Internationaler Frauentag: Auf die Dauer hilft nur Power!

in (07.03.2009)

Warum eigentlich ein „Internationaler Frauentag"? Schon wieder dieses Thema? Gleichberechtigung haben wir doch schon längst! Ja, genau dieses Thema - schon wieder, und auch immer wieder. Denn die Gleichberechtigung von Frauen und Männern steht hier in Deutschland zwar im Grundgesetz. Aber was auf dem Papier geboten ist,  ist von der Wirklichkeit weit entfernt. Noch immer verdienen Frauen im Schnitt 23 % weniger Lohn als Männer - für die gleiche Arbeit, bei gleicher Qualifikation und Erfahrung - nur, weil sie Frauen sind. Arbeitinnen gehen auch viel häufiger in Teilzeit als Arbeiter. Es sind weiterhin zumeist die Mütter, die sich um die Kinder kümmern und somit weniger Erwerbsarbeit und den Großteil der unbezahlten Hausarbeit leisten.

We can do it - kämpfen für die Gleichberechtigung!

We can do it - kämpfen für die Gleichberechtigung!

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" - das war nur eine der Forderungen der Frauenrechtlerinnen um die Feministin und Sozialistin Clara Zetkin, die im Jahre 1911 den ersten internationalen Frauentag initiierten. 1921 wurde das Datum auf den 8. März (nach dem alten russischen Kalender auf den 23. Februar) festgelegt, um an den Streik von Textilarbeiterinnen in Sankt Petersburg 1917 zu erinnern, der auf andere Sektoren übergriff, eine große Arbeiterinnendemonstration und - in der Folge den Beginn der russischen Februarrevolution auslöste.

100 Jahre alte Forderungen

Auch die anderen Forderungen haben fast 100 Jahre später wenig an Aktualität verloren. Um gesetzlich garantierte Mindestlöhne zum Beispiel wird immer noch gestritten. Arbeitsschutzgesetze werden kontinuierlich weiterentwickelt, wobei immer aufgepasst werden muss, dass sich hinter angeblichen „Schutzmaßnahmen" nicht doch ein Versuch verbirgt, Frauen von bestimmten Arbeitsfeldern auszuschließen, die angeblich „zu gefährlich" für sie sind. ies wurde zB lange für Nachtschichten in manchen Berufsfeldern behauptet, wodurch Frauen von dem Mehrverdienst durch Nachtzulage ausgeschlossen wurden. Die Feministinnen im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts forderten außerdem einen besseren Mutter- und Kinderschutz sowie - als ganz zentrale Forderung - as Wahlrecht für Frauen. In Deutschland durften noch bis 1919 nur die Männer wählen!

aufdiedauer

Nun haben wir schon 90 Jahre lang das Frauenwahlrecht. Merkwürdigerweise sind trotzdem die meisten bekannten Gesichter der Politik männlich. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer: Es gibt hierzulande zwar eine Bundeskanzlerin, dennoch sind weltweit nur 17 Prozent aller Parlamentsabgeordneten weiblich. Frauen besetzen nur 14 Prozent der Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung. Woran liegt das? Es gibt doch genug Frauen, die sich was trauen! Kann es sein, dass sie vielleicht gar nicht an die Macht gelassen werden? Mit fadenscheinigen Begründungen, wie etwa, dass der Job „zu hart" sei für eine Frau? verrichten Frauen immerhin weltweit 70 Prozent der unbezahlten Arbeit - in den meisten Fällen zusätzlich zu ihrer Lohnerwerbsarbeit. Das ist die Arbeit im Haushalt, mit den Kindern und in der selbstversorgenden Landwirtschaft.

Situation weltweit

In den Ländern des globalen Südens stellen die Frauen innerhalb der ohnehin schon von Hunger und Armut Betroffenen noch mal eine große extrem benachteiligte Gruppe. von Menschen, die in extremer Armut leben, sind Frauen. Dies geht einher mit einer völlig unzureichenden Gesundheitsversorgung und fehlendem Schutz gegen (sexualisierte) Gewalt. Die HIV-Ansteckungsrate der unter 25jährigen Frauen ist zum B in Südafrika drei- bis viermal so hoch wie bei den Männern, was zurückgeführt werden kann auf die Abhängigkeit vieler Frauen von den Männern. Ihnen wird versagt, über ihren eigenen Körper und ihre Sexualität zu bestimmen, aber auch, ihren eigenen Lebensunterhalt unabhängig zu verdienen, sich zu organisieren und ihre Menschenrechte einzufordern.

Auch sind zwei Drittel derer, die weltweit nicht lesen und schreiben können, weiblich. Sie haben keinen Zugang zu Wissen und Ausdrucksmöglichkeiten. Bildung aber ist die unablässige Bedingung für den Zugang zu Informationen über die eigenen Rechte, für Meinungsbildung, für Selbstbestimmung und Unabhängigkeit, persönlich, wirtschaftlich wie auch ideologisch.

"Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gleichberechtigung der Frau ist nunmehr verwirklicht!"

"Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gleichberechtigung der Frau ist nunmehr verwirklicht!"

Männer, die über die Selbstbestimmung der Frauen entscheiden wollen, gibt es allerdings nicht nur in fernen Erdteilen; auch vor unserer Haustür zeugen Beiträge beispielsweise zur Diskussion um das Thema Abtreibung immer wieder von männlich-dominantem Herrschaftsdenken.

Herrlich dämlich

Überhaupt „Herrschaft": In der deutschen Sprache hat sich an vielen Stellen eine Geringschätzung der verfestigt. Wörter wie „herrlich" und „dämlich" sind ziemlich einfach auf ihre Herkunft („Herr" bzw. „Dame") zurückzuführen. Aber auch die durchgängige Nicht-Benennung von weiblichen Beteiligten in den Medien das Bild einer Gesellschaft, in der Frauen wenig oder nichts zu sagen haben. Warum wird immer nur von „den Experten" gesprochen, obwohl vielleicht zwei Drittel der Forschungsgruppe weiblich waren? Weil es einfacher ist? Weil das Binnen-I (ExpertInnen) den Lesefluss stört? Wenn allerdings über die Hälfte der Menschheit konsequent nicht genannt, allenfalls „mitgedacht" wird, dann wird sie auch besonders schnell einfach mal vergessen und übergangen. „Gendern" ist also notwendig - und zwar in allen Texten sowie auch in unseren alltäglichen Gesprächen.

Frauen - Männer - Menschen

Am internationalen Frauentag werden heutzutage allerdings noch weiterreichende Forderungen aufgestellt. So wird die Diskriminierung von Menschen mit nichtheterosexueller Lebensweise angeprangert, von manchen auch die generelle Einteilung der Menschen in (nur) zwei Geschlechter und die um sie konstruierten Geschlechterrollen, die im Übrigen nicht nur Frauen einige Rechte nicht zugestehen, sondern auch Männern bestimmte Fähigkeiten und Empfindungen absprechen.

Auch wenn am internationalen Frauentag auf mangelnde Gleichberechtigung und auf Diskriminierung in vielen Lebensbereichen lautstark aufmerksam gemacht wird, ist der 8. März dennoch kein bloßer „Meckertag".

Er wird weltweit als Fest gefeiert, in manchen Staaten ist er sogar zum gesetzlichen Feiertag erklärt worden, in Armenien, Bulgarien, auf Kuba, in der Mongolei, in Russland, Usbekistan und Vietnam. In vielen Ländern Südamerikas finden große Straßenfeste statt.

Die Frauen und Mädchen feiern ihre gegenseitige Solidarität und geben ihrem Wunsch nach Frieden und einem menschenwürdigen Zusammenleben, nach Anerkennung der Menschenrechte, einer humanen Politikgestaltung und gesicherter Existenz in Selbstbestimmung und Unabhängigkeit Ausdruck.

Auch in vielen deutschen, schweizerischen und österreichischen Städten finden Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen statt.

Von Alex (20) aus Berlin

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