Selbermachen statt Konsumieren

Zur überraschenden Wiederkehr der Subsistenz

Der Nachhaltigkeitsdiskurs dreht sich im Wesentlichen um Fragen des volkswirtschaftlichen Wachstums - wo dessen (mögliche) Grenzen liegen oder wie es sich "grüner" machen lässt. Grundsätzliche Alternativen zum konsumorientierten Wirtschaftsmodell hingegen kommen wenig zu Wort. Dabei werden sie längst praktisch ausprobiert, wie Andrea Baier belegt.

Im Großen und Ganzen geht es auch 20 Jahre nach Rio munter weiter in die falsche Richtung, mit Wachstumsbeschleunigungsgesetz, gescheiterten Klimagipfeln und Business as usual. Die Expansion der Energieansprüche erfolgt ungebremst, und weder Politik noch Wirtschaft fühlen sich berufen oder in der Lage, dem - außer untertourigen Effizienzanstrengungen - etwas entgegenzusetzen. Parallel dazu schrumpft die Lebensweltökonomie, immer weitere gesellschaftliche Bereiche werden dem Primat von Markt und Lohnarbeit unterstellt. Zweifellos hat das mit einer Ökonomie zu tun, die auf Profit und nicht an den Überlebensinteressen von Menschen und Natur ausgerichtet ist. Die Orientierung an der Rendite geht nicht zusammen mit einer nachhaltigen Bewirtschaftung der sozialen und natürlichen Ressourcen. Auch der keynesianische Kapitalismus, dem seit geraumer Zeit wieder nachgetrauert wird, hatte die Ausbeutung der "natürlichen" Grundlagen der Industriegesellschaft (insbesondere unbezahlte (weibliche) Subsistenzarbeit sowie die Rohstoffvorkommen in der "Dritten" Welt) zur Voraussetzung, war also allenfalls aus der Perspektive vergleichsweise weniger Privilegierter sozial.

Heute, im Zeitalter der vermeintlichen Alternativlosigkeit zum Kapitalismus, verliert jedoch die neoliberale Politik zunehmend an Glaubwürdigkeit, und zugleich entstehen gegenläufige Entwicklungen zum Dogma von Wachstum und Konsum. Zum Beispiel erfreut sich der Bereich des Do-it-yourself einer überraschenden Beliebtheit.

Junge, städtisch orientierte AkteurInnen wollen plötzlich Dinge des täglichen Bedarfs wieder selber herstellen. Sie gründen "Fabrikationslabore" (kurz: Fab-Labs), die mit Lasercutter und 3-D-Drucker bestückt "Technik demokratisieren" und "die Produktion" in die Stadtteile zurückholen wollen. Sie eröffnen Mitmach-Nähwerkstätten und veranstalten Knit Nites (das sind nächtliche Strick-Events), gründen den Verbund Offener Werkstätten, Websites wie http://www.stadtimker.de oder http://gartenpiraten.net und tauschen im Netz Tipps und Baupläne. Besonders beliebt und produktiv sind gegenwärtig die neuen urbanen Gartenprojekte. Denn Gemeinschaftsgärten sind Offene Werkstätten des Selbermachens par excellence, es bleibt nämlich meistens nicht beim Gemüse, der Gemüseanbau ist das Zentrum, von dem ausgehend sich die Projekte verästeln und verzweigen: in Richtung Bauen, Bildung, Imkern, Kochen, Saatgutvermehrung etc.1

Do-it-yourself 2.0

Interessant ist, wie die ProtagonistInnen ihre Motivation beschreiben bzw. in welchen Kontext sie ihr Tun einordnen. Es geht ihnen um individuelle wie kollektive Selbstermächtigung, um die persönliche Unabhängigkeit, aber auch um den Bezug auf eine Community und um neue urbane Lebensweisen.

"Die Dinge selber in die Hand nehmen" - so könnte man die gemeinsame Maxime beschreiben, die so unterschiedliche Initiativen wie das "Kartoffelkombinat" (neueste Münchener Initiative einer Community Supported Agriculture), die "workstation" (altbewährte Berliner Ideenwerkstatt für Recycling und mehr), die Kölner Initiative für einen Gemeinschaftsgarten Neuland und Offene Werkstätten wie die Open Design City in Berlin, die Dingfabrik in Köln oder das FabLab in Hamburg umtreibt.

Es breitet sich ein Unbehagen gegen Massenware, Fremdbestimmung und Kommerzialisierung aus. Man findet es alarmierend, dass man nicht mehr weiß, wie die Dinge des alltäglichen Lebens eigentlich hergestellt werden, und wie man sie zur Not auch selber herstellen könnte. Man will nicht mehr hinnehmen, dass international agierende Unternehmen längst weitgehend bestimmen, was wir essen, wie wir uns kleiden, wo wir unser Geld anlegen etc. Man empfindet es als Skandal, im Leben womöglich keine "Bamberger Hörnchen" mehr zu essen zu bekommen, sondern bei Kartoffeln nur noch zwischen "festkochend", "mittelfest" und "mehlig" wählen zu können. Man erlebt es als Gängelung und Verweigerung eines elementaren Zugangsrechts, wenn man nichts mehr reparieren können soll. Immer mehr Leute fühlen sich herausgefordert, verloren gegangenes Wissen zurückzuerobern, um wieder mehr Autonomie über das eigene Leben zu gewinnen. Die Reduzierung auf den Konsumentenstatus wird als Zumutung empfunden. Man ist es leid, fremdversorgt zu werden, nicht mehr durchzublicken, Dinge anderen zu überlassen, die man auch selber machen könnte. Man will sich auch nicht mehr an der Ressourcenverschwendung beteiligen oder sich mit vorgefertigten Produkten zufrieden geben. Stattdessen wollen sich viele wieder in regionalen Bezügen verorten und nicht länger Kriegsgewinnler der internationalen Arbeitsteilung sein.

Waren die "traditionellen" Selbermacher auf die eigene Haushaltsökonomie ausgerichtet, verorten sich die "neuen" Eigenarbeiter in kommunalen oder durch das Internet begründeten Communitys. Sie beziehen sich explizit auf das städtische Gemeinwesen und lokale Zusammenhänge. Kooperation, Teilen (von Wissen) und Solidarität gehören zum Selbstverständnis und Ethos der Szene. Bevorzugt wird auf die Idee der Open Source (Allmende) Bezug genommen. Unterschwellig geht es auch um eine andere Ökonomie, die nicht mehr nur von Konzernen beherrscht, sondern vor Ort beeinflusst werden kann, kooperative ökonomische Selbsthilfe ist das Gebot der Stunde. Sich unabhängiger vom Markt und seinen vorgefertigten Waren zu machen, die Dinge wieder selber zu durchschauen und dadurch unabhängiger, handlungsfähiger zu werden, ist die erklärte Absicht. Dazu gehört, sich auch Produktionsmittel wieder kollektiv anzueignen und Infrastrukturen zu schaffen (wie eben z.B. eine Nähwerkstatt, einen Gemeinschaftsgarten, ein Lastenfahrrad), Fähigkeiten (wie z.B. Siebdruck, Saatgutproduktion, Bienenhaltung, Programmieren, Organisieren, Stricken etc.) zu erwerben, weniger von Experten abhängig zu sein (sondern sich gegenseitig zu helfen) und für die Nutzung von Infrastrukturen nicht teuer bezahlen zu müssen (sondern sie gemeinschaftlich zu bewirtschaften). Austausch und Vernetzung stehen in solchen "neuen Werkstätten" und den zahlreichen neuen Gemeinschaftsgärten ganz hoch im Kurs. Immer geht es auch um Selbstorganisation, Zugang schaffen, Unabhängigkeit, Einflussnahme (auf die eigenen Lebensbedingungen wie auch auf die gesellschaftlichen Verhältnisse), meist haben die ProtagonistInnen zudem eine eigene Vorstellung von Stadtentwicklung bzw. eine Idee davon, wie sie - mit anderen - in der Stadt leben wollen, Demokratisierung ist dabei ebenso ein Stichwort wie Ernährungssicherheit, Partizipation oder Lebensqualität, die sich nicht auf den Konsum von Gütern beschränkt.

D.h. es lässt sich derzeit beobachten, wie Selbermachen nicht nur eine Renaissance, sondern einen Imagewandel erfährt. Selbermachen ist offenkundig "in" und "cool". Eine ganze Generation macht sich auf, dieses Terrain neu zu besetzen. "Hand-", und "selbstgemacht" waren zwar immer schon auch positiv besetzte Begriffe, aber nur in bestimmten Milieus. Selbstgemachte Marmelade fanden zwar alle lecker, aber auch etwas spießig, und ebenso galt Selbstgestricktes lange nicht gerade als der letzte modische Schrei. "Selbstgestrickt" hatte den Beiklang: Nicht so perfekt, mehr so zurechtgebastelt, und vor allem: nicht mit Geld bezahlt. Mittlerweile ist es ein Markenzeichen. Selfmade, handmade - inzwischen klingt das nach interessantem Design, künstlerischer Kreativität, nach Individualität statt Massenware. Die Aufwertung findet ihren Ausdruck unter anderem auch darin, dass sich Selbstgemachtes immer besser verkaufen lässt. Die Gegensätze zwischen "Kaufen" und "Selbermachen" beginnen sich aufzulösen. Neu und typisch ist die Mixtur von "gekauft und selbstgemacht": Man kauft z.B. einen Pullover und modelt ihn um, passt das Gekaufte den individuellen Bedürfnissen an. Dafür steht der Begriff "Ikea-Hacking". Hier entsteht auch "Unternehmertum von unten", soziales Unternehmertum mit dem Anspruch, etwas Sinnvolles zu produzieren und der Absicht, den Lebensunterhalt zu erwirtschaften und nicht Profit zu machen.

Lange hatte nachhaltiger bzw. eingeschränkter Konsum das Problem, mit Verzicht assoziiert zu werden, und plötzlich stellt es sich als der reine Hedonismus dar, im Garten zu graben, zu stricken, im Schweiße des Angesichts und mit eigenem körperlichen Einsatz Material mit dem Lastenfahrrad zu transportieren, öffentliches Obst als Ressource für Kollektivität zu nutzen (so http://www.mundraub.org und FallenFruits/USA2): Wir machen die Sachen jetzt selbst. Mal schauen, ob wir das können. Wir werfen den Staubsauger auch nicht einfach weg bzw. wir retten ihn vom Straßenrand, wir probieren mal, ob er sich reparieren lässt, oder wir bauen ihn zum Tiefziehgerät um. Alles immer sofort neu zu kaufen, ist langweilig, viel lustiger ist es, Baupläne zu knacken, sich kreative Neunutzungen zu überlegen und die geplante Obsoleszenz zu unterlaufen.

Keine Angst vor Subsistenz

Die Lust am Selbermachen betrifft alle möglichen Bereiche, analoge wie digitale. Auffällig ist das Interesse an den "basalen Dingen": Lebensmittel, Kleidung, Wohnen, Mobilität u.Ä. In FabLabs experimentieren die NutzerInnen mit 3D-Druckern und CNC-Fräsen, aber man besinnt sich auch auf altbewährte Techniken wie Stricken, Nähen, Schweißen, Gärtnern, Bauen, Kompostieren - alles, was man so braucht, um mit anderen zusammen das Leben zu produzieren / zu organisieren.

Das heißt, die Skepsis gegenüber Natur, Eigenarbeit und Subsistenz schwindet in diesen jungen, kreativen Milieus sukzessive. Das ist insofern bemerkenswert, weil das den gängigen gesellschaftlichen Trends entgegenläuft.

Fortschritts- und Entwicklungsdenken haben lange dafür gesorgt, dass Menschen als arm bzw. rückschrittlich galten, wenn sie in ihren Gärten noch Gemüse anbauten, selbstgestrickte Kleidung trugen, Kartoffeln einlagerten, Obst einweckten, mit dem Fahrrad fuhren, in den Läden vor Ort kauften, in Haus und Wohnung selber Reparaturen vornahmen etc. Es galt Abstand zu nehmen von der rückständigen Weise, sein Leben selbst zu produzieren. Selbermachen gleich Armut, Kaufen gleich Wohlstand, lautet die Logik, die nicht nur in der Dritten Welt ziemlichen Schaden angerichtet hat und die im Übrigen auch dafür gesorgt hat, dass die immer noch notwendige Subsistenzarbeit, z.B. die Hausarbeit, unsichtbar wurde und aus dem Blickfeld verschwand. Der Ignoranz des ökonomischen Systems gegenüber den Lebensinteressen der Menschen und der Vernachlässigung der "Reproduktionsfrage" seitens Wissenschaft und Politik entspricht die individuelle Abkehr von Subsistenz- und Eigenproduktion, was einmal mehr nicht-nachhaltige Lebensstile und Konsummuster begünstigt. Genau diese "Wahrheit" - "Wohlstand gleich Ware" - steht jetzt zunehmend zur Disposition.

Das ist eine Entwicklung, die die Nachhaltigkeitsforschung elektrisieren müsste. Bislang war relativ unklar, woher der Impuls für die Umstellung der (industriellen) Lebensweise auf nachhaltigen Konsum, für das nachhaltige Wirtschaften kommen sollte. Und nun hat es den Anschein, als würde in den offenen Werkstätten und Gärten genau das kooperative, vernetzte Handeln geprobt werden bzw. ganz naturwüchsig auftauchen, das gebraucht wird, um Verantwortung für Gemeingüter zu übernehmen. Die Projekte funktionieren praktisch als gemeinschaftlich bewirtschaftete Allmenden, das lässt sich z.B. im Prinzessinnengarten in Berlin-Kreuzberg gut nachvollziehen (und dabei ist der sogar eine gemeinnützige GmbH): "Die verschiedenen Themen und Projekte kommen meist spontan in den Garten, angezogen durch die Atmosphäre des Unfertigen und Improvisierten. [...] Der Prinzessinnengarten entwickelt sich [...] aus einem fortlaufenden kollektiven Schaffensprozess heraus, der von Nichtprofis getragen wird. [...] Und so wie sich unterschiedliche Pflanzen auf einem für sie geeigneten Boden ansiedeln [...], so blühen auch die unterschiedlichsten, einander ergänzenden Aktivitäten in dem sozialen Raum, den der Prinzessinnengarten eröffnet."3

Hier ergeben sich inmitten einer hochgradig individualisierten, an Selbstentfaltungswerten orientierten Gesellschaft gemeinschaftsbezogene soziale Netzwerke und eine Verantwortung für die lokalen und globalen Allmenden sowie neue institutionelle Möglichkeiten für soziales Engagement.

Man kann das folgendermaßen interpretieren: Klimawandel und die Endlichkeit der fossilen Brennstoffe lassen die Subjekte nach neuen Antworten suchen. Hier entsteht möglicherweise eine neue Ökologiebewegung - die sich selbst nicht so nennt - ,die die Thematisierung und Politisierung der natürlichen Grundlagen fortführt und dabei ihren eigenen Stil hat. Die neuen Aktionsformen, Ethiken, Gemeinschaftsstrukturen können versuchsweise mit den Begriffen postindustriell, postmodern, postbürgerlich, postfossil umschrieben werden.4

So entwickelt sich nach Jahrzehnten der Abwertung nach und nach wieder ein positives Verständnis von Subsistenz. Wenn die Münchener "Rausfrauen" stricken und damit auf eine weibliche Kulturtechnik Bezug nehmen, tun sie das mit dem Anspruch auf Sichtbarkeit und Kollektivität. Sie lassen sich nicht darauf reduzieren, Hausfrauen zu sein, sie haben es aber auch nicht nötig, sich von der Subsistenz (der Hausarbeit) abzugrenzen. Vielmehr holen sie die Hausarbeit aus dem nebulösen Versteck ins Licht des öffentlichen Raums.

Subsistenz und Transformation

Und genau das könnte sich noch als entscheidendes Moment herausstellen: Ein anderes gesellschaftliches Verhältnis zur Subsistenz - andere sagen Lebensweltökonomie oder Versorgungstätigkeiten - wurde von feministischer Seite immer als unabdingbare Voraussetzung für eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung bezeichnet. Denn das Ressentiment gegen die Subsistenz ist gewissermaßen die conditio sine qua non der modernen Ökonomie. Die kapitalistische Produktionsweise beruht notwendig auf der Abwertung der weiblichen (Haus-)Arbeit und der natürlichen Produktivität, weil sich nur so die maßlose Ausbeutung von Frauen und Natur (und Dritter Welt) rechtfertigen lässt. Die Ökologiefrage ist insofern immer auch eine Frage nach dem Geschlechterverhältnis bzw. eine Frage, wie es die Gesellschaft mit der Subsistenz hält.5 Deshalb ist es interessant, wenn plötzlich ein neues Wesen daherkommt, das nicht mehr nur KonsumentIn sein, sondern Gemüse anbauen, Lastenfahrräder bauen, Schrott verwerten will und sich solidarisch mit Menschen erklärt, die Ähnliches anderswo aus noch existentielleren Gründen versuchen. Es ist kein Zufall, dass die Techniken teilweise aus der Dritten Welt kommen, in Sachen Eigenarbeit, mobile Landwirtschaft, Umnutzung und Recycling ist man dort den Industrieländern um Meilen voraus. Die informellen Praktiken sind translokal, weil die ProtagonistInnen über die weltweite Kommunikation miteinander in Austausch stehen, und die Solidarität ist es auch.

Aber ist es vielleicht nur ein "Hype"? Warten wir es ab. Dagegen spricht, dass die Beteiligten so viel Spaß an der Sache haben. "Nachhaltiger Konsum" war bis dato eher eine ernste Angelegenheit, und das ist er eben jetzt nicht mehr. Selbermachen wird zu einem neuen Lebensstil, einem kollektiven Lebensgefühl. Die Leute fühlen sich gut, stolz, kompetent, fähig, unabhängig und in Beziehung, kein Leben im Singular.

Handelt es sich womöglich um eine weitere "Technologie des Selbst"6? Das weiß man noch nicht. Andererseits: Leute, die wissen, wie es geht, die die Dinge fürs tägliche Leben selber produzieren können, werden unregierbarer. Es hätte sehr weitreichende Folgen, wenn dem Kapitalismus die KonsumentIn abhanden käme und er stattdessen plötzlich mit eigensinnigen EigenarbeiterInnen zu tun hätte.

Zumal: Der Anspruch, der sich mit dem neuen Selbermachen verbindet, beschränkt sich nicht mehr auf einzelne Produkte und Projekte, es geht um die Wirtschaft als Ganzes: Produktion, Vertriebswege, Zwischenhandel; es sind ihre Angelegenheiten in einem umfassenden Sinne, die die Leute wieder in ihre Hand nehmen wollen. Das "kreative Milieu" hat eine auffällige Affinität für die "Marke Eigenbau" auch in den Bereichen Arbeit, Markt, Produktion, Organisation und Marketing entwickelt und will davon ausgehend die Welt neu gestalten. In ihrem Buch Marke Eigenbau. Der Aufstand der Massen gegen die Massenproduktion erklären die beiden Autoren Holm Friebe und Thomas Ramge das Selbermachen zum Ausgangspunkt, um Gesellschaft und Ökonomie zu demokratisieren und zu ökologisieren, sie denken Selbermachen und Eigenarbeit nicht mehr als Widerspruch zu Erwerbsarbeit, sondern meinen: "Die Selbstermächtigung des Individuums als kleinste wirtschaftliche Einheit wird [...] unsere Vorstellung von Wirtschaft allgemein verändern"7.

Anmerkungen

1) vgl. Christa Müller (Hg.) 2011: Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt, München.

2) Matias Viegener / David Burns / Austin Young 2012: "So man die Früchte sehen will", in: Elke Krasny (Hg.): Hands-on Urbanism 1850-2012. Vom Recht auf Grün, Wien: 58-69.

3) Nomadisch Grün (Hg.) 2012: Prinzessinnengärten. Anders gärtnern in der Stadt, Köln: 40.

4) Wir beschäftigen uns in einem derzeit laufenden empirischen Forschungsprojekt der Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis gerade mit dieser neuen Bewegung.

5) Vgl. Claudia Werlhof / Maria Mies / Veronika Bennholdt-Thomsen 1983: Frauen, die letzte Kolonie, Reinbek; Adelheid Biesecker / Maite Mathes / Susanne Schön / Babette Scurrell (Hg.) 2000: Vorsorgendes Wirtschaften. Auf dem Weg zu einer Ökonomie des Guten Lebens, Bielefeld.

6) vgl. Luc Boltanski / Eve Chiapello 2003: Der neue Geist des Kapitalismus, Konstanz.

7) Holm Friebe / Thomas Ramge 2008: Marke Eigenbau. Der Aufstand der Massen gegen die Massenproduktion, Frankfurt/M: 191.

Andrea Baier, Soziologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis, München, Arbeitsgebiet: Eigenarbeit und Subsistenz, nachhaltige Lebensstile.