks von Dietrich Bonhoeffer und dessen differenzierte Rezeption) (29) das, was - "architektonisch", "sinfonisch" - dem Abschnitt über Kirche und Staat in der DDR voranzustellen gewesen wäre, um dann diese Problematik mit wenigen Strichen in ihren Hauptlinien nachzuzeichnen, denn wie anders kann und soll sie, kompliziert und vielschichtig, wie sie ist, auf 40 Seiten sinnfällig und einigermaßen durchsichtig dargestellt werden.

Es hätte sich daher angeboten, im Kontext mit den von Heuer zum Ausgangspunkt genommenen Vorschlägen von Horst Dähn (S. 213 f.) zur Bestimmung von Phasen in der Entwicklung der kirchlich-staatlichen Beziehungen in der DDR die beiden Dokumentenbände vorzunehmen, die schon in der DDR herausgegeben worden waren, (30) übrigens im ersten mit solchen der "Vorgeschichte", wie sie oben angeführt worden waren, um sie durch die von Joachim Heise und Horst Dohle betreuten Dokumentenbände aus der Nachwendezeit (31) zu ergänzen. Daraus hätte sich, was bei Heuer nur am Rande vorkommt, ergeben, daß bis 1948/49 eine relative Stabilität in den Beziehungen von Kirche und Staat und eine gewisse Pluralität in den geistigen Auseinandersetzungen (wie ebenfalls oben skizziert) geherrscht haben. Dann kommt es, was bei Dähn die erste Phase ist, zur Konfrontation (Konflikt zwischen Otto Grotewohl und Bischof Otto Dibelius 1950, Auseinandersetzungen um die Junge Gemeinde 1952/53, Einführung der Jugendweihe 1954, instrumentiert durch forcierte atheistische Propaganda usw.), weiter zu einer, der zweiten Phase des Abbaus dieser Spannungen, freilich nicht ohne immer neue Irritationen: "Kommuniqué" von 1958 über Verhandlungen der DDRKirchen mit der Regierung der DDR ohne EKD (bei Heuer auf S. 222 mit wenigen Zeilen abgetan und ohne den für den kirchenpolitischen Alltag zum Schlüsselbegriff gewordenen Begriff "Kommuniqué" aufzunehmen); Rückfälle in die Konfrontation (Fall Brüsewitz); Verfassungsdebatte und Bildung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR 1968/69. Schließlich wird eine dritte Phase als eine solche der Entspannung bezeichnet mit dem Höhepunkt des 6. März 1978, der Begegnung des Staatsratsvorsitzenden mit der Leitung des Kirchenbundes, verbunden mit konkreten Zusagen in offenen Fragen, ohne daß es nicht bald wieder zu Rückfällen gekommen wäre, nämlich an den Stellen, die am 6. März staatlicherseits ausgeblendet blieben (Volksbildung vor allem). (32)

Da Dähn seineArbeit 1982 vorgelegt hatte, konnte er einen weiteren Höhepunkt, das Lutherjahr 1983, nicht anführen, ebenso die sich spätestens seit Mitte der achtziger Jahre deutlich verschlechternden Beziehungen, insbesondere in den über die Kirchenpolitik im engeren Sinne hinausweisenden fundamentalen Differenzen in den Fragen von Frieden und Abrüstung, hinsichtlich Pazifismus und Bürgerrechten. Bei Heuer bleiben diese neuen Konstellationen einerseits statistisch doch dieser Phase zugeordnet; andererseits werden sie, aber ohne Beleg, dahingehend charakterisiert, daß allein die Kirche damit die "Linie[!] des 6. März" verlassen hätte (S. 247).

Vieles von dem, was ich hier holzschnittartig (aber jedenfalls in chronologischer, mit den zeitgenössischen Auseinandersetzungen übereinstimmender Ordnung) hier ausführe, kommt in dem Buch zwar vor, aber eingebettet in eine der Chronologie nicht immer folgende Zitatencollage, vornehmlich aus den (im Umfeld des Verfassers eigentlich nicht sehr geschätzten) Verhandlungen der Enquêtekommission des Deutschen Bundestages sowie Büchern von Detlef Pollack und Gerhard Besier, so daß letztlich nur der Kenner damit etwas anfangen kann. Auffällig ist überdies die Differenz zwischen den zusammenfassenden Bemerkungen im Verhältnis von Sowjetstaat und Kirche in diesem Abschnitt. Während im ersten Fall die Repressalien des Staates und die Opfer in der Kirche (jedenfalls der orthodoxen) eine starke Beachtung finden - freilich ohne Erwähnung der nicht zu übersehenden "Erholung" des kirchlichen Lebens nach 1991, endet der Abschnitt über Kirche und Staat in der DDR mit der Verharmlosung der Repressalien des Staates und mit der Bagatellisierung der unterschiedlich orientierten Oppositionsgruppen, die in der evangelischen Kirche eine Basis hatten, um dann eine merkwürdige (soll man sagen: triumphalistische?) Aufrechnung zu machen, deren Voraussetzungen keinen Sitz im Leben haben:
"Es war nicht so sehr der Glaube an Gott, der jetzt über den Glauben an den Sozialismus triumphiert hatte. Nur 21% der ostdeutschen Bevölkerung gaben in einer vom Spiegel in Auftrag gegebenen Untersuchung 1990 an, an Gott zu glauben. In Westdeutschland waren es 61% Â… Und mehr als dreimal so hoch als [!] im Westen war im Osten der Anteil der Nichtgläubigen: 47% im Osten und 13% im Westen" (S. 248).

Mein entscheidender Einwand gegen Heuers Darstellung der mit Religion und Kirche/Staat befaßten Kapitel besteht indes darin, daß er seine Konzeption, die in der Einleitung und ihrer Kontrapunktik disponiert ist, in diesem zentralen Teil seines Buchs nicht durchgehalten hat und dort unmittelbar Ideologie auf Kirchenpolitik hat treffen lassen, wodurch das für ihn letztlich wesentliche Element, also das im Kapitel über Marx, Engels und Kautsky fixierte Potential, nicht zum Tragen kommt. Ich erinnere nur noch einmal an das Zitat von Wolfgang Ullmann, das ja tatsächlich in dieses Zentrum zielte - und von hier wie von den Thesen des Christlichen Realismus, von Fuchs und Jacob aus wäre eine weitgehende, über kurzfristige taktische Bedürfnisse hinausgehende Verständigung von Marxisten und Christen möglich gewesen.

Gesondert sei noch auf einige Detailfragen eingegangen, die indes von symptomatischer Bedeutung sind.

Keine weißen Flecke
1. Was die von Heuer herangezogene Literatur angeht - hier äußere ich mich nur zu der, die mit den Religionen und den kirchlich-staatlichen Beziehungen zu tun haben -, fällt auf, daß er kaum auf solche aus der DDR rekurriert, was den fatalen Anschein erwecken könnte, daß diese Problematik in der DDR-Wissenschaft von weißen Flecken gekennzeichnet war. Das aber wäre ein grobes Mißverständnis. Um nur einiges zu nennen: Was das Judentum angeht, liegen Arbeiten von Heinrich Simon vor, vor allem die von ihm und seiner Frau Marie 1984 im Union Verlag herausgekommene und viel beachtete Monographie über die jüdische Philosophie, Religionsphilosophie. (33) Hinsichtlich der Russischen Orthodoxen Kirche haben DDR-Theologen Standardwerke vorgelegt, Karl Rose, Konrad Onasch und Hans-Dieter Döpmann. (34) Zur Geschichte des Christentums sind in der Evangelischen Verlagsanstalt in kontinuierlicher Folge Übersichtswerke zu allen Perioden der Kirchengeschichte herausgebracht worden. Dort erschien auch ein Lexikon zur Ökumene, während der Union Verlag in zwei Auflagen ein "Theologisches Lexikon" publiziert hat, das den theologischen Diskurs ebenso berücksichtigt hatte wie die in der Begegnung oder Konfrontation von Christen und Marxisten entstandenen geistigen Konstellationen. (35) Dabei habe ich (Heuer hat viel aus Zeitschriften zitiert) die in der DDR lizenzierten Monatsschriften noch gar nicht erwähnt, die die unter diesen Umständen möglichen geistigen Auseinandersetzungen förderten, zumal "Die Zeichen der Zeit" (Evangelische Verlagsanstalt) und STANDPUNKT (Union Verlag). Immerhin ist mit Walter Beltz (S. 28) ein Theologe und Religionswissenschaftler aus Berlin und Halle zitiert, (36) und es lag wohl nahe, daß Heuer an Hanfried Müller nicht vorbeigegangen ist, allerdings mit Aufsätzen nach 1989/90; letzteres gilt auch für Detlef Pollack, Leipzig/Frankfurt-Oder.

Diese Bemerkung ist natürlich kein Plädoyer für Autarkie und Provinzialismus und auch keine Absage an die heute mögliche und nötige Pluralität, wohl aber Ausdruck dessen, was wir quand-même in der DDR geleistet haben - und damit der Selbstachtung.

DDR-CDU: Wieder einmal ignoriert
2. Analoges betrifft die knappen und marginalen Erwähnungen der DDR-CDU durch den Verfasser. Daß ein für das Verhältnis von Kirche und Staat in der DDR so relevanter, zugleich eigenständiger und in kirchlichen Kreisen hoch geachteter Politiker wie Otto Nuschke laut Register überhaupt nicht, tatsächlich auf S. 222 nur beiläufig genannt wird, spricht allein schon Bände. Die prägenden kirchenpolitischen, theoretische Einsichten einschließenden Bestimmungen des CDU-Vorsitzenden Anfang der fünfziger Jahre und vor allem Mitte der fünfziger Jahre (sein Versuch, die Auseinandersetzungen um die Junge Gemeinde 1953 einzudämmen, scheiterten auch durch seine damalige lange und lebensbedrohende Erkrankung) werden von Heuer völlig ignoriert.

Dabei hätte er das, was er von P. Ramet ("Cross and Commissar") aus dem Jahre 1987 zitiert, bei Otto Nuschke 1956 (freilich ohne die dort angegebenen Wertungen) finden können, nämlich die Beschreibung der konfessionellen Topographie der sozialistischen Staaten (UdSSR, Rumänien, Bulgarien orthodox, Polen, Ungarn, C¡SR katholisch, allein die DDR protestantisch) und die daraus von Otto Nuschke gezogenen Konsequenzen (die dann doch irgendwie in die Richtung von Ramets Wertungen zielten), nämlich (so in der Grundsatzrede vor dem 8. Parteitag der CDU im Herbst 1956):
"Meines Erachtens wird es Â… notwendig sein, der Frage eine größere Beachtung zu schenken, wie die Begegnung von Protestantismus und Sozialismus in einem Land zu erfolgen hat, dessen christliche Vergangenheit stark vom Protestantismus geprägt war Â… Ohne in diesem Referat schon auf Einzelheiten eingehen zu können, möchte ich den Katalog der Fragen nennen, die in diesem Zusammenhang besonderer Untersuchung bedürfen: Gewissensfreiheit, Liebestätigkeit, Öffentlichkeitsdienst und Â… das Wächteramt der Kirche." (37)

Damit waren deutliche Worte an die Adresse der führenden Partei gesagt ("Wächteramt" war ein Tabuwort!). Gleichzeitig wandte sich Nuschke an die kirchlichen Kreise und nominierte "Beseitigung aller Überreste des nationalistischen Denkens"; "die Absage an alle Ideologien des konstantinischen Zeitalters, an die Verbundenheit von Thron und Altar, von Kreuz und Schwert" (38).

Ebenso kam Nuschkes Position zur Jugendweihe und zur atheistischen Propaganda besondere Bedeutung zu, hinsichtlich der Jugendweihe sowohl die des Vermittlers zwischen Kirche und SED als auch die eines christlichen Politikers, der die weltanschaulichen Dimensionen der 1950 abgeschafften und 1954 mit neuem Mantel versehenen Jugendweihe (zumal nach dem Kampf um die Junge Gemeinde ein Jahr zuvor) nicht übersehen konnte, und er konnte auch nicht achtlos an der fast gleichzeitig einsetzenden, die Jugendweihe offenbar instrumentierenden atheistischen Propaganda (Broschürenflut, "Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse" usw.) achtlos vorübergehen. (39) Uwe-Jens Heuer spielt diese Dinge beschönigend herunter (von Stefan Heymanns Erklärung zur Jugendweihe 1950 scheint er nichts gehört zu haben), um dann drei Seiten weiter (S. 224 f.) auf den Brief des ZK vom 1. März 1958 an alle Parteieinheiten "Über das Studium des dialektischen Materialismus in den Grundorganisationen" mit der Betonung des "wissenschaftlichatheistischen Charakters unserer Weltanschauung" einzugehen und dies dann allerdings doch mit Recht als "deutliche Kampfansage" zu bezeichnen.

Gerald Götting wird immerhin zweimal erwähnt, einmal als kirchenpolitischer Polemiker, gegen den Bischof Schönherr Stellung bezog (S. 239) - übrigens an einer Stelle, an der gleichzeitig von einem Aufsatz Schönherrs in der CDU-Presse die Rede ist, der als nonkonformistisch erschien (S. 238). Die andere Erwähnung muß ich wörtlich zitieren (S. 256): "Die Konsequenz seines [Karl Barths] theologischen (und marxistischen) Denkens erfuhren 1966 zwei Besucher aus der DDR, Staatssekretär für Kirchenfragen Hans Seigewasser und CDU-Generalsekretär [er war schon Vorsitzender] Gerald Götting, bei ihrem Gratulationsbesuch zum 80. Geburtstag. Barth Â… lehnte prinzipiell eine christliche Partei aus theologischen Gründen ab. Er hätte den größten Wert darauf gelegt, die Meinung eines deutschen Marxisten zu hören."

Hier müßte man zunächst die Bemerkung auf der Zunge zergehen lassen, wonach Barth gleichsam als marxistischer Denker eingeordnet wird. Was das Verhältnis Barths und vor allem der Barthianer zu christlichen Parteien betrifft, ist diese Generalisierung einerseits richtig; Barth hatte sie aber andererseits, als Otto Nuschke in seinem Glückwunschschreiben zum 70. Geburtstag des Baseler Theologen auf diese Problematik zu sprechen kam, für die DDR-CDU relativiert. (40) Da ich in Basel 1966 dabei war (in Briefen über diese Begegnung hat Barth an manchen Stellen von drei, an anderen von zweiundeinhalb Besuchern geschrieben), weiß ich, wovon dort die Rede war. Wenn Karl Barth damals Wert auf einen marxistischen Gesprächspartner legte (mit Seigewasser war ja ohnehin einer in Basel aktiv dabei), dann nicht wegen "ideologischer" Fragen, sondern wegen der damaligen politischen Situation, in der der Schweizer Theologe Brücken bauen wollte, und da hatte er allerdings mit seinem Wunsch recht. Freilich fand er rebus sic stantibus diesen Partner nicht. Wieder ein lost moment of history! (41)

Das ist alles, was über die DDR-CDU bei Heuer zu lesen ist - in einem Geflecht von Auseinandersetzungen, Debatten und Aktionen, in dem die CDU eine prägende Rolle spielte (und dies ist bei Historikern wie Goerner, Wentker (42) und anderen genau nachzulesen, widersprüchlich bei Besier).

Eine Erwähnung der CDU ist denn doch noch zu verzeichnen, der Vortrag, den Paul Verner (43) am 8. Februar 1971 (S. 239) auf einer CDU-Veranstaltung gehalten hat und der damals in den Kirchen wegen einiger - von Heuer auch zitierter - grundsätzlicher Wertungen starke Beachtung fand. Eigentlich gehört dieser Text indes in die Reihe jener theoretischen Positionsbestimmungen, die ich oben aufgemacht habe, er zusammen mit Albert Nordens Grußansprache an den 13. Parteitag der CDU 1972, in der er zur Überraschung der Delegierten und dann der Öffentlichkeit eine bemerkenswerte Sicht auf sozialfortschrittliche Bewegungen in der Christenheit bot. (44) Es ist übrigens aufschlußreich, daß Heuer den Anlaß der Verner-Rede nur als Ouvertüre zur Anerkennung des Kirchenbundes durch die Regierung (nach zwei Jahren neuer Querelen) sieht, ohne zu betonen, daß diese zunächst dem zehnten Jahrestag des vom Verfasser ohnehin unterschätzten 9. Februar 1961 galt, also gewissermaßen als zeitgemäße Fortschreibung der damals formulierten grundsätzlichen Position.

Das Kreuz mit dem Dialog
Schließlich 3. Dialog. Wenn Heuer verschiedentlich diesen Begriff aufnimmt, muß er letztlich konzedieren, daß es zu einem solchen kaum gekommen sei. Hierbei beruft er sich auf Olof Klohr (S. 244 f.), der in den sechziger Jahren an damals möglichen Versuchen eines solchen Dialogs beteiligt war - öffentlich manifest insonderheit im Beiheft zur DDR-Ausgabe von Teilhard de Chardins, des französischen katholischen Priesters und Paläontologen, "Der Mensch im Kosmos" (Union Verlag 1966), in dem sich er und der evangelische Theologe Herbert Trebs über Glaube und Wissenschaft äußerten. (45) Die Publikumswirkung war entgegengesetzt der in den Korridoren der Macht, von wo die Beteiligten genügend Ärger bekamen.

Überhaupt hat der Union Verlag damals zahlreiche Veröffentlichungen vorgelegt, die den Dialog behandelten. Am wichtigsten war zweifellos das Buch des berühmten Prager Theologen Josef L. Hromádka, "An der Schwelle des Dialogs", das eher in der DDR erschien (erscheinen konnte) als in Prag (Ausweis jener von Heuer im Anschluß an Ramet genannten "Nuancierungen" der kirchenpolitischen Situation in den einzelnen sozialistischen Ländern). (46)

Von Zeit zu Zeit gab es weitere Anlässe zu dialogischen Experimenten, die erst "subkutan" (hinter verschlossenen Türen) begannen, ggf. aber auch öffentlich werden konnten. Wenn Heuer mit Blick auf das Lutherjahr 1983 nichts anderes zu vermelden hat als die Tatsache, daß es hierbei auch zu einer Begegnung von Richard von Weizsäcker mit Horst Sindermann gekommen sei (S. 245), dann hat er den Ertrag dieses Jahres überhaupt nicht zur Kenntnis genommen, auch hinsichtlich des Dialogs. Dieser war schon langfristig zwischen evangelischen Kirchenhistorikern und marxistischen Reformationsspezialisten intern in Gang gekommen, besonders intensiv zwischen Siegfried Bräuer und Max Steinmetz. 1983 wurde er im großen Stil öffentlich. Und als ich in der von mir redigierten Zeitschrift STANDPUNKT im Heft 2/1984 eine Umfrage darüber veranstaltete, was die Luther-Ehrung erbracht habe, waren neben Theologen und Pfarrern wie selbstverständlich auch Jürgen Kuczynski, Erhard John, Adolf Laube, Max Steinmetz und Günter Vogler beteiligt.

Solche Vorgänge blieben freilich Episode, woran auch die in den achtziger Jahren einsetzende Versachlichung der Analyse religiöser Probleme auf der Seite der marxistischen Philosophen und gelegentliche Veröffentlichungen in einschlägigen Zeitschriften nichts mehr ändern konnten. Sie waren überschattet von der Zuspitzung der internationalen Ereignisse, der Dauerkonfrontation mit den anwachsenden pazifistischen und bürgerrechtlichen Aktionen im Umfeld zumal der evangelischen Kirche.

*

Unabhängig von diesen kritischen Erwägungen zu Heuers Buch wäre abschließend zu bemerken, daß die von ihm aufgeworfene Thematik relevant genug ist, um sie von den unterschiedlichen Ausgangspositionen aus weiter zu erörtern. Auch wenn ich meine Ausgangsposition beschrieben habe, ist von ihr aus noch lange nicht alles Notwendige ausgesagt. Dieser Text kann nur als eine Annäherung an das Thema und als ein Beitrag zu einer Diskussion aufgenommen werden, in der letztlich aus Sicht von Marxisten zu entscheiden wäre, inwiefern die Kopulation von Marxismus und Glauben tragend wäre. DerWeg, den Heuer gewählt hat, eine solche Kopulation als möglich erscheinen zu lassen, nämlich den Glauben im Marxismus vor dem Hintergrund des Glaubens in den drei abrahamitischen Religionen herauszuarbeiten, führt in meiner Sicht so, wie er ihn beschritten hat, allerdings nicht sehr weit.

Günter Wirth - Jg. 1929, Publizist. 1973-1990 Chefredakteur beziehungsweise Herausgeber der evangelischen Monatszeitschrift STANDPUNKT; 1985-1993 Honorarprofessor für Neue und Neuere Kirchengeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin; bis September 1990 Leiter der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe des Vorsitzenden der DDR-CDU, Lothar de Maizière. Zuletzt in UTOPIE kreativ: Walther Harichs "Ostorientierung", Heft 195 (Januar 2007); Rezension von Gerd Koenen: Der Rußland-Komplex, Heft 196 (Februar 2007).

1 Günter Wirth: Friedrich Engels, der Gesinnungsgenosse von Karl Marx, und sein Aufenthalt in Bremen, in: Bodo Heyne (Hg.): Hospitium Ecclesiae. Forschungen zur Bremischen Kirchengeschichte. Bd. 8, Bremen 1975.

2 Günter Wirth: Varia über Luther [zur Lutherehrung im Karl-Marx-Jahr], in: neue deutsche literatur, Berlin, 11/1983.

3 Vgl. u. a. Karl Schlögel: Der große Exodus. Die russische Emigration und ihre Zentren 1917 bis 1941, München 1994; Günter Wirth: Auf dem "Turnierplatz" der geistigen Auseinandersetzungen. Arthur Liebert und die Kantgesellschaft (1918-1948/49), Ludwigsfelde 20052 (mit eigenem Kapitel über die russischen orthodoxen Emigranten).

4 Vgl. u. a. Julius H. Schöps (Hg.): Juden als Träger bürgerlicher Kultur in Deutschland, Stuttgart- Bonn 1989 (insbesondere den Beitrag von Ingrid Belke); Kurt Reiprich u. a. (Hg.): Christentum, Marxismus und das Werk von Emil Fuchs (= Beiträge des sechsten Walter-Markov-Kolloquiums), Leipzig 2000 (insbesondere den Beitrag von Klaus Fuchs-Kittowski).

5 Vgl. Ladislav Prokupek: Säkularisierungsprozesse in der C¡ SSR, in: Säkularisierung in Ost und West. Referate des 3. Berliner Staat- Kirche-Kolloquiums vom 18. bis 19. Januar 1995 (Schriftenreihe des Instituts für Vergleichende Staat- Kirche-Forschung, Heft 1).

6 Konrad Farner: Theologie des Kommunismus, Frankfurt am Main 1969. Vgl. auch Günter Wirth: Zur Kirchen-, Kultur- und Mittelstandspolitik der CDU [1956], in: Siegfried Prokop (Hg.): Zwischen Aufbruch und Abbruch. Die DDR im Jahre 1956, Berlin 2006, S. 166.

7 Günter Wirth: Karl Liebknecht über Christentum und Kirche. Hefte aus Burgscheidungen Nr. 180 (1971).

8 Im Vorwort von Dorothee Sölle und Klaus Schmidt heißt es (S. 18): "Die gemeinsame Zukunft von Christen und Sozialisten wird sicherlich davon abhängen, wie weit sie bereit sind, ihre jeweilige Überzeugung und Hoffnung radikal in Frage stellen zu lassen - und sie in ständiger Korrelation zueinander aufzuarbeiten. Die Schrift ›Kirche und Sozialismus‹ von Rosa Luxemburg liefert dazu einen wichtigen Beitrag. " - Prof. Dr. Annelies Laschitza teilte dem Verf. im November 2006 mit, es sei von vornherein geplant gewesen, daß die polnischen Schriften Rosa Luxemburgs in Warschau von den dort zuständigen wissenschaftlichen Einrichtungen zur Veröffentlichung im Bd. 6 ihrer Werke vorbereitet werden, darunter auch diese Schrift. Zu dieser Veröffentlichung ist es aber (bisher) nicht gekommen.

9 Hans-Jürgen Gabriel und Günter Wirth: Im Kampf für Frieden und Fortschritt, in: STANDPUNKT, Berlin, 1/1973; Hans-Jürgen Gabriel: Â… da gehen wir einig, in: ebenda, 7/1973.

10 Edwin Hoernle: Staat und Kirche, in: Die Tat, Jena, 12/1920, hier nach: Evangelisches Pfarrerblatt, Schwerin/Dresden, 9- 10/1965 (mit redaktioneller Vorbemerkung vom Verf.). Beim Wiederlesen fällt die begriffliche Präzision und stilistische Brillanz auf. Offensichtlich gehört dieser Text zu den bedeutendsten einschlägigen Arbeiten aus marxistischer Sicht.

11 Horst Dohle u. a. (Hg.): Auf dem Wege zur gemeinsamen humanistischen Verantwortung. Eine Sammlung kirchenpolitischer Dokumente 1945 bis 1966 unter Berücksichtigung von Dokumenten aus dem Zeitraum 1933 bis 1945, Berlin 1967 (dort u. a. die hier erwähnten). Zum NKFD vgl. u. a. Luitpold Steidle: Entscheidung an der Wolga, 19755; Klaus Drobisch (Hg.): Christen im Nationalkomitee "Freies Deutschland". Eine Dokumentation, Berlin 1972; Friedrich-Wilhelm Krummacher: Ruf zur Entscheidung. Predigten, Ansprachen, Aufsätze 1944/1945, Berlin 1965.

12 Jakob Kaiser: Der soziale Staat, Berlin o.J. (1946).

13 Joachim Tiburtius: Christliche Wirtschaftsordnung, ihre Wurzeln und ihr Inhalt, Berlin o.J. (1947). Vgl. hierzu Günter Wirth: Gedanken zur "christlichen Wirtschaftsordnung" in der SBZ in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre, in: Lothar Bossle/Peter Kell (Hg.): Die Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft (Festschrift für Heinrich Kürpick zum 60. Geburtstag), Paderborn 1995. Dort zusätzlich der Hinweis auf Hans Peters: Zwischen gestern und morgen, Berlin 1946.

14 Otto Heinrich von der Gablentz: Über Marx hinaus, Berlin 1946. Zur Programmatik des "Christlichen Sozialismus " vgl. Ralf Thomas Baus: Die Christlich- Demokratische Union Deutschlands in der sowjetisch besetzten Zone 1945 bis 1948, Düsseldorf 2001, S. 255 ff.

15 Zu Alfred Dedo Müller vgl. Günter Wirth: Zur Problemsicht Gadamers, Litts und des Theologen Dedo Müller. Aus den Debatten von 1946 Â…, in: Kritischemanzipatorische Gesellschaftstheorien als Reflex auf die soziale Frage in der bürgerlichen Gesellschaft, Berlin 1991. Ein noch unveröffentlichter Aufsatz des Verfassers über Müllers Buch "Christus oder Prometheus " liegt in seinem Bestand im Archiv der Konrad- Adenauer-Stiftung Sankt Augustin. - Zum Darmstädter Wort vgl. Günter Wirth: Das Darmstädter Wort im Geflecht der geistigen und politischen Auseinandersetzungen in Deutschland 1947, in: In die Irre gegangen? Das Darmstädter Wort in Geschichte und Gegenwart, Berlin 1997 (Schriftenreihe des Instituts für Vergleichende Staat-Kirche- Forschung, Heft 4). Dort weitere Belege.

16 Schon im Frühjahr 1951 war J. L. Hromádka in Berlin, traf Otto Nuschke und diskutierte in der Humboldt- Universität mit Heinz Kamnitzer, Walter Hollitscher und Liselotte Richter über Marxismus und Christentum. Vgl. Günter Wirth: Der Bahnbrecher. Zu den Beziehungen zwischen Emil Fuchs und Josef L. Hromádka, in:Walter Bredendiek u. a. (Hg.): Ruf und Antwort. Festgabe für Emil Fuchs zum 90. Geburtstag, Leipzig 1964.

17 Günter Wirth: Heinrich Böll, Berlin 1967, 1969 und 1974. Dort eingehende Charakterisierung des katholischen Milieus 1947/48, erwähnt auch der bei Heuer im Anschluß an Lukács (S. 206) genannte Jesuit Brokmüller - richtig: Klemens Brockmöller.

18 Karl Buchheim: Das Menschenbild des historischen Materialismus, in: Die Neue Ordnung, 3/1946-47.

19 Franz Focke: Sozialismus aus christlicher Verantwortung, Wuppertal 19812; Rudolf Uertz: Christentum und Sozialismus in der frühen CDU, Stuttgart 1981. Vgl. dazu Günter Wirth: Sozialismus in der frühen CDU, in: Deutsche Volkszeitung, Düsseldorf, 5/1982.

20 Vgl. Felix Messerschmid (Hg.): Die Gründung der Gesellschaft Oberschwaben in Aulendorf, Aulendorf 1946. Theodor Steinbüchel wird dort u. a. zitiert mit: "Es wird gewiß keine Erziehung fruchtbar, wenn in den realen, gesellschaftlich- wirtschaftlichen Lebensverhältnissen nicht der Boden bereitet ist, auf dem der Mensch ein menschenwürdiges Dasein führen kann. Im Hinweis gerade auf dieses Letztere hat Marx die Ethik an die realen Voraussetzungen des zu lebenden Ethos erinnert[,] und das ist sein Verdienst, ist zugleich auch der eigentliche und rechte Sinn seiner Geschichtsauffassung. Man kann Ethos nur leben in konkreten Lebensverhältnissen Â…" Vgl. auch Günter Wirth: Das Darmstädter Wort Â… (wie Anm. 15).

21 Wenn ich hier vielfach Arbeiten von mir zitiere, dann hat dies genau damit zu tun, daß ich mich seit 1945 immer von neuem - dann auch beruflich - mit dieser Problematik beschäftigt habe, so daß ich - herausgefordert durch Heuers Buch - an diese Überlegungen gegangen bin und sie durch Teile meiner Lebensarbeit belegen kann.

22 Günter Wirth: Karl Barth 1946 in Berlin, in: STANDPUNKT, Berlin, 12/1988 (= gekürzter Beitrag zur Festschrift von Frau Prof. Dr. Rosemarie Müller-Streisand zum 65. Geburtstag); Otto Meier: Partei und Kirche, Berlin 1947.

23 Als ich in dem damals von mir redigierten "Evangelischen Pfarrerblatt" von Heft 9/1971 bis Heft 6/1972 eine Artikelserie des Kreiskatecheten Herbert Gerhardt, Nordhausen, über das Thema "Zur möglichen Verwendung deutschkundlicher Stoffe im katechetischen Unterricht" abdruckte, hatte ich damit erhebliche Komplikationen mit dem Volksbildungsministerium. Weitere Folgen dieser Art wurden untersagt.

24 Hierzu ausführlich Günter Wirth: Erinnerungen und Erwägungen zur CDU-Kulturpolitik, in: Evemarie Badstübner (Hg): Befremdlich anders. Leben in der DDR, Berlin 2000, S. 476 ff. Der Aufsatz Scharfs erschien, in: Die Kirche, Berlin, 1/1952.

25 Günter Wirth: Nachfolge und Engagement. Zum 110. Geburtstag von Emil Fuchs, Hefte aus Burgscheidungen Nr. 224 (1984).

26 Rudolf Mau: Der Protestantismus im Osten Deutschlands (1945-1990) = Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen IV/3, Leipzig 2005, S. 57 ff; Neue Zeit vom 29. Juni 1956.

27 Zu Olof Klohr vgl.Wolfgang Kaul: Zu Verlauf und Resultaten des Säkularisierungsprozesses in der DDR, in: Säkularisierung in Ost und West Â… (vgl. Anm. 5). Zu Hans Lutter vgl. Günter Wirth: Zu dem Aufsatz von Hans Lutter, Zur Geschichte des Atheismus in der DDR, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Berlin, 1/2002.

28 Wolfgang Ullmann: Kirchengeschichte oder Christentumsgeschichte? Ein Diskussionsbeitrag, in: Joachim Rogge und Gottfried Schille (Hg.): Theologische Versuche XII, Berlin 1981, S. 124 f.

29 Wolf Krötke: Karl Barth und Dietrich Bonhoeffer in der DDR. Zur Rezeptionsgeschichte ihres Denkens in Kirche und Theologie, in: Peer Pasternack (Hg.): Hochschule & Kirche, Theologie & Politik. Besichtigung eines Beziehungsgeflechts in der DDR, Berlin 1996, S. 28 ff.; Günter Wirth; in: ebenda, S. 78 ff.

30 Horst Dohle u. a. (Hg.): Auf dem Wege zur gemeinsamen humanistischen Verantwortung Â… (wie Anm. 11); Günter Wirth u. a. (Hg.): Auf dem Wege der sozialistischen Menschengemeinschaft. Eine Sammlung von Dokumenten zur Bündnispolitik und Kirchenpolitik 1967 bis 1970, Berlin 1971. Die Fortsetzung dieser Dokumentation wurde trotz vielfältiger, immer neuer Versuche untersagt; als 1988 "grünes Licht" gegeben wurde, war es schon zu spät.

31 Frederic Hartweg (Hg.): SED und Kirche. Eine Dokumentation ihrer Beziehungen. Bd. 1 (1946-1967), bearbeitet von Joachim Heise; Bd. 2 (1968-1989), bearbeitet von Horst Dohle, Neukirchen-Vlujn 1995.

32 Das Spitzengespräch vom 6. März 1978 - Glücksoder Sündenfall? 20 Jahre danach. Referat von Martin Onnasch (Greifswald), Diskussion im Podium (u. a. mit Manfred Stolpe) und Diskussion im Plenum (u. a. mit Horst Dähn, Christoph Demke, Günter Krusche, Albrecht Schönherr, Günter Wirth) = Schriftenreihe des Instituts für Vergleichende Staat-Kirche-Forschung, Heft 5.

33 Heinrich und Marie Simon: Geschichte der jüdischen Philosophie, Berlin 1984 (zugleich München 1984, später bei Reclam Leipzig).

34 Karl Rose: Grund und Quellort des russischen Geisteslebens. Von Skythien bis zur Kiewer Rus, Berlin 1956; Konrad Onasch: Ikonen, Berlin 1961; Ders.: Groß-Nowgorod und das Reich der heiligen Sophia. Kirchen- und Kulturgeschichte einer alten russischen Stadt und ihres Hinterlandes, Leipzig 1969; Hans-Dieter Döpmann: Die Russische Orthodoxe Kirche in Geschichte und Gegenwart, Berlin 1977; Günter Wirth: Vor dem 60. Jahrestag (Auswahlbibliographie), in: STANDPUNKT, Berlin, 9/1977.

35 Hans-Hinrich Jenssen und Herbert Trebs (Hg): Theologisches Lexikon, Berlin 1978; 1. Auflage der Neubearbeitung, Berlin 1981; Hans-Martin Moderow und Matthias Sens (Hg.): Orientierung Ökumene, Berlin 1987.

36 Walter Beltz war auch am christlich- bzw. religiös-marxistischen Dialog beteiligt, zumal im Umfeld von Schriftstellern wie Stefan Heym, den er beim "König David Bericht" beriet, und Peter Hacks.

37 Bericht über den 8. Parteitag der Christlich- Demokratischen Union vom 12.-15. September 1956 in Weimar, o. O. (Berlin) o. J. (1957), S. 77.

38 Ebenda.

39 Vgl. hierzu Günter Wirth: Erinnerungen und Erwägungen Â… (wie Anm. 24). Die Erklärung Stefan Heymanns zur Abschaffung der Jugendweihe 1950: Neues Deutschland vom 31. März 1950.

40 Neue Zeit vom 24. Mai 1956; Dokumente der CDU. Bd. 2 (1955-1958), Berlin 1958, S. 66.

41 Nach schriftlichen Aufzeichnungen im Privatarchiv des Verfassers.

42 Vgl. u. a. Hermann Wentker: Ost-CDU und Protestantismus 1949-1958. Die Partei der "fortschrittlichen Christen" zwischen Repräsentationsanspruch und Transmissionsaufgabe, in: Kirchliche Zeitgeschichte, Göttingen, 2/1993; Ders.: "Kirchenkampf" in der DDR 1950-1953, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, München, 1/1994; Clemens Vollnhals (Hg.): Die Kirchenpolitik von SED und Staatssicherheit, Berlin 1996; Martin-Georg Goerner: Die Kirche als Problem der SED. Strukturen kommunistischer Herrschaftsausübung gegenüber der evangelischen Kirche 1945 bis 1958, Berlin 1997.

43 Paul Verner und Gerald Götting: Christen und Marxisten in gemeinsamer Verantwortung, Berlin 1971.

44 Albert Norden, in: 13. Parteitag der Christlich- Demokratischen Union Deutschlands. Erfurt 11.-14. Oktober 1972, Bulletin 1, S. 155 ff. Dort hieß es (S. 158) u. a.: "Wir würdigen den Weg Martin Niemöllers. Wir gedenken Paul Schneiders und anderer Märtyrer aus dem christlichen Lager. Wir vergessen nicht, daß schon damals Albert Schweitzers Botschaft der Ehrfurcht vor dem Leben manchen Christen in der Opposition gegen den Nazismus bestärkte und daß die Reden und Aufsätze von Karl Barth nicht wenige zum Widerstand inspirierten."

45 Beiträge zur Deutung von Teilhard de Chardin: Der Mensch im Kosmos = Beilage zur Ausgabe des Union Verlags Berlin. Olof Klohr: Zwischen Wissenschaft und Spekulation; Herbert Trebs: Eine neue Sprachlehre des christlichen Glaubens.

46 Josef L. Hromádka: An der Schwelle des Dialogs, Berlin 1964.Wenigstens ein Abschnitt, der charakteristisch für den Ansatz des tschechischen Theologen war, sei zitiert: "Von Kutter und Ragaz bis zu Barth und Bonhoeffer und Emil Fuchs haben wir von dem tiefen Unterschied zwischen Religion und Evangelium gehört. Durch die ganze Schrift zieht sich der Kampf des lebendigen Gottes gegen falsche Frömmigkeit, Götzendienst, Aberglauben und religiöse Selbstsucht. Die Marxisten haben uns mit ihrem Studium der äußeren Welt sowie ihrer Natur- und Wirtschaftsgesetze die Augen für das geöffnet, was wir schon aus unserem Glauben hätten wissen müssen" (S. 96). Vgl. auch Günter Wirth: Josef L. Hromádka - Souveränität des Glaubens, Berlin 1977 (= Christ in der Welt - Heft 41).

 

in: UTOPIE kreativ, H. 201/202 (Juli/August 2007), S. 724-739

aus dem Inhalt:
VorSatz; Essay EKKEHART KRIPPENDORFF: Die Wiedergeburt Europas - aber aus welchem Geiste? Gesellschaft - Analysen & Alternativen RICHARD SAAGE: Renaissance der Utopie? INGRID LOHMANN: Was bedeutet eigentlich "Humankapital"? Dokumentierte Geschichte CLARA ZETKIN an MARIA REESE: Â… tote kalte Formeln Â… KÄTE und HERMANN DUNCKER: Eine Rußlandreise im Jahr 7 der Oktoberrevolution ERHARD SCHERNER: "Junger Etrusker erteilt Unterricht". Eine Erinnerung an Alfred Kurella Hannah Arendt im Disput MOSHE ZUCKERMAN: Zur Bedeutung von "Eichmann in Jerusalem" FRANK DEPPE: Hannah Arendt und das politische Denken im 20. Jahrhundert GUSTAV AUERNHEIMER: Revolution und Räte bei Hannah Arendt und Rosa Luxemburg Marxismus THOMAS MARXHAUSEN: Kommunistisches Manifest (Bearbeiteter) Vorabdruck eines HKWM-Stichwortes GÜNTER WIRTH: Marxismus, Glauben, Religion. Notwendige Bemerkungen zu einem Buch von Uwe-Jens Heuer GÜNTER MAYER, WOLFGANG KÜTTLER: Postsowjetische Marxisten in Russland DDR konkret SEBASTIAN STUDE: Halle/Saale 1989 MARIO KESSLER: Heimatlose Linke? Überlegungen zu Fritz Lamm und Leo Kofler Festplatte WOLFGANG SABATH: Die Wochen im Rückstau Bücher & Zeitschriften Pär Ström: Die Überwachungsmafia. Das gute Geschäft mit unseren Daten Tobias Singelnstein, Peer Stolle: Die Sicherheitsgesellschaft. Soziale Kontrolle im 21. Jahrhundert (ANDREAS MARCH, PETER ULLRICH) Hermann und Gerda Weber: Leben nach dem "Prinzip links". Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten (FLORIAN WILDE) Peter Bathke, Susanne Spindler (Hg.): Neoliberalismus und Rechtsextremismus in Europa. Zusammenhänge - Widersprüche - Gegenstrategien (HORST HELAS) Stephan Krüger: Konjunkturzyklus und Überakkumulation (Ulrich Busch) Summaries