Der totalitäre Randbereich des Strafrechts

in (15.06.2007)

Das Mittel der Sicherheitsverwahrung gilt zunehmend als adäquate Antwort auf schwere Straftaten. Die Maxime lautet: Sicherheit durch lebenslanges Wegsperren.

Derzeit plant Justizministerin Zypries die Anwendung der nachträglichen Sicherheitsverwahrung auch bei strafrechtlich verurteilten Jugendlichen.
Diese populistischen Wegsperrphantasien erweitern nicht nur stetig den wohl inhumansten Teils unseres Strafrechts. Die Sicherheitsverwahrung ist zudem mit einer Idee von Rechtsstaatlichkeit nicht mehr vereinbar.

Sicherheitsverwahrung ist Â…

Die Sicherheitsverwahrung kann bei schweren Taten zusätzlich zur Strafe angeordnet werden, wenn Verurteilte bereits einmal rückfällig geworden sind. Aufgrund einer Gefährlichkeitsprognose des Gerichts wird nach Absitzen der regulären Strafe die Haft auf unbestimmte Zeit verlängert. Wurde das Stigma der Allgemeingefährlichkeit einmal ausgesprochen, ist es für den Inhaftierten ausgesprochen schwer, zukünftige Gutachter vom Gegenteil zu überzeugen. Eine der letzten Sicherheiten im Knast, dass die Strafe irgendwann ein Ende hat, ist zunichte gemacht, wenn
fragwürdige psychologische Gutachten über die Freilassung entscheiden. Unter Bedingungen sozialer Isolation die eigene Sozialverträglichkeit nachzuweisen, ist jedoch ein fast unmögliches Unterfangen. Die Zahl der so "Verwahrten" hat sich in den letzten sieben Jahren auf knapp 400 Menschen verdoppelt.

...nicht sehr rechtsstaatlich ...

Die rot-grüne Bundestagsmehrheit führte im Jahre 2004 die Möglichkeit einer nachträglichen Sicherheitsverwahrung ein (§ 66b StGB). Diese kann angeordnet werden, wenn eine "fortdauernde Gefährlichkeit" des Verurteilten erst in der Haft erkannt wurde. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht den Anwendungsbereich so strikt begrenzt, dass die nachträgliche Sicherheitsverwahrung faktisch fast nie zur Anwendung kommen kann.
Doch der rechtspolitische Schaden dieser symbolischen Härte ist groß: Verurteilte sollen nicht mehr für eine konkrete, strafbare Handlung zur Verantwortung gezogen, sondern aufgrund ihres tatunabhängigen Verhaltens im Strafvollzug beurteilt werden.
Schon bei der regulären Sicherheitsverwahrung kommt der Bewertung der Persönlichkeit des Verurteilten (als Serienmörder, Triebtäter etc.) eine große Rolle zu. Bei der nachträglichen Sicherheitsverwahrung wird nun nicht mehr eine reale Tat, sondern die Gesinnung des Täters zur Urteilsgrundlage erhoben. Damit wird bei der Schuldzuweisung der Zusammenhang zwischen individueller Verantwortbarkeit (Vorsatz) und einer konkreten Tat aufgelöst. Wegen der damit verbundenen Eingriffe in die moralische Autonomie der Verurteilten weist die nachträgliche Sicherheitsverwahrung also durchaus totalitäre Züge auf.