Was ist eigentlich Anarchosyndikalismus?

in (04.12.2008)

Der Anarchosyndikalismus stellt einen Zusammenschluss der anarchistischen Theorie mit der gewerkschaftlichen Praxis dar.

Rudolf Rocker, einer der bekanntesten TheoretikerInnen des Anarchosyndikalismus, stellte in seinem Aufsatz „Der Syndikalismus und seine Aufgaben" den Anarchosyndikalismus als eine Klassenbewegung dar (siehe Artikel „Arbeitszwang? Ich hab' besseres zu tun!"auf dieser Seite), welche sich auf den revolutionären Klassenkampf und direkte Aktionen als Mittel des Kampfes bezieht. Seine Aufgabe sei eine doppelte: Zum einen sollen die Lebensverhältnisse der ArbeiterInnenklasse innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft durch direkte Aktionen (z.B. Streiks, Besetzungen, Sabotage usw.) bestmöglich verändert werden. Da diese im wirtschaftlichen Bereich liegen, liegt eine Organisation in Gewerkschaften auf der Hand. Zum anderen soll gleichzeitig der Kampf für eine grundsätzliche Veränderung der Gesellschaft geführt und vorbereitet werden. Denn der Anarchosyndikalismus tritt für eine Gesellschaft ein, in der alle Teile des Lebens in Selbstverwaltung, von den Betroffenen, geleitet wird. Deshalb gilt ihm nicht nur der Betrieb als Bezugspunkt von Kämpfen sondern auch die Schule, die Uni, der Stadtteil usw. Der Anarchosyndikalismus lehnt die Trennung des wirtschaftlichen und des politischen Kampfes ab, wie er insbesondere von SozialdemokratInnen propagiert wird, er fordert statt dessen einen Kampf ums ganze.

AnarchosyndikalistInnen wollen aber nicht auf den großen Tag der Revolution warten, sondern schon jetzt ihr Leben aktiv zum Besseren verändern, gleichzeitig aber nicht das Ziel aus den Augen verlieren. Kurz: Der Weg ist das Ziel.

Dabei lehnt der Anarchosyndikalismus Parteien und Parlamentarismus ab. Darum sind anarchosyndikalistische Gewerkschaften auch basisdemokratisch organisiert und haben keine FunktionärInnen.
Unter diesen Prinzipien organisieren sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts Menschen in allen Ländern der Welt in anarchosyndikalistischen Gewerkschaften, welche sich in der „Internationalen ArbeiterInnen Assoziation" (IAA) zusammenschlossen. Insbesondere in den romanischen Ländern wurden die Ideen sehr positiv aufgenommen. In Spanien organisierten sich 2 Mio. Mitglieder in der „Confederación Nacional del Trabajo" (CNT), welche maßgeblich an der Bekämpfung von faschistischen Kräften im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) beteiligt war und in dieser Zeit viele Veränderungen durchsetzen konnte. In Deutschland organisierte die „Freie Arbeiter Union Deutschland" (FAUD) zu Hochzeiten mehr als 100.000 Menschen. Nach den „Erfolgen" der Nazis in Deutschland und dem Sieg der Faschisten in Spanien wurden die anarchosyndikalistischen Organisationen mit aller Härte bekämpft, dennoch blieben viele AnarchosyndikalistInnen im Untergrund aktiv.


Die Idee des Anarchosyndikalismus hat die Nazi-Diktatur überlebt. In Deutschland gibt es seit Ende der 1970er Jahre mit der „Freien ArbeiterInnen Union" wieder eine, wenn auch kleine, anarchosyndikalistische Gewerkschaft. Ihre lebendige Geschichte und Gegenwartspraxis sowie ihre Langlebigkeit zeichnen sie, die Anarchosyndikalistischen Gewerkschaften, bis heute aus.

 

Weitere Informationen:
www.fau.org
www.syndikalismusforschung.info

 

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