Inspiration durch Gramsci: Hegemoniepolitik und Die Linke heute

Die Hegemoniekonzeption Gramscis sollte im stärkeren Maße als Leitfaden für die inhaltliche und strategische Ausrichtung linker Politik genutzt werden.

"Du musst die Führung übernehmen" (B. Brecht) 1
Antonio Gramscis Hegemoniekonzeption erfreut sich bei der politischen Linken einer gewissen Beliebtheit. Die "Hegemonie des Neoliberalismus " ist Gegenstand der Kritik. Man will "Risse in ihr herbeiführen" und "Gegenhegemonien errichten". Im wissenschaftlichen Raum ist Gramsci gegenwärtig vor allen Dingen in den internationalen Beziehungen und der Globalisierungsdebatte präsent. Kritische Ansätze versuchen hier die Internationalisierung und Transformation von Staatlichkeit in gramscianischen Kategorien der Hegemonie, des historischen Blocks oder der passiven Revolution zu analysieren (siehe Bieling/Deppe 1996, Cox 1983, Gill 2003). Wenig diskutiert ist dagegen die im engeren Sinne politische Seite Gramscis: seine Parteitheorie, seine Auffassung von kluger Politik und erfolgreicher Strategieentwicklung fortschrittlicher Kräfte in modernen Gesellschaften. Wenig reflektiert - dies gilt insbesondere für die politische Linke - sind die praktischen Implikationen einer Hegemoniepolitik unter Bedingungen des Neoliberalismus. Hegemonie - so scheint es - wird gerne im Munde oder in der Feder geführt, doch letztlich kommt sie über den Status eines einigermaßen heuristischen Analyseinstruments oder eines hohen, aber nicht wirklich einzulösenden Anspruchs an politisches Handeln nicht hinaus.

Meine These ist, dass es lohnt, die Hegemoniekonzeption Gramscis im stärkeren Maße als Leitfaden für die inhaltliche und strategische Ausrichtung linker Politik zu nutzen. Gramsci selbst ordnet der Hegemoniekonzeption eine "erkenntnistheoretische Tragweite" zu (Gramsci 1991 ff., Heft 10, Teil II, § 12: 1264), die sowohl zur Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse als auch zur Strategieentwicklung der Linken einen Beitrag leisten kann. Dabei knüpfe ich an einen postmarxistischen Diskussionsstrang an, der Gramscis Hegemoniekonzeption nicht nur unter staatstheoretischen Gesichtspunkten, sondern ebenfalls unter dem Fokus politischer Rationalitäten und einer spezifischen Logik des Politischen betrachtet (siehe Laclau/ Mouffe 2001: insbes. 47 ff., 139, Marchart 2007: 107). Hegemonie bezeichnet hier nicht nur die Konstellationen der "Vorherrschaft", die sich in historischen Blöcken bündeln und periodisieren lassen. Sie richtet den Blick auch auf die Herausbildung solcher Konstellationen in der Sphäre des Politischen.2 Da Gramscis politische Theorie maßgeblich "Parteitheorie" ist (siehe Deppe 1987: 425), unterbreite ich schließlich einige Vorschläge für eine gramscianisch inspirierte Politik der neuen Partei Die Linke.

Der Charme der Hegemoniekonzeption Gramscis
Hegemoniekonzeption zielt auf die komplexen Machtund Herrschaftsverhältnisse in modernen kapitalistischen Gesellschaften (Buckel/Fischer-Lescano 2007: 11). Diese gründen sich nicht nur auf bloßen (staatlichen) Zwang, der den Individuen gegenübertritt, sie werden vielmehr durch gesellschaftliche Konsensbildung stabilisiert (Gramsci 1991 ff. Heft 10, Teil 1, § 12: 1249): "Die normale Ausübung der Hegemonie auf dem klassisch gewordenen Feld des parlamentarischen Regimes zeichnet sich durch die Kombination von Zwang und Konsens aus, die sich in verschiedener Weise die Waage halten, ohne dass der Zwang zu sehr gegenüber dem Konsens überwiegt ..." (Gramsci 1991 ff., Heft 13, § 37: 1610).

In sozialen und politischen Auseinandersetzungen muss es einer Gruppe gelingen, das eigene, besondere Interesse zum allgemeinen Interesse zu erheben und so "hegemonial" zu machen. Andere Interessenlagen müssen dazu gebracht werden, das jeweils besondere Interesse einer Gruppe als Allgemeines anzuerkennen. Dieser Kampf um die Konsensbildung spielt sich auf dem Terrain der so genannten Zivilgesellschaft ab. Sie grenzt sich von staatlichen Zwangsapparaten ab und umfasst beispielsweise Vereine, Bürgerinitiativen, Betriebe, öffentliche Räume, Schulen, Universitäten, kurz: sie umfasst das Zusammenleben. Sie ist Ort hegemonialer Auseinandersetzungen. Hier konstituieren sich die Lebens- und Wahrnehmungswelten der Menschen, die in gesellschaftliche Kräfteverhältnisse eingebunden sind und diese gleichzeitig konstituieren. Hegemonien weisen eine eigene Materialität auf, eine Verdichtung und Stabilität, die eine "gelebte, habituelle und gesellschaftliche Praxis" darstellen (Eagelton 2000: 136). Sie sind nicht auf eine ideologische Verkleisterung ökonomischer Basiskonflikte zu reduzieren. Bei Hegemonien handelt es sich deshalb ausdrücklich nicht um "individuelle Schrullen" (Gramsci 1991 ff., Heft 7, § 21: 877), sondern um verfestigte Bewusstseinsformen, die das harte Holz der Macht- und Herrschaftsverhältnisse ausmachen. Dadurch rücken Phänomene in den Blick, die wir für selbstverständlich und eher vorpolitisch halten: unsere ethisch-politische Weltauffassung, Deutungsmuster, Gegenwartsdiagnosen, Vorstellungen von dem, was "Natürlich" und "Unnatürlich" ist. Diese (Wahrnehmungs-) "Prismen" und "Filter" werden durch die Hegemoniekonzeption politisiert und in den Horizont der Macht- und Herrschaftsverhältnisse eingeordnet (Fontana 1993: 8). Auch die Grenzziehungen zwischen Öffentlichem und Privatem, zwischen Agenda und Non-Agenda sowie die Produktion von Handlungsdruck, die Rolle statistischer Erhebung und wissenschaftlicher Expertise für die Durchsetzung politischer Projekte können so "politisch" betrachtet werden.

Die Trennung zwischen staatlichen Zwangsapparaten (Staat im engeren Sinn) und ziviler Gesellschaft, wie sie insbesondere in der Tradition Max Webers präsent ist, hebt Gramsci in seiner Konzeption des erweiterten, integralen Staates auf (Gramsci 1991 ff., Heft 6, § 88: 783). Dieser umfasst sowohl die staatlichen Zwangsapparate als auch zivilgesellschaftliche Strukturen. Gramscis Ansatz kontrastiert damit einerseits zu bestimmten "marxistischen" Traditionslinien, die dazu neigen, einen reduktionistischen Begriff der Produktionsverhältnisse aufzunehmen und den Staat ausschließlich unter Gesichtspunkten physischer Gewaltsamkeit und der direkten Durchsetzung ökonomischer Klasseninteressen zu analysieren (siehe kritisch dazu Poulantzas 2002: 41 ff.). Andererseits kontrastiert Gramscis Ansatz aber genauso mit einer optimistisch-verklärten Sicht auf die Zivilgesellschaft, wie sie z. B. in den aktuellen Diskussionen um Global Governance vertreten werden (siehe z. B. Schwan 2007). Gramscis Zivilgesellschaft ist ausdrücklich kein Raum der herrschaftsfreien Deliberation. Sie bildet das Terrain der Auseinandersetzungen um "Vorherrschaft": Zivilgesellschaft ist, wie Gramsci zeigt, noch nicht einmal eine umgrenzte Sphäre der Gesellschaft, sondern das Ensemble all dessen, was in einer Gesellschaft relevant ist für das Ringen um Hegemonie oder für die Bildung eines geschichtlichen Blocks als Grundlage politischer Macht" (Haug 2004).

Insofern plädiert Gramsci für einen ausgesprochenen Zivilgesellschaftsrealismus und einen analytischen Blick auf die Herausbildung zivilgesellschaftlicher Zusammenhänge. Gleichzeitig bleibt sie das Terrain, auf dem hegemoniepolitische Ressourcen und Veränderungen generiert werden.

Dabei bezieht sich der Verallgemeinerungsprozess der Interessenlagen immer auf bestimmte soziale Gruppen. Das "eigentlich politische Element" besteht jedoch "darin ..., dass auch andere und untergeordnete Gruppen ihre Interessen übernehmen und teilen" (Demirovic 2007: 30). In diesem "eigentlich politischen Moment" ringen soziale Gruppen um die Definitionshoheit über das Allgemeinwohl. Hegemonie ist somit konstitutiv mit der Fähigkeit zu politischer Führung und Verallgemeinerung verbunden, die von unterschiedlichen gesellschaftlichen Parteien bewiesen werden muss (Gramsci 1991 ff., Heft 10, Teil I , § 7: 1238 f.). Damit ist eine besondere Sphäre mit eigenen Spielregeln und eigener Funktionslogik gemeint. Gramsci behauptet eine relative Autonomie des Politischen, in der sich "Parteien" geschickt behaupten, große und kleine Politik betreiben und vermitteln müssen (Deppe 1987: 423 ff.). Das Politische ist ein Feld der Problematisierung, das auf gesellschaftliche Konfliktlinien bezogen bleibt, ohne sie im Verhältnis "eins zu eins" zu spiegeln. Unterschiedliche Interessenlagen und Weltauffassungen werden in ein gemeinsames Artikulationsverhältnis gestellt (Laclau/Mouffe 2001: 130). Um hegemoniefähig zu werden, müssen politische "Parteien" auf der Klaviatur dieser Artikulationsprozesse spielen.

Ernesto Laclau und Chantal Mouffe arbeiten diese These zur Funktionslogik des Politischen aus Gramscis Hegemoniekonzeption heraus und erweitern sie um die Vorstellung von "Äquivalenzketten ", in der unterschiedliche Interessenlagen und Subjektpositionen in ein gemeinsames Verhältnis hegemonialer Artikulation gesetzt werden. Sie versuchen so die polittheoretischen Defizite des Arbeitsbewegungsmarxismus einzuholen, der das Politische aus einem ökonomistisch reduzierten Begriff der Produktionsverhältnisse "abgeleitet" hatte. Vielmehr gehen sie - unter Rückgriff auf Louis Althusser - von einem anderen Gesellschaftsbegriff aus, in dem unterschiedliche Instanzen (Ökonomie; Staat, Ideologie) verknüpft werden, die jeweils relative Autonomie genießen und gerade nicht direkt durch die "ökonomische Basis" determiniert sind (siehe Althusser 1977).

Das Politische als Feld zu begreifen, auf dem sich Äquivalenzketten herausbilden, bedeutet einen grundsätzlichen Perspektivenwechsel: Unterschiedliche Positionen sind nicht "notwendig" miteinander verknüpft, vielmehr ist es Aufgabe politischen Handelns, die Verkettung unterschiedlicher Kämpfe und Interessenlagen praktisch herzustellen (ebenda: 178, 185, Mouffe 2005: 38). Am Beispiel der aktuellen Diskussionen um das "Prekariat" lässt sich dies verdeutlichen. Ein Gedankenspiel: Wird die "Verwundbarkeit" (siehe Castel 2000: 360 f.) in materieller und rechtlicher Hinsicht als Kriterium für das Prekariat zum Ausgang genommen, fallen hierunter sowohl Beschäftige im Niedriglohnbereich des Dienstleistungssektors als auch Wissensarbeiter oder Free-Lancer in der IT-Branche. Prekarisierte Wischmobs treffen auf prekarisierte Laptops. Es liegen vollkommen verschiedene Arbeits- und Lebenswelten vor. Zusätzlich sind die Prekarisierten keine geschlechtsneutralen Subjekte, sondern Männer und Frauen, die sich durch die diesbezüglichen Zuschreibungen und Machtverhältnisse hindurch konstituieren. Beschäftigte in Normalarbeitsverhältnissen werden zwar durch die wachsende Zone der Verwundbarkeit zunehmend zu Zugeständnissen an die Arbeitgeberseite gezwungen, beharren aber schon erst einmal auf der Sicherung und Stabilisierung ihrer Arbeitsverhältnisse. Da Prekarität auch als "Herrschaftsform" (Bourdieu) problematische Auswirkungen auf die Möglichkeiten demokratischer Partizipation hat, erwärmen sich linksliberale Kreise für die Diskussion um das "Prekariat " unter eher demokratiepolitischen Gesichtspunkten. Kommt dann noch das Verhältnis von In- und Ausländern ins Spiel, erweitert sich das Gedankenspiel um eine weitere Dimension.

Die Konzeption von Äquivalenzketten versucht aus dieser Unübersichtlichkeit ein Modell zu entwickeln, das politische Handlungsfähigkeit ermöglicht. Dabei rücken Laclau und Mouffe von der Vorstellung ab, Interessen ließen sich schematisch unter im engeren Sinne ökonomischen Erwägungen bestimmen. Im Gegenteil überlagern sich gesellschaftliche Machtverhältnisse, Diskurse und Praktiken. Um im Politischen handlungsfähig zu werden, müssen unterschiedliche Interessenlagen in Form und Inhalt "verkettet" werden.

Der Hinweis darauf, dass alles mit allem zusammenhänge oder sich das Eine durch Andere ausdrücke, reicht in diesem Sinne als hegemoniepolitische Fundierung nicht aus. Im Gegenteil erzeugt eine ernst gemeinte Hegemoniepolitik Zusammenhänge nicht, indem sie spekulative Strukturzusammenhänge zu einem "verborgenen Gott" (Gramsci 1991 ff., Heft 10, Teil 1, § 8: 1241) erhebt, der sich in allen gesellschaftlichen Problemlagen "ausdrückt", sondern indem sie Spannungen zwischen unterschiedlichen Interessenlagen anerkennt und gleichzeitig durch Verknüpfung und gemeinsame Artikulation politisch handlungsfähig macht.3

Der Charme der Hegemoniekonzeption besteht in diesem Wechselspiel: Sie kann auf der einen Seite erklären, wie sich soziale und politische Einheit und eine Verfestigung komplexer Macht- und Herrschaftsverhältnisse herausbilden, auf der anderen Seite öffnet sie den Blick für die Möglichkeitsspielräume fortschrittlicher Politik (Laclau/Mouffe 2001: 48 ff.). Für die Parteien ergibt sich daraus eine doppelte Aufgabe: Sie müssen die (vor-)politischen Selbstverständlichkeiten bearbeiten. Dafür benötigen sie ein kohärentes Programm "intellektueller und moralischer Reform" (Gramsci 199 ff., Heft 13, § 1: 1539), das in Form und Inhalt bestehende Weltauffassungen herausfordert und einen alternativen Entwicklungsweg propagiert. Gleichzeitig sollten sie im (engeren) politischen Moment präsent sein und geschickt mit seiner Funktionslogik arbeiten.

Der moderne Fürst - Drei Aspekte der Parteitheorie Gramscis 4
Gramsci greift auf Machiavellis "Der Fürst" zurück, um die Aufgaben und Herausforderungen der kommunistischen Parteien zu beschreiben. Sie spielen die Rolle von "modernen Fürsten". Dabei begreift Gramsci Machiavelli nicht als Stichwortgeber für rücksichtsloses Machthandeln, zu dem er fälschlicherweise in der populärwissenschaftlichen Literatur gemacht wird. Er legt eine republikanische Lesart des "Fürsten" nahe: Gramsci liest ihn als "politisches Manifest" (Gramsci 1991 ff., Heft 13, § 1: 1535), das davon handle, "wie der Fürst sein muss, um ein Volk zur Gründung eines Staates zu führen" (ebenda: 1536). Machiavelli lege einen Aufruf vor, um zu einer Vereinigung Italiens und zur Überwindung des Kleinkrieges zwischen den Fürstentümern zu gelangen.

Ähnlich wie Machiavelli in der frühen Neuzeit das Politische aus dem Horizont des Religiösen herauslöst und säkularisiert, bricht Gramsci mit einer mechanistischen Perspektive auf das Politische. Bei ihm bleibt es zwar auf die Produktionsverhältnisse bezogen, bildet aber eine eigene Sphäre, die offen für Kontingenzen und geschicktes politisches Handeln ist. Um die Herausforderungen des Politischen zu meistern, entwirft Gramsci Anforderungen an die modernen Fürsten. "Der moderne Fürst, der Fürst-Mythos kann keine wirkliche Person, kein konkretes Individuum sein, er kann nur ein Organismus sein; ein komplexes Gesellschaftselement, in welchem ein Kollektivwille schon konkret zu werden beginnt, der anerkannt ist und sich in der Aktion teilweise schon bewährt hat" (Gramsci 1991, Heft 13, § 1: 1537).

Demnach konzipiert Gramsci den modernen Fürsten erstens als komplexen "Kollektivwillen". Die Partei wäre somit eine Art Bündniskonstellation, in der sich ein Kollektivwille herausbilden kann. Sie muss beides leisten: Die Fähigkeit zur Verallgemeinerung unter Beweis stellen und das Besondere anerkennen. Die Partei nimmt unterschiedliche Interessen auf und assoziiert sie in einem Kollektivwillen, der in der Auseinandersetzung um Hegemonie bestehen kann. Die Pluralität von Interessenlagen und Spannungen innerhalb des Kollektivwillens sind notwendige Bestandteile der Partei, die produktiv gemacht und ausgetragen werden müssen. Diese Form der Assoziation reicht allerdings nicht aus. Zweitens benötigt der moderne Fürst ein Programm "intellektueller und moralischer Reform ", das auf der Ebene der Weltauffassung und des Alltagsverstands der Menschen Veränderungen bewerkstelligt. Dafür gilt es das "gesamte System intellektueller und moralischer Verhältnisse" in einer Gesellschaft zu bearbeiten (Gramsci 1991 ff., Heft 13, § 1:1540), d.h. auch kulturelle und lebensweltliche Fragen in den Blick zu nehmen. Die moralische und intellektuelle Reform soll zu einer "höheren und totaleren Form moderner Zivilisation" führen (ebenda). Der moderne Fürst beansprucht in Form und Inhalt, maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung der gesellschaftlichen Zukunft zu nehmen. Er kämpft um die Modernität. Er will nach vorne. Drittens kann ein solches Programm "moralischer und intellektueller Reform" nicht voluntaristisch erfunden werden. Es setzt vielmehr an bestehenden Konstellationen an. Die Suche und die Entwicklung eines solchen Programms ist kein abstrakter Ideenwettbewerb. Ein Programm moralischer und intellektueller Reform wird aus sozialen Auseinandersetzungen, militanter Untersuchung und politischer Praxis destilliert. Dabei verknüpfen sich politische Inhalte mit politischen Organisationsformen. Ein Programm moralischer und intellektueller Reform thematisiert insbesondere (vor-)politische Selbstverständlichkeiten, etabliert andere Wissensformen und Führungsmechanismen.

Der moderne Fürst sollte aber schon "anerkannt" sein und sich "bewährt" haben. Dies ist ein interessanter Aspekt, der Forderung Gramscis nach einem "dem Jakobinismus gewidmeten Teil des Fürsten": "Der moderne Fürst muss einen dem Jakobinismus (in der umfassenden Bedeutung, die diese Bezeichnung historisch gehabt hat und begrifflich haben muss) gewidmeten Teil haben, als Beispiel dafür, wie ein Kollektivwille konkret sich herausbildet und gehandelt hat, der zumindest in einigen Aspekten eine Neuschöpfung, ursprünglich war" (ebenda: 1538).

Der Jakobinismus steht in dieser Verwendung für die Tradition demokratischer Revolutionen (Valenza 1976: 11). Der moderne Fürst bezieht sich hier einerseits auf Bestände des politisch Imaginären, einer bestimmten, etablierten Matrix, die unser Nachdenken über das Politische strukturiert (Mouffe/Laclau 2001: 152 ff.). Auf diesem Feld ringen politische Strömungen um historische Bezugspunkte und Deutungsmacht. Gleichzeitig jedoch schlägt der Fürst neue Modalitäten und Ordnungen vor, um die bestehenden Realitäten radikal zu überwinden (Fontana 1993: 99). Auch hier entsteht ein Wechselspiel zwischen der notwendigen Bezugnahme auf bestehende Realitäten und Bewusstseinsformen und dem Programm einer moralischen und intellektuellen Reform.

Hegemoniepolitik und Die Linke
Die Linke tritt in eine weitere wichtige Phase ein. Nachdem Linkspartei und WASG die organisatorischen Hürden der Parteiverschmelzung überwunden und sich auf programmatische Eckpunkte geeinigt haben, geht es nun darum, die inhaltlich-strategische Ausrichtung der neuen Linken sowie ihren Platz im politischen System und im gesellschaftlichen Leben zu bestimmen. In den "Blättern für deutsche und internationale Politik" wurden drei Zukunftsszenarien für die neue Linke entworfen (siehe Scharenberg 2007): Entweder suche sich die Linkspartei (1) die Rolle der KPD der 20er Jahre als "ideologische Trutzburg", werde (2) zu einer Art "Sozialstaatspartei " trade-unionistischen Typs oder etabliere sich (3) als "linke Volkspartei". Wie auch immer man im Einzelnen zu diesen Zukunftsszenarien steht, sie verweisen auf die Notwendigkeit, eine inhaltlich-strategische Orientierung für die nächsten Jahre und eine Selbstbeschreibung des Projekts zu entwickeln.

Dazu können Programmkommissionen Impulse geben, faktisch jedoch bilden sich solche Selbstbeschreibungen in der politischen Praxis heraus. Vielleicht ist es lohnenswert, politische Ansätze zum Ausgangspunkt zu nehmen, die auf den ersten Blick übergreifend von Mitgliedern, vom politischen Umfeld und im Funktionärskörper geteilt werden. Sie können als Leitfaden in der Diskussion um die inhaltlich-strategische Ausrichtung der neuen Partei dienen und so unterschiedliche Positionen und Vorstellungen auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin prüfen. Einen solchen Leitfaden könnte Gramscis Hegemoniekonzeption abgeben. Aus dieser gramscianisch inspirierten Perspektive sind jedoch einige Implikationen für Diskussion um die inhaltlich-strategische Ausrichtung der Partei verbunden.

Dies betrifft erstens das Verhältnis von Hegemoniepolitik und wahlarithmetischer Analyse. Die Linke ist auf weitere Wahlerfolge in Ost und West und auf eine "wahlpolitische" Orientierung angewiesen, die positive Korrelationen mit bestimmten Wählerspektren und Parteien zum Ausgang nimmt (siehe z. B. Walter et al. 2007). Ohne eine wahlpolitische "Bewährung" und "Anerkennung" der neuen Linken versumpft auch die Diskussion entlang eines Leitfadens um Hegemonie. Eine inhaltlich-strategische Ausrichtung mit dem Ziel, neue Hegemonien zu errichten, kann aber ausdrücklich nicht nur auf wahlarithmetischen Überlegungen fußen. Vielmehr gilt es zu einer qualitativen, inhaltlichen Analyse der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse, der Interventionsfelder und Möglichkeitsspielräume linker Politik vorzudringen. Hegemoniepolitik kann nicht wahlarithmetisch bestimmt werden. Sie muss inhaltlich fundiert sein, damit sich zumindest ansatzweise Konturen eines Programms "moralischer und intellektueller Reform" herausbilden können. Dabei sollten in hegemoniepolitischer Perspektive zwei Aspekte berücksichtigt und aufgenommen werden: Um in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung längerfristige Fortschritte zu erzielen, sollte Die Linke einerseits deutlicher machen, dass sie tatsächlichen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung nehmen will. Sie muss den Kampf um die Modernität und eine "Gesellschaftsalternative" (Fausto Bertinotti) annehmen und Wege in diese Richtung suchen. 5 Die Politik der Linken darf nicht nur als gerechter oder besser gemeint, sondern sollte in Form und Inhalt als überlegen und zeitgemäß wahrgenommen werden. Die positiven Prognosen eines bundesweiten Wählerblocks von über 10 Prozent sind schmeichelhaft, können aber auch zu inhaltlicher Genügsamkeit führen. Statt sich schwerpunktmäßig darauf zu beschränken, den anderen Parteien Ressourcen streitig zu machen, erfordert eine hegemoniepolitische Ausrichtung weitergehende Akzente: Deutliche inhaltliche Alternativen, Präsenz in den sozialen Kämpfen und in der - gramscianisch verstandenen - Zivilgesellschaft, Erneuerung linker Politik unter Bedingungen der Globalisierung und des Finanzmarktkapitalismus, Verbindungen in gesellschaftliche Teilbereiche, in die Gewerkschaften und in das kulturelle Leben ausbauen und auf qualitative (nicht bloß rhetorische oder traditionale) Grundlagen stellen. Dazu bräuchte es zuvorderst eine ernsthafte Analyse der gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen und ihrer Widerspruchskonstellationen, um Ansatzpunkte auszumachen. Die Partei müsste in stärkerem Maße Räume für Aufklärung zu Verfügung stellen. So können inhaltliche Diskussionen unter Beteiligung der Mitgliedschaft geführt, die politische Kultur der Partei entkrampft und anti-autoritär geöffnet werden.

Andererseits bedeutet eine hegemoniepolitische Ausrichtung eine Reflexion der politischen Formen und des Machttypus, den die Partei repräsentiert. Ein Programm moralischer und intellektueller Reform sollte nicht nur inhaltlich, sondern auch in seinem "Führungsstil ", in seiner politischen Kultur und den Kommunikationsstrukturen begründet sein. Vielleicht sind es weniger die inhaltlichen Vorschläge der Linken als der antiquierte Machttypus, den sie bisher repräsentiert, der ihr den Vorwurf des Konservatismus einbringt. Techniken der Führung, insbesondere der Selbstführung der Individuen, haben sich in den letzten Jahren massiv gewandelt und damit auch die Erwartungshaltungen an überlegene Machttypen und Steuerungsformen. Das Zeitalter des Neoliberalismus ist durch eine spezifische Gouvernementalität gezeichnet, die die Machtverhältnisse und (Selbst-)Führungstechniken restrukturiert (siehe Foucault 2006a, 2006b). Eher dezentrale Steuerungsmechanismen, Teamarbeit und Einbindungstechniken sind auf dem Vormarsch, auch wenn Gegentendenzen und Brüche festzustellen sind. Freilich ist dieser Umbau nicht selten mit einer neoliberalen Agenda verbunden und politische Ansätze, eine Art "Neoliberalismus von links" zu praktizieren, sind seit der Mitte der neunziger Jahre in Europa grandios gescheitert. Trotzdem kann eine linke Politik im Neoliberalismus nicht hinter das Niveau dieser etablierten Machttypen zurückfallen und so tun als wäre nichts gewesen. Sie muss selbst politische Praktiken und Führungsmechanismen entwerfen, die das inhaltliche Anliegen eines "Bruchs nach vorne" mit dem Neoliberalismus befördern. Die Konturen eines Programms moralischer und intellektueller Reform sind in hegemoniepolitischer Perspektive nicht nur inhaltlich- konzeptuell, sondern auch auf der Ebene der politischen Kultur und des Führungsstils zu suchen, den die Partei nach innen und außen pflegt.

Diese beiden Aspekte schlagen den Bogen zu Gramscis Parteitheorie. Der moderne Fürst verkörpert einen Modus politischer Führung und Verallgemeinerung. Er kann ihn aber nur entwickeln, wenn er sich selbst lernend und dialogbereit den gesellschaftlichen Verhältnissen stellt, um sie mit einem radikalen politischen Programm zu konfrontieren.6 Das Verhältnis der Führung und des Geführtwerdens ist bei Gramsci keine autoritäre Bevormundung einer der beiden Seiten. Es stellt ein pädagogisches Verhältnis dar, in dem die Rolle des Lernenden und des Lehrenden ständig wechseln (Fontana 1993: 106 f.).

Zweitens gilt es, an der Herausbildung eines "Kollektivwillens" zu arbeiten. Ein solches Gebilde wird durch politisches Handeln aktiv hervorgebracht. Unterschiedliche Interessenlagen müssen anerkannt und verknüpft werden. Laclau und Mouffe radikalisieren Gramscis Ansatz und führen den Begriff der "Äquivalenzketten" ein, die sich durch das Prinzip gemeinsamer Artikulation unterschiedlicher Anliegen herausbilden. So kommen Verallgemeinerung und Besonderheit in ein ausgewogenes Verhältnis. Die politische Partei spielt die Klaviatur der Verallgemeinerung und Verknüpfung, sie kennt aber gleichzeitig die besonderen Interessenlagen und fegt sie nicht hinweg. Dafür sind gegenwärtig zwei weitere Anliegen zentral: Zum einen sollte Die Linke den Mut zu einer erneuerten, klassenanalytischen Fundierung ihrer Politik aufbringen. Die Veränderungen und Differenzierungsprozesse in den Produktionsverhältnissen und das Auftauchen von Prekarisierungstendenzen sind Grund genug, um mit einem geschärften Blick unterschiedliche Interessenlagen der Klassenfraktionen nachzugehen und sie inhaltlichkonzeptuell aufzugreifen, statt die "Einheit der Arbeiterklasse" rhetorisch zu beschwören, aber praktisch politisch nichts dafür zu tun. Zum anderen gilt es, die Vielfalt der Macht- und Herrschaftsverhältnisse anzuerkennen und zum Ausgangspunkt einer politischen Agenda zu machen. Dazu gehören Fragen der Demokratiepolitik, der Migration und der Gleichstellung. Es geht um nichts weniger, als die gegenwärtigen Produktionsverhältnisse "gesellschaftlich" und nicht bloß "ökonomisch" zu begreifen. Nebenbei bemerkt: Dies kommt dem Marxschen Anliegen universeller Emanzipation näher. Schließlich gilt der kategorische Imperativ, "Â… alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen" ist (MEW 1: 385).

Dass linke Politik ein Programm universeller Emanzipation befördern sollte, geht über den Status eines normativen Fluchtpunktes hinaus. Es ist eine Erwartungshaltung an Die Linke, die tief in der Bevölkerung verwwurzelt ist. Dazu tritt eine andere Komponente des Alltagsverstands: Von einer politischen Partei wird erwartet, dass sie mehr darstellt als eine "Spiegelung" bestimmter Interessen einzelner Klassenfraktionen im politischen Raum. Sie braucht ein Programm moralischer und intellektueller Reform, das Interessen verbindet und artikuliert. Sie muss sich geschickt in der Sphäre des Politischen verhalten und gewissermaßen mit dieser Funktionslogik "spielen" können.

Drittens schließlich gilt es darüber zu diskutieren, welche Bestandteile des politisch Imaginären Die Linke anruft. Dabei ist das politisch Imaginäre weniger zu begreifen als in sich stimmiger Bestand, sondern als Ebene, die sich aus unterschiedlichen Bestandteilen historisch-politischer Geschichte zusammensetzt. Die demokratische Revolution, auf die Gramsci in seiner Machiavelli-Rezeption anspielt, ist dort genauso präsent wie die konservative Revolution und wahrscheinlich vieles dazwischen. Die Linke hat sich über das in der Bevölkerung der BRD tief verankerte Prinzip der Sozialstaatlichkeit konstituiert. Fraglich ist häufig, ob sie diesen Bestandteil des politisch Imaginären anruft und mit der Tradition der demokratischen Revolution, der Aufklärung und ihres universellen Emanzipationsversprechens verbindet oder ob sie sie eher mit konservativen, fortschrittsskeptischen Bestandteilen anreichert. Beide Strategien erscheinen in Zeiten, in denen alle anderen Parteien weder links noch rechts sein wollen, rein wahlarithmetisch Erfolg versprechend (siehe Walter 2007: 339 ff.).

Die Linke darf sich hier jedoch keine Zweideutigkeit erlauben. Sie sollte genau herausarbeiten, welche Bestandteile des politisch Imaginären sie anruft und von welchen Bestandteilen sie sich programmatisch grundsätzlich abgrenzt. Das Prinzip der Sozialstaatlichkeit, der Demokratie und der Anspruch auf universelle Emanzipation sind elementare Bestandteile des politisch Imaginären der Linken. Ihre Kritik am globalisierten Kapitalismus bezieht sich im Kern nicht auf den Verlust von Traditionen oder Moral, nicht auf die Auflösung traditionaler Bindungen und die Herausbildung komplexer gesellschaftlicher Strukturen. Sie nimmt im Gegenteil zum Ausgang ihrer Kapitalismuskritik, dass die kapitalistische Produktionsweise strukturelle Hürden für die Realisierung der im Modernisierungsprozess angelegten Freiheitspotentiale aufbaut (siehe Gysi 2007: 310, Lafontaine 2007).

Konkret wird dies beispielsweise am Verhältnis der Linken zur Globalisierung und zur Europäischen Union: Ist Die Linke alteroder antimondialistisch? Ist sie für eine andere europäische Union oder die Restituierung eines nationalstaatlichen Souveränismus? Provokanter formuliert: Knüpft Die Linke an der in der Bevölkerung weit verbreiteten Hoffnung auf eine europäische Einigung, auf Frieden und soziale Sicherheit in einer demokratischen EU an oder entwirft sie normativ und strategisch nicht überzeugende Strategien der Renationalisierung? Arbeitet Die Linke gemeinsam mit Parteien aus der eher eurokommunistischen Tradition an einer europäischen Gesellschaftsalternative und einer Stärkung der Partei der europäischen Linken? Oder stärkt sie einen linkspopulistisch-euroskeptischen Parteienblock?

Wie auch immer: In allen drei Bereichen - politische Kultur und Führungsfähigkeit, Herausbildung eines Kollektivwillens, Anrufung des politisch Imaginären -, die für ein Programm moralischer und intellektueller Reform notwendig zu diskutieren sind, besteht Handlungs- und Klärungsbedarf. Das politische Zentrum der neuen Linken ist gefordert, mit eigenen Vorschlägen aufzutreten und aus dem inhaltlich-strategischen Dornröschenschlaf zu erwachen. Dies erscheint vielversprechender als dem innerparteilichen Markt der strömungspolitischen Möglichkeiten gärtnerisch-beihaltend - nach links und rechts - nachzukommen. Nur mit eigenen Vorschlägen für eine inhaltlich-strategische Ausrichtung der neuen Linken aus dem politischen Zentrum kann einer geradezu paranoiden Diskussionskultur vorgebeugt werden, in der jeder skeptische Einwand als reformistisch diffamiert und jeder gesunde Radikalismus mit Nasenrümpfen kommentiert wird. Für eine Neubegründung linker Politik im 21. Jahrhundert muss das politische Zentrum der Partei beherzt seine Funktion als inhaltlich-strategischer Impulsgeber wahrnehmen.

Literatur

Althusser, Louis 1977: Ideologie und ideologische Staatsapparate. Aufsätze zur marxistischen Theorie, Hamburg.
Althusser, Louis/Balibar, Etienne 1997: Reading Capital, London/New York.
Bieling, Hans-Jürgen/Deppe, Frank 1996: Neo-Gramscianismus in der internationalen politischen Ökonomie, in: Das Argument 38 (5/6), 729-740.
Buckel, Sonja/Fischer-Lescano, Andreas 2007: Einleitung, in: Buckel, Sonja/Fischer-Lescano 2007: Hegemonie gepanzert mit Zwang - Zivilgesellschaft und Politik im Staatsverständnis Antonio Gramscis, Baden-Baden, 11-18.
Burchell, Graham 1996: Liberal government and techniques of the self, in: Barry, Andrew/Osborne, Thomas/Rose, Nikolas (Hrsg.) 1996: Foucault and political reason: Liberalism, Neo-liberalism and rationalities of government, Chicago, 19-36.
Castel, Robert 2000: Die Metamorphosen der sozialen Frage, Konstanz.
Cox, Robert W. 1983: Gramsci, Hegemony and international relations: An essay in method, in: Milllenium, 12 (2), 162-175.
Demirovic, Alex 1987: Nicos Poulantzas - eine kritische Auseinandersetzung, Berlin.
Demirovic, Alex 2007: Politische Gesellschaft - zivile Gesellschaft. Zur Theorie des integralen Staates bei Antonio Gramsci, in: Buckel, Sonja/Fischer-Lescano, Andreas 2007: Hegemonie gepanzert mit Zwang - Zivilgesellschaft und Politik im Staatsverständnis Antonio Gramscis, Baden-Baden, 21-41.
Deppe, Frank 1987: Niccolò Machiavelli - Zur Kritik der reinen Politik, Köln.
Eagelton, Terry 2000: Ideologie: eine Einführung, Stuttgart.
Fontana Benedetto 1993: Hegemony and power - on the relation between Gramsci and Machiavelli, Minneapolis.
Foucault, Michel 2006a: Sicherheit, Territorium, Bevölkerung - Geschichte der Gouvernementalität 1, Frankfurt.
Foucault, Michel 2006b: Die Geburt der Bio-Politik - Geschichte der Gouvernementalität 2, Frankfurt.
Gill, Stephen 2003: Power and resistance in the new order, Houndmills.
Gramsci, Antonio 1991 ff.: Gefängnishefte, Hamburg.
Gysi, Gregor 2007: Ende der Geschichte? - Über die Chancen eines modernen Sozialismus, in: UTOPIE kreativ, Heft 198 (4/2007), Berlin, S. 309-327.
Haug, Wolfgang Fritz: 2004: Was tun? - Die verwandelte Wiederkehr der Gründungsfrage, in: UTOPIE kreativ, Heft 161, Berlin, S. 202-214.
Laclau, Ernesto/Mouffe, Chantal 2001: Hegemony and socialist strategy - towards a radical democratic politics, London/New York, 2. Auflage (1. Auflage 1985).
Lafontaine, Oskar 2007: Freiheit durch Sozialismus, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. 7. 2007.
Marchart, Oliver 2007: Eine demokratische Gegenhegemonie- Zur neo-gramscianischen Hegemonietheorie bei Laclau und Mouffe, in: Buckel, Sonja/Fischer-Lescano 2007: Hegemonie gepanzert mit Zwang- Zivilgesellschaft und Politik im Staatsverständnis Antonio Gramscis, Baden-Baden, S. 105-120.
Mouffe, Chantal 2005: Exodus und Stellungskrieg - Zur Zukunft radikaler Politik, Wien.
Poulantzas, Nicos 2002: Staatstheorie, Hamburg.
Scharenberg, Albert 2007: Dem Morgenrot entgegen?, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 5/2007, Bonn, S. 520-524.
Schwan, Gesine 2007: Good governance als programmatischer Baustein, in: Frankfurter Hefte 4/2007, Bonn, S. 5-11.
Valenza, Pietro 1976: Einleitung, in: Valenza, Pietro (Hrsg.) 1976: Der historische Kompromiss, Hamburg, S. 7-12.
Walter, Franz/Butzlaff, Felix/Micus, Matthias/Spier, Tim 2007: Die Linkspartei - Zeitgemäße Idee oder Bündnis ohne Zukunft, Wiesbaden.
Walter, Franz 2007: Die Linkspartei zwischen Populismus und Konservatismus - ein Essay über Vergreisung als Chance, in: Walter, Franz/Butzlaff, Felix/Micus, Matthias/Spier, Tim 2007: Die Linkspartei - Zeitgemäße Idee oder Bündnis ohne Zukunft, Wiesbaden, S. 339-343.

Kolja Möller - Jg. 1983, studiert Politikwissenschaften in Frankfurt am Main; Mitglied im Bundesvorstand des Studierendenverbandes Die Linke.Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband (Die Linke.SDS) und Kreistagsabgeordneter für Die Linke im Main- Taunus Kreis.

1 Den Begriff "Führung" verwende ich in diesem Text nicht im Sinne von äußerlich- repressiver Verhaltenssteuerung. In Anlehnung an Foucaults Überlegungen zu einer "Analytik der Regierung " nimmt der Begriff der Führung hier die Kontaktpunkte von Techniken der Selbstführung der Individuen und ihrer Fremdführung in den Blick (siehe Foucault 2006a: 140 ff., Burchell 1996: 20).

2 Laclau und Mouffe gehen davon aus, dass "Hegemonie" in der Diskussion der sozialistischen Arbeiterbewegung ursprünglich eingeführt wurde, um dem Problem wachsender Differenzierung innerhalb der Arbeiterklasse zu begegnen (Laclau/Mouffe 2001: 8 ff.).

3 Zur Kritik von Konzeptionen expressiver Kausalität siehe Althusser/Balibar 1997: 186 ff., Demirovic 1987: 18 ff.

4 In der gegenwärtigen Rezeption von Gramscis Parteitheorie wird v.a. von ihrer Flexibilität ausgegangen: Auch Zeitschriften, einzelne organische Intellektuelle usw. könnten unter bestimmten Umständen die Rolle einer "Partei" übernehmen. Ich gehe hier aber erstmal davon aus, dass Partei auch Partei in einem engeren Sinne bedeuten kann.

5 Auch dem demokratischen Sozialismus wäre damit gedient, stärker unter dem Gesichtspunkt einer Gesellschaftsalternative thematisiert und auch historisch rekonstruiert zu werden, statt "als Weg, als Ziel und als Wertesystem", alles und nichts zu sein.

6 Radikalität und Dialogbereitschaft schließen sich hier ausdrücklich nicht aus, sie bedingen einander.

in: UTOPIE kreativ, H. 210 (April 2008), S. 310-320

aus dem Inhalt:
VorSatz; Essay ANDREAS HEYER: Die Utopie des ewigen Lebens. Condorcets Selbstbestimmung zwischen Aufklärung und Revolution; Marxistisches Denken KOLJA MÖLLER: Inspiration durch Gramsci: Hegemoniepolitik und Die Linke heute; ISABEL RAUBER: Macht und Hegemonie. Betrachtungen aus Lateinamerika; KLAUS MARETZKY: Adventismus: ein Stück unbewältigter Vergangenheit im Marxismus? Zu Friedrich Tombergs Sozialismus-Konzept; MARIO KESSLER: Zwischen Genfer Exil und Nachkriegsdeutschland. Hans Mayer, Ossip Flechtheim und Ernst Engelberg zum 30. Januar 1933; Interview MARCEL BOIS, FLORIAN WILDE: "Viele Fragen sind noch heute relevant" Ein Interview mit Philipp Kufferath und Jan Schalauske, den Autoren einer neuen Broschüre über den SDS - den Sozialistischen Deutschen Studentenbund; Gesellschaft: Analysen & Alternativen HUBERT FETZER: Nachhaltiges Energiesystem und Sozialismus; JÜRGEN LEIBIGER: Chancengerechtigkeit, Entwicklung, Ausbeutung; Festplatte WOLFGANG SABATH: Die Wochen im Rückstau; Bücher & Zeitschriften Michael Heine, Hansjörg Herr, Cornelia Kaiser: Wirtschaftspolitische Regime westlicher Industrienationen (ARNDT HOPFMANN); Bernd Greiner: Krieg ohne Fronten - Die USA in Vietnam (MARCUS SCHWARZBACH); Chris Holmsted Larsen: Tiden arbejder for os - DKP og Vietnamkriegen 1963-1973. (Die Zeit arbeitet für uns - Die DKP und der Vietnamkrieg) (PETER BIRKE); Michael Eckardt: Medientheorie vor der Medientheorie. Überlegungen im Anschluß an Georg Klaus (HELMUT METZLER); Summaries