Die Geschichte gab der DKP recht

Die Geschichte gab der DKP recht


Herbert Mies


Das Jahr 2008 wurde wiederum ein Jahr, in dem der Antikommunismus Urstände feierte. Gegen die in den niedersächsischen Landtag gewählte Abgeordnete Christel Wegner wurde eine Hexenjagd betrieben. weil sie Mitglied der DKP ist. Die etablierten Parteien, die bürgerlichen Medien und der Geschichtsrevisionismus erlaubten sich im blinden Antikommunismus ein weiteres Stück der Entstellung von Geschichte. Sie verschwiegen das hervorragendste Ereignis des Jahres 1968: Die Gründung der DKP.

Dass die Bundesrepublik wieder eine legale kommunistische Partei bekommen hatte, veränderte die parteipolitische Landschaft. Antikapitalistische, demokratische und andere linke Kräfte hatten wieder einen legalen, kommunistischen Ansprechpartner. Die internationale kommunistische und Arbeiterbewegung erfuhr eine weitere Stärkung. Das war von historischer Bedeutung. Das Verschweigen der DKP im 40. Jubiläumsjahr der 1968er Ereignisse ist kein Versäumnis. Es ist ein Ausdruck der antikommunistischen Doktrin: Die DKP, die Errungenschaften der DDR und des Sozialismus müssen ihrer anregenden positiven Wirkungen auf die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen wegen verleumdet und in die Vergessenheit verbannt werden. 

Die Neukonstituierung der DKP war von zwei Legenden umgeben – einer römischen und einer Bonner. Die römische Legende erzählte von einem Flirt der SPD mit den Kommunisten Italiens, dem die DKP ihre Entstehung zu verdanken habe. Die Bonner Legende berichtete, dass die legale DKP auf ein Gespräch des damaligen Justizministers Gustav Heinemann mit Vertretern der KPD zurückzuführen sei. Beide Legenden waren und sind politischer Unsinn, dennoch sorgten sie für Verwirrung.

Wenige Wochen nach der Veröffentlichung des Entwurfes des neuen KPD-Programms, was am 8. Februar 1968 geschah, sorgte eine Nachricht über Gespräche der SPD mit den italienischen Kommunisten für Aufregung bei den bundesdeutschen Parteien, aber auch bei uns westdeutschen Kommunisten. Die Zeitung „Christ und Welt“ vom 8. März und 5. April 1968 berichtete, dass die deutschen Sozialdemokraten den italienischen Kommunisten angetragen hätten, die Rolle eines Vermittlers zwischen der SPD und SED, zwischen West und Ost zu übernehmen. Gesprächen des stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Egon Franke und des Informationsdirektors Fried Wesemann sowie dem Chefredakteur der „Neuen Gesellschaft“, Leo Bauer, mit italienischen Kommunisten folgte eine persönliche Aussprache Willy Brandts mit Luigi Longo. Sie fand an einem der Tage statt, da eine Regierungsdelegation der Bundesrepublik mit Bundeskanzler Kurt Kiesinger an der Spitze, zwischen dem 31 .Januar und 2. Februar in Rom weilte. Wenngleich es in der Hauptsache um den Wunsch der SPD ging, die Italienische Kommunistische Partei möge bei der Kontaktaufnahme zur DDR behilflich sein, kam es auch zu einem Gespräch über uns Kommunisten in der Bundesrepublik. Dabei kam heraus, dass die IKP die Unterstützung des Kampfes der KPD für die Aufhebung des Parteiverbotes aufgegeben hatte. Sie setzte augenscheinlich auf die Neugründung einer reformistischen kommunistischen Partei mit einem italienischen Gesicht und sozialdemokratischem Erbgut. Das jedenfalls mussten wir der bürgerlichen Presse entnehmen, denn. die Bitte der KPD-Führung um Informationen über die Gespräche blieb ohne Antwort. Der italienische Spitzenfunktionär Sergio Segre, Verbindungsmann zur KPD, der an allen SPD-IKP-Gesprächen teilnahm, hüllte sich in Schweigen. Die KPD-Führung war gezwungen, aus den Treffen SPD-IKP ihre Konsequenzen zu ziehen.

Sie wies die römischen Überlegungen von sich.

Von sich wies sie auch einen Ratschlag von Gustav Heinemann, des damaligen Bundesjustitzminister, eine regierungskonforme kommunistische Partei neu zu gründen. Nach der verbotenen Pressekonferenz vom 8. Februar, auf der der Entwurf des neuen KPD-Programms der Öffentlichkeit übergeben wurde, fanden unmittelbar weitere Pressekonferenzen statt, darunter auch die berühmte in einem Omnibus im Regierungsviertel. Ein Vertreter des SPD-Pressedienstes PPP fragte, „über was die Vertreter der von Max Reimann benannten Kommission für Verhandlungen mit der Bundesregierung denn konkret verhandeln wollten“?

Der Verhandlungsgegenstand lag seit November 1967, da Max Reimann Vorschläge einer stufenweisen Legalisierung der kommunistischen Partei unterbreitete, auf dem Tisch: erstens: Erlass einer Amnestie und Einstellung aller Verfahren, die aufgrund des KPD-Verbots anhängig waren; zweitens: Sicherung der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit in Wort und Schrift, auch für alle Bürger der Bundesrepublik, die sich zur kommunistischen Weltanschauung und Politik bekennen; drittens: Sicherung auch des passiven Wahlrechts für alle Kommunisten; viertens: Wiederherstellung der Legalität durch die Aufhebung des Verbots auf dem Weg der Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes.

Das Ignorieren dieser Vorschläge durch Vertreter der Bundesregierung verdeutlichte, was von der Empfehlung des Bundesministers Willy Brandt und anderer Kabinettsmitglieder, die Kommunistische Partei neu zu gründen, zu halten war. Sie waren nichts als ein demagogisches Manöver, um den zunehmenden Forderungen nach einer Wiederzulassung der KPD auszuweichen.

Der Initiativausschuss für die Wiederzulassung der KPD bekräftigte darauf hin seinen Standpunkt, dass die originale KPD ihre demokratischen Rechte erhalten muss, und lehnte jede Neugründung einer pseudokommunistischen Partei ab. Diesen Standpunkt machte sich auch die KPD-Führung zu eigen.

Das war einer der Anlässe für Max Reimann, Grete Thiele zu bitten, mit dem Vorschlag zu Gesprächen bei den Bundestagsparteien und der Regierung vorstellig zu werden. Das tat Grete Thiele denn auch. Für die SPD-Fraktion teilte Helmut Schmidt mit, dass die Fraktion der SPD den Justizminister Heinemann beauftragt habe, dieses Gespräch zu führen. So kam das Gespräch mit Heinemann, zu dem er den Staatssekretär Horst Ehmke mitbrachte, zustande. Mit Grete Thiele ging auch Max Schäfer zu diesem Treffen.

Max Schäfer informierte hinterher in einem schriftlichen Bericht, der bisher nicht veröffentlicht wurde und der sich in meinem Besitz befindet. In ihm schrieb Max Schäfer: „Von unserer Seite wurde die Frage aufgeworfen, dass sowohl vom damaligen Bundesaußenminister und Vorsitzenden der SPD, Willy Brandt, als auch vom CDU-Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Meyers, sowie von der Konferenz der Innenminister der Länder 1967 in Ulm positive Äußerungen für eine Wiederherstellung der Legalität der KPD vorlägen. Aber gleichzeitig gebe es Maßnahmen der Bekämpfung des politischen Auftretens von Kommunisten, die Beschlagnahme des Entwurfs des Parteiprogramms usw. Heinemann erwiderte darauf, wie er schon in seinem Artikel in der ‚Juristen-Zeitung’ geschrieben hatte, eine legale KPD könne sofort auftreten, aber in ihrer Programmatik und ihrer politischen Tätigkeit dürften drei Dinge nicht enthalten sein: erstens: kein Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus, zweitens: die Diktatur des Proletariats dürfte nicht in ihrer Zielstellung enthalten sein, drittens: weder in ihren organisatorischen Prinzipien noch in ihrem Statut dürfe der Begriff des demokratischen Zentralismus enthalten sein.

In dem Gespräch wurde von mir betont, dass weder Brandt noch Wehner noch führende CDU-Leute diese Forderungen erhoben hätten und dass der Marxismus-Leninismus als Weltanschauung und wissenschaftliche Lehre selbst nach dem Grundgesetz geschützt sei. Es gebe die Möglichkeit, wie schon viele Verfassungs- und Staatsrechtler darauf hingewiesen hätten, dass man mit einem mit einfacher Mehrheit im Bundestag zu beschließenden Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes eine Aufhebung des KPD-Verbots bewirken könne. Änderungen dieses Gesetzes seien schon wiederholt geschehen. Heinemann widersprach dem nicht, sondern erwiderte nur, dieser Weg sei nicht gangbar, weil bei dem damaligen Kräfteverhältnis im Bundestag ein solches Gesetz keine Mehrheit finden würde.“

Beide Legenden – die römische und die Bonner –, waren trügerisch. Die Regierung machte keine Anstalten, das KPD-Verbot aufzuheben. Das bekräftigte auch der Bundestag. Auf die Anfrage eines CDU-Abgeordneten zur Tätigkeit der illegalen KPD antwortete der Bundesinnenminister Lücke in der Bundestagssitzung vom 14. Mai 1968: „Seit dem 8. Februar 1968 erscheinen drei vom Zentralkomitee der illegalen KPD entsandte Funktionäre auf verschiedenen Veranstaltungen für das neue Programm und die Wiederzulassung der KPD zu werben. Das Auftreten dieser Funktionäre ist nach § 90a STGB strafbar, wenn sie in ihrer Eigenschaft als Vertreter der illegalen KPD tätig werden und damit die verbotene KPD fortsetzen.“

Das war bezeichnend, aber auch lächerlich. Niemand konnte die zwei Kommunisten und die eine Kommunistin veranlassen, aufzuhören, Kommunist zu sein. Und niemand konnte verhindern, dass diese drei Kommunisten wie die vielen anderen gegen das KPD-Verbot für eine legale kommunistische Partei in der Bundesrepublik auftraten. Wir hatten nicht zwölf Jahre für die Rückgewinnung von Legalität gekämpft, um jetzt kurz vor dem Ziel aufzugeben.

Während der Initiativausschuss für die Wiederzulassung der KPD eine neue Kampagne für die Zulassung der KPD startete, die Verhandlungskommission sich weiterhin um Wege zur Aufhebung des KPD-Verbots bemühte und Max Reimann Verhandlungen mit der Regierung anstrebte, wurden ab Mitte 1968 im Politbüro Überlegungen angestellt, die auf eine Neukonstituierung einer legalen Kommunistischen Partei hinzielten. Das Ergebnis ist bekannt. Am 25. September 1968 wurde in Frankfurt (Main) eine legale kommunistische Partei, die DKP neu konstituiert.

Die Gründung der DKP, war weder ein Produkt made in Rom noch in Bonn. Sie war das strategisch-taktische und organisatorische Meisterwerk der westdeutschen Kommunistinnen und Kommunisten und hatte mehrere Akteure: Kurt Bachmann und die ihn unterstützenden Freunde, die dreißig Unterzeichner der Erklärung zur Neukonstituierung der DKP ergriffen die Initiative, hunderte in gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Organisationen arbeitenden Kommunistinnen und Kommunisten schlossen sich sofort an. Auch Sozialistische Kräfte der APO, die Freunde aus der neu gegründeten Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) und aus der Assoziation Marxistischer Studenten AMS, dem Vorläufer des 1971 gegründeten Marxistischen Studentenbund (MSB). Sie hatten das Verständnis und die Unterstützung der illegalen Führung der KPD. So hatte die DKP viele Geburtshelfer. Sie waren eine starke Anfangskraft, die der DKP zu einem rasanten Aufstieg verhalfen. Am 12. Oktober lagen schon 6 000 Beitrittserklärungen vor, 220 Orts- und Stadtteilausschüsse und etwa 40 Betriebsausschüsse waren gebildet. 123 Kreis- und zehn Landesauschüsse hatten sich bereits konstituiert. 

In den Tagen und Wochen der Neukonstituierung fehlte es nicht an Versuchen, die neugegründete DKP zu irritieren. Irritationen kamen von der Regierungsseite, den Medien und auch von maoistischen Gruppen. Ihnen allen schmeckte nicht der Charakter und das Selbstverständnis der DKP. Sie alle waren davon ergriffen, die DKP in der APO zu denunzieren. Das war auch das Motiv der Reaktion der bürgerlichen und sozialdemokratischen Presse auf den ersten Parteitag der DKP in Essen. Für die Illustrierte „Stern“ war die DKP die „zahmste KP, die es je gab“. Die „Welt der Arbeit“ gab sie als „gewaltlos, evolutionär statt revolutionär“ aus. Das Bischofsblatt „Publik“ sah in ihr eine „revolutionäre Nachhut der revolutionären Bewegungen“. Nichts von alledem wurde die DKP. All das war nicht nur Unsinn. Es provozierte auch zur Nachdenklichkeit, zu einer großen Aufklärungsarbeit darüber, als was sich die DKP versteht.

Die Neukonstituierung einer legalen kommunistischen Partei war nicht unumstritten – nicht im Politbüro der verbotenen KPD, nicht bei der beachtlichen Zahl ihrer illegal arbeitenden Mitglieder, nicht bei Akteuren der „Initiative für die Wiederzulassung der KPD“. und auch nicht unter anderen demokratischen und sozialistischen Bündnispartnern. Mit der Gründung der DKP gerieten wir mitten in die beabsichtigte Formierung einer Sozialistischen Partei, um die das Sozialistische Büro sehr bemüht war. Das war verwirrend. Es stand außer Zweifel, dass eine linkssozialistische Partei, in welcher Größenordnung auch immer, eine Berechtigung als parteipolitische Alternative für linksoppositionelle Sozialdemokraten hatte. Sie hätte damals durchaus auch eine soziale und politische Basis gehabt. Aber eine linkssozialistische Partei ohne Existenz und Vitalität einer kommunistischen Partei wäre für die Arbeiterbewegung, ihren Klassenkampf und Perspektive eine Fehlorientierung gewesen. Die Arbeiterbewegung der Bundesrepublik Deutschland brauchte eine legale kommunistische Partei. Und sie bekam sie. 

Einer der Skeptiker gegen die Neukonstituierung in der damals gegebenen Zeit war Prof. Helmut Ridder. Er war ein leidenschaftlicher Streiter für Demokratie und für die Freiheitsrechte von uns Kommunisten. Für ihn waren die Umstände der Neukonstituierung ein „unvorsichtiger Schritt in die ,Schnappmechanik der Mausefalle’, in der die DKP konstituiert wurde“... Er begründete dies mit der juristischen Sachlage: „Solange sich das Illegalisierungsurteil des BVerfG gegen die KPD vom 17-August 1956 mit den zu Recht oder Unrecht daraus gezogenen Folgerungen aktualisiert, läuft die DKP bei jeder ihrer Aktionen das Risiko, als Ersatzorganisation der verbotenen KPD, von kurzer exekutivischer Hand zerschlagen zu werden. Sie, die trefflich auf „Verfassungsschutz“ im Verstand des ‚Kalten Krieges’ nach innen und nach außen eingespielte Exekutive, und nicht eine noch so namhafte, vielleicht gar ranghöchste Vaterfigur am moralisch-politischen Werbehimmel der Bundesrepublik, ist es, die im Zusammenwirken mit der seit nahezu zwanzig Jahren – um von den vorbundesrepublikanischen Hypotheken zu schweigen – auf die einschlägigen Stereotypen eingearbeiteten Justizmaschine die Klappe relativ autonom fallen lassen kann“. (Kritische Justiz, Heft 3/1970, S. 257)

Die Neukonstituierung einer legalen kommunistischen Partei konnte 1968 keine juristische Entscheidung sein. Sie war vorrangig eine politische. Den politischen Kampf für eine legale kommunistische Partei mussten wir Kommunisten bei Beachtung aller Risiken aufnehmen. Er wurde in offensiver Weise aufgenommen, trotz des so genannten „Prager Frühling“, dessen Wind uns ins Gesicht blies, trotz des Damoklesschwerts, das über uns schwebte und der anfänglichen Halblegalität. Diesen Offensivgeist bewahrten wir auch in den folgenden vier Jahrzehnten, in der ganzen Zeit des Kalten Krieges, im Kampf gegen die Berufsverbote, gegen die Angriffe auf die DDR, gegen die Stationierung von Atomraketen in der Bundesrepublik. Wir entwickelten Solidaritätsaktionen für die 35-StundenWoche, gegen die Aussperrung von Streikenden. Die DKP hat die vielen Schwierigkeiten, Krisen und Angriffe überstanden. Sie hat dabei auch beachtenswerte Erfolge mit ihrer Aktionseinheits-, Bündnis- und Gewerkschaftspolitik vorzuweisen. Ihr größter Erfolg war, dass sie die Prüfung, die ihr der Zusammenbruch des realen Sozialismus in Europa und die konterrevolutionäre Liquidation der SED und KPdSU auftrug, bestand. Die Partei wurde zurückgeworfen. Das war ihre historische Tragik.

Die Sicherung der Legalität zwang uns am Anfang zu einigen verbalen Konzessionen, Klar formuliert war unser strategisches Ziel: Die demokratische, antimonopolistische Erneuerung der Bundesrepublik mit der Kraft der Aktionseinheit von Kommunisten und Sozialdemokraten sowie eines breiten Bündnisses. Das Streben nach Aktionseinheit mit Sozialdemokraten, wurde von den Herrschenden, den Medien, vor allem aber von den Führungen der SPD massiv gekontert. Keiner unserer Gedanken dazu blieb ohne abwehrende Antwort. Das ist ein Malheur der deutschen Arbeiterbewegung.

Begriffe wie „Marxismus-Leninismus“, „Diktatur des Proletariats“ und „demokratischer Zentralismus“ wurden zunächst zu Gunsten einer klaren verständlichen Bestimmung ihres Wesens und Inhalts vermieden. Der Marxismus-Leninismus ist seinem Wesen nach wissenschaftlicher Sozialismus, ist die Lehre von Marx, Engels und Lenins. Die Diktatur des Proletariats ist die politische Herrschaft der Arbeiterklasse und der demokratische Zentralismus ist das Organisationsgefüge einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die sich Grundsätze und Ziele der Partei zu eigen machen, demokratisch erarbeitete und gefasste Beschlüsse als verbindlich ansehen und eine notwendige Disziplin bei ihrer Erfüllung üben. Das war kein Opportunismus oder ein Täuschungsmanöver. Es war ein Erfordernis einer konkreten Zeit.

Solche verbale Konzessionen sowie die zeitweilige Fortexistenz der KPD verursachten die Frage danach, was die DKP denn für eine Partei sei. Sie wurde im In- und Ausland gestellt. Wir haben sie beantwortet, nicht zuletzt durch den Zugang nahezu aller KPD-Mitglieder zur eben gegründeten DKP sowie durch unsere Praxis. Die DKP war von Anfang an eine Partei der Aktionen. Das symbolisierte der Essener Parteitag, der in eine Demonstration unter der Parteitagslosung: „Einig handeln im Kampf für demokratische Erneuerung von Staat und Gesellschaft“ mündete.

Wir mussten mit so allerhand Irritationen fertig werden. Davon kann das damalige Mitglied des DKP-Präsidiums Gerd Deumlich ein Liedchen singen. Zur Internationalen Konferenz der Kommunistischen und Arbeiterpartien, die 1969 in Moskau stattfand, bekam die DKP nur den Beobachterstatus. Er wurde von Gerd Deumlich wahrgenommen. Auf dem anschließenden Empfang kam er an den Tisch, an dem auch Marschall Konjew saß. Er fragte, was für eine Partei denn die DKP sei? Gerd antwortete: „Eine Partei, in der auch Max Reimann ist“. Konjew tat sich erleichtert und sagte nur: „Gute Partei.“

Als Ridder und ich ins Alter gekommen waren, fragte ich ihn, ob er uns Kommunisten wegen der Gründung der DKP vor der Aufhebung des KPD-Verbots immer noch „böse“ sei. Er antwortete mir brieflich, wie könne er das sein? Die Geschichte werde erweisen, ob sie der Konstituierung der DKP bei Fortbestehen des KPD-Verbots recht geben werde.

Die Geschichte hat der DKP-Konstituierung zu der damaligen Zeit recht gegeben Sie hat diesen risikoreichen Kampf damit belohnt, dass die DKP am 40. Jahrestag ihrer Gründung von sich sagen kann: Trotz aller Stürme und Rückschläge Wir sind noch da! Wir bleiben auch da!

An diesem Tag möchte ich mit dem Blick auf unseren weiteren Kampf unvergessene Worte von Helmut Ridder, adressiert an mich, hervorholen: „Sie und Ihre Freunde, besonders die älteren, wissen, dass es in den nunmehr fast 40 Jahren der KPD/DKP-Nachkriegsentwicklung manche Punkte gibt, die mir sehr zu schaffen gemacht haben und auch noch zu schaffen machen. Das ändert nichts daran, dass für mich die Normalisierung unseres Verhältnisses in Bezug auf die DKP von schlüsselhafter Bedeutung für die Gewinnung und Erhaltung des inneren und äußeren Friedens der Bundesrepublik ist. Aus dem Selbstverständnis eines politischen Systems als bloße Negation von Kommunismus kann der Demokratie nichts zuwachsen. Dieser Erkenntnis zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es noch mancher aus der Geschichte zu lernender Arbeit – auf der einen wie auf der anderen Seite.“

Diese historische Wahrheit eines Nichtkommunisten trifft den Kern: Der Kampf für die Normalisierung des Verhältnisses zur DKP ist und bleibt für Deutschland von schlüsselhafter Bedeutung.