Epistemisches Unbehagen

Die partizipative Entwicklung des Krisenengagements der Bundesrepublik und ihre Kritik

Der Verweis auf zivile Alternativen zum Militärischen hat nicht nur in der Friedensbewegung Tradition: zur Landesverteidigung gibt es die Soziale Verteidigung, zu den Militäreinsätzen die Zivile Konfliktbearbeitung bzw. den Zivilen Friedensdienst, zu Bundeswehrbesuchen an Schulen die Friedensbildung oder zur Rüstungsproduktion und Militärstandorten verschiedene Konversionspläne.

Ganz allgemein fungiert also das Zivile als Alternative zum Militärischen und erfüllt damit eine bedeutsame Kritikfunktion, weil es beschreibt, wie eine andere Welt möglich ist und im besten Fall sogar noch den Weg dorthin operationalisiert.

Doch der Verweis auf das Zivile hat eine Verkehrung erfahren, die auf diskussionswürdige Art und Weise das Militärische zu legitimieren und zu befördern vermag und die Kritik mittels des Zivilen ihrer Funktion enthebt.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, auf welche Weise der Dialog zwischen Militär und zivilen Organisationen die Rolle von Kritik in der Demokratie verändert. Anhand dreier Dialogprozesse, die in zentrale Dokumente der zivil-militärischen policy-Entwicklung mündeten (des Review 2014, des Weißbuchs der Bundeswehr und schwerpunktmäßig des PeaceLab 2016), wird die Rolle von Dialog und Kritik im Verhältnis Militär/Ziviles und in Bezug auf die Politik gegenüber sogenannten „fragilen“ Staaten und Konfliktregionen untersucht. Dass Partizipation nicht gleich Partizipation ist, ist vielfach analysiert und auch kritisiert worden. Dieser Beitrag hebt auf neuere Entwicklungen ab, die 1) den zivil-militärischen Dialog anderen Partizipationsprozessen gleichsetzen, 2) nicht nur militärische Interventionen, sondern darüber hinaus die Entwicklungszusammenarbeit aktiv umzugestalten versuchen und für neu entwickelte Grundlagendokumente plädieren. 3) sucht der Beitrag explizit die Kritik an Begrifflichkeiten und policy-Ergebnissen mit der Kritik an den Kommunikationsstrukturen zu verbinden.

Im Folgenden werden zunächst das PeaceLab 2016 und die Vorläuferprozesse in ihren institutionellen und diskursiven Dimensionen nachgezeichnet und in einem zweiten Schritt die Kritik an Kommunikationsstrukturen und Begriffskonstruktionen formuliert. Die wesentlichen Kritikpunkte werden in einem dritten Schritt knapp zusammengefasst. Ein vierter Abschnitt formuliert grundlegende Alternativen für die Friedenspolitik.

Review 2014, Weißbuch und PeaceLab 2016 – diskutieren Sie mit?

Moderne Politik setzt auf die Partizipation von Bürger_innen, etwa bei Großbauprojekten oder wie die Stadt Stuttgart bei dem „Bürgerhaushalt“. Auch die für die Außen- und Sicherheitspolitik relevanten Ministerien auf Bundesebene setzen auf Dialog und die Idee des besten Argumentes.

Review 2014

Im Februar 2014 startete auf Initiative des deutschen Außenministeriums der Review-2014-Prozess. Politikwissenschaftler_innen, Historiker_innen, Politiker_innen und Analysten aus politischen Think Tanks wurden gebeten, folgende explizit kritisch formulierte Fragen deliberativ zu beantworten: „Was ist, wenn überhaupt, falsch an der deutschen Außenpolitik? Was müsste geändert werden?“ (AA 2014: 5)

Expliziter Anspruch des Prozesses war es, eine möglichst breite, möglichst deliberative Form der Debatte über und Kritik an deutscher Außenpolitik zu finden. Mittels öffentlicher Veranstaltungen, sowie zahlreicher Partizipationsmöglichkeiten für Interessierte auch außerhalb des (sicherheits-)politisch/akademischen Umfeldes sollte dies gewährleistet werden (ebd.: 5, 16). Es zeigt sich ein – hier vom damaligen Außenministers Frank Walter Steinmeier formulierter – Anspruch, der sowohl im Weißbuch der Bundeswehr (BMVg 2016) als auch im PeaceLab-Prozess weiter verfolgt werden sollte: „Denn diesen Dialog mit den Bürgern, das ist aus meiner Sicht eine der zentralen Schlussfolgerungen aus dem Review-Prozess, wollen und werden wir auch über dieses Projekt hinaus fortsetzen.“ (AA 2014: 5).

Die zentrale diskursive Rahmung des Review 2014 führt der damalige Außenminister bereits in der Einleitung aus: „Unser Land wird geschätzt dafür, wie es sich weltweit für Ausgleich und friedliche Konfliktbeilegung, für Gerechtigkeit und Rechtstaatlichkeit, für Menschenrechte und ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell einsetzt.“ (ebd.: 6)

Sowohl die kollektive Identifikation mit „unserem Land“, wie auch die anscheinend selbst-evidente Vorstellung deutscher Außenpolitik als einer humanitären Werten verpflichteten Form politischen Handelns erscheint somit als nicht hinterfragbare Setzung des deliberativen Prozesses. Die Diskussion scheint für alles offen, nur die hehren Ziele der Bundesregierung sind nicht infrage zu stellen.

Ausgehend von diesen Prämissen sieht sich „Deutschland“ einem nahezu universellen Krisenzustand gegenüber (vgl. ebd.; ähnlich Bundesregierung 2017: 5). Zahlreiche Beispiele hierfür von der Annexion der Krim, über die Ebola-Epidemie in Westafrika, den jüngsten Gaza-Krieg, bis hin zum Bürgerkrieg in Syrien suggerieren das Bild eines stetig drängender werdenden Handlungsdrucks gegenüber einer vermeintlichen Welt aus den Fugen, der sich auch mit einer externen Erwartungshaltung bzgl. deutscher Außenpolitik verbindet. Das rahmende Deutungsmuster mit dem deliberativen Prozess bildet somit die Erzählung von der Zivilmacht Deutschland, von der im In- und Ausland erwartet wird, angesichts zunehmend krisenhafter Entwicklungen in der Weltpolitik nun endlich entschieden und unter Verwendung des gesamten außenpolitischen Instrumentenkastens zu handeln.

Weißbuch der Bundeswehr

Zwischen 2015 und 2016 gab es mit dem Weißbuchprozess einen sehr ähnlichen Beteiligungsprozess für das Verteidigungsministerium (BMVg).[1] Insbesondere stand hier eine öffentliche Reihe von zehn Workshops mit Expert_innen im Zentrum des deliberativen Austausches – der ‘ehrlich’ und ‘nicht hinter verschlossenen Türen’ stattfand (vgl. BMVg 2016).

Das neue Weißbuch der Bundeswehr löste 2016 das 2006 herausgegebene Weißbuch als „Kompass“ für die Sicherheitspolitik ab und sollte angesichts „veränderter Bedrohungslagen“ das Selbstverständnis „Deutschlands“ in der internationalen Sicherheitspolitik klären (ebd.).

Auf der BMVg-Website zum Weißbuch der Bundeswehr ist der partizipative Ansatz in diesem Prozess folgendermaßen formuliert: „Jetzt geht es darum, die sicherheitspolitische Debatte in der Gesellschaft zu verstetigen.“ (ebd.) Bereits im Vorwort vollzieht die Bundeskanzlerin Angela Merkel eine ganz ähnliche Rahmung wie beim Review 2014:

„Die Welt im Jahr 2016 ist eine Welt in Unruhe. […] Deutschlands wirtschaftliches und politisches Gewicht verpflichtet uns, […] Verantwortung für die Sicherheit Europas zu übernehmen, um gemeinsam Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht zu verteidigen. […] Dafür ist es unerlässlich, dass unsere zivilen und militärischen Instrumente zusammenwirken.“ (ebd.)

Der sogenannte „Instrumentenkasten“, bei dem das Militär eines der Werkzeuge ist, bildete einen zentralen diskursiven Referenzpunkt im Weißbuch. Die krisenfördernde Dynamik von Militär und die katastrophale Krisenproduktion vergangener Interventionen werden in der Diskussion über die richtigen Instrumente allerdings ausgespart. Stattdessen zeichnen Elemente wie die Vorstellungen, dass die Welt aus den Fugen sei und ein kollektives „Wir“ dafür Verantwortung trage, dass die am Prozess beteiligten Akteure dieselben hehren Ziele teilten und dass die Anwendung eines (militärischen) Instrumentenkastens die richtige Wahl sei, den diskursiven und methodischen Rahmen des Projektes vor.

Diffuse, sogar „hybride“ Bedrohungen bzw. Bedrohungszuschreibung werden dabei in allen Bereichen erkannt, inklusive bei Flucht und Migration oder im Cyberraum (vgl. ebd.). Die Antworten sind wenig überraschend. Es ist fraglich, ob sie ohne einen deliberativen Prozess für das BMVg anders ausgefallen wären: Trendwenden im Personal, in der Aufrüstung sowie Finanzierung. Zudem soll sowohl in den Kapazitätsaufbau im Inland – hier wird der Begriff der „Resilienz“ gebraucht – wie Kapazitätsaufbau im Ausland investiert werden – in „verletzlichen“ Staaten wie Afghanistan oder Mali wird der Begriff der „Ertüchtigung“ verwendet (ebd.; vgl. ähnlich Bundesregierung 2017: 37).

PeaceLab 2016

Der Peacelab-2016-Prozess schließlich ist ein vom Auswärtigen Amt im Zusammenarbeit mit dem „Global Public Policy Institute“ (GPPI 2017) angestoßener Diskussionsprozess zur Begleitung der Entwicklung neuer Leitlinien der Bundesregierung für Krisenengagement und Friedensförderung. Dieser Prozess entwickelte zwischen Juni 2016 und Juni 2017 Leitlinien für die Krisenintervention, -prävention und das „Krisenengagement“ der Bundesregierung. Die Leitlinien, die den „Aktionsplan Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ von 2004 sowie die Leitlinien „Für eine kohärente Politik der Bundesregierung gegenüber fragilen Staaten“ von 2012 ablösen sollen, wurden noch vor der Bundestagswahl am 14. Juni 2017 vom Bundeskabinett verabschiedet (Bundesregierung 2017; PeaceLab 2016).

Der Prozess sollte die Einbeziehung verschiedener Akteure_innen gewährleisten: „Bis dahin [Frühjahr 2017] möchte die Bundesregierung mit Experten aus Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft und einer breiteren Öffentlichkeit über zentrale Fragen diskutieren. […] Diskutieren Sie mit!“ (PeaceLab 2016) Ähnlich wie beim Weißbuch soll die Diskussion über militärische Krisenintervention in die Gesellschaft verlagert und verstetigt werden. Die BMVg-Website zum Weißbuch ist von PeaceLab verlinkt. Dieser deliberative Anspruch zeigt sich auch in der Formulierung der Abschlusserklärung des PeaceLab-Prozesses, in welcher die einzelnen Standpunkte explizit als Debattenbeiträge gekennzeichnet werden (PeaceLab 2017).

Diskursanalytisch sollten die Parallelen der Entwicklung der Diskurse in den USA nicht ignoriert werden; diese prägen internationale Sicherheitsdiskurse selbstverständlich nach wie vor. Grundlage ist hier eine Entwicklung von militärischen Interventionshandbüchern wie FM 3-24 (US Army 2006) hin zu Konzepten wie im Dokument ATP 3-24.3 „Cultural and Situational Understanding“ (US Army 2015), in dem die Verfasser stärker auf interkulturelle Kompetenz abheben und gleichsam einem kultursensiblen Diskurs in der Öffentlichkeit Rechnung tragen – mit oberflächlichen Kulturkonzepten und Stereotypen aber kläglich scheitern.[2] Auch in den PeaceLab-Prozess gingen diese Konzeptionen unter dem Stichwort der „Kontextsensibilität“ ein: „Die lokale Kultur bilde den Rahmen für jede Intervention: Nur kulturelle Sensibilität könne die Akzeptanz der Maßnahmen erhöhen und lokalen Aneignungsprozessen genügend Raum geben.“ (PeaceLab 2016: 14; ähnlich Bundesregierung 2017: 22, 32) Relativ offen wird hierbei Sinn und Zweck dieser Art interkultureller Kompetenz formuliert. Von ihr hänge letztlich die: „Akzeptanz von Maßnahmen“ ab (Bundesregierung 2017: 32). In den US-Dokumenten ist allerdings die counterinsurgency-Orientierung wesentlich offener formuliert als in den deutschsprachigen Dokumenten. Während der deutsche PeaceLab-2016-Prozess explizit unter der Forderung nach einem „friedenspolitischem Leitbild“ stand (PeaceLab 2016: 11), stehen die US-amerikanischen Konzeptionen noch sehr viel deutlicher unter der Maxime „Winning Hearts and Minds“, einem Motto US-geführter counterinsurgency-Interventionen bereits seit dem Vietnamkrieg; der Begriff geht ins 19. Jahrhundert zurück (vgl. Paret u.a. 1986). Es geht um Akzeptanz, die nicht nur in der Intervention erreicht werden will, sondern mittels der partizipativen Einbindung in die Politikentwicklung auch zuhause.[3]

PeaceLab 2016 erscheint zudem als ein Versuch, die Strategie der Intervention (unter Verschleierung direkter und nicht-direkter Gewaltformen) als möglichst „gewaltfrei“ zu präsentieren und ethische Infragestellungen zu marginalisieren, etwa im Zusammenhang mit den mittels Interventionen neu etablierten oder reproduzierten lokalen, globalen und transnationalen Machtverhältnissen.

Kritik formulieren: Warum ein Unbehagen am kommunikativen Austausch?

Allen drei staatlichen Prozessen – dem Review-2014-Prozess, dem Weißbuch 2016 und dem PeaceLab-2016-Prozess – ist gemeinsam, dass sie zu einer Debatte unter „Expert_innen“ einlädt – bei der neben den üblichen etablierten Think Tanks, Politiker_innen wie Ursula von der Leyen oder militärischem Personal auch kritische Stimmen aus der Friedensforschung zu Wort kommen sollen und dürfen. Ein in der Demokratie scheinbar lobenswertes Projekt – und doch hinterlassen die bisherigen Projektergebnisse ein epistemisches Unbehagen.

Ein erster Impuls des Unbehagens an den Prozessen betrifft folgende zwei Kritikpunkte: Es besteht die Gefahr, dass aufgrund hegemonialer Kräfteverhältnisse die unterrepräsentierten kritischen Stimmen zu wenig gehört werden und sie sich so im deliberativen Wettkampf um das bessere Argument nicht durchsetzen können. Man könnte auch sagen, die kritischen Beiträge sollen von den Verantwortlichen wissentlich in Kauf nehmend nur eine Feigenblattfunktion erfüllen; sie werden letztlich vereinnahmt. Beide Kritiken fokussieren jedoch das Wer, das heißt Akteur_innen, deren Interessen und die darin liegende Macht zur Endredaktion von Politikpapieren, welche kritische Debattenbeiträge marginalisieren.

Ein epistemisches Unbehagen an diesen Prozessen sollte also nach dem Wer fragen: Wer ist beteiligt? Wer vertritt welche Interessen? Auf Basis welchen Interesses wird ein solcher Prozess von staatlicher Seite überhaupt angestrebt? Zuvörderst aber geht es um das Was: Welche Ergebnisse zeitigt der Prozess? Findet tatsächlich eine Transformation von Politik statt? Welche Konzepte werden vorausgesetzt oder entwickelt? Ebenso ist das Wie zu hinterfragen: Inwiefern sind gesellschaftliche Machtverhältnisse in diesen Prozessen von Beginn an festgeschrieben? Welche Strukturen begleiten den Prozess? Wie funktionieren die Mechanismen von Vorschlag, Kritik, Gegenrede und Erstellung eines Dokuments? Über die am Prozess Beteiligten oder die Konstruktion von Begriffen hinaus muss der Prozess selbst ins Blickfeld geraten. Das epistemische Unbehagen am kommunikativen Austausch beschäftigt sich also in besonderer Weise mit der Frage, inwiefern gesellschaftliche Machtverhältnisse in Kommunikationsprozessen sowie Begriffskonstruktion und -verwendung von Beginn an eingeschrieben sind und nicht erst durch eine interessengeleitete Endredaktion gelenkt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die durchaus erkenntnisreiche Frage nach den beteiligten Akteuren die epistemischen Setzungen reproduziert und für die beteiligten kritischen, da zivilen Positionen kaum der Raum bleibt, selbst eigene Begrifflichkeiten und „Alternativen“ zu entwickeln (vgl. Pfeifer & Spandler 2014).

Wie? Kommunikationsstrukturen

In der Vorbemerkung zum Weißbuch 2016 heißt es:

„Mit diesem inklusiven und partizipativen Ansatz folgt das Weißbuch 2016 dem modernen Verständnis von Strategiefindungsprozessen. Er lebt vom Engagement, von den Beiträgen und kritischen Anregungen aus Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, interessierter Öffentlichkeit und internationalem Umfeld.“ (BMVg 2016: 17)

Mit Bezug auf Gayatri Chakravorty Spivak (1993) beschrieb Sabine Grimm treffend bereits vor 20 Jahren ein generelles Problem einer im weitesten Sinne auch hier vorliegenden Dekonstruktion: Dass die völlige Verweigerung gegenüber der Struktur, die man angreift und zugleich verinnerlicht hat, unmöglich ist, macht den dekonstruktivistischen philosophischen Standpunkt aus. (Grimm 1997: 3).

In Prozessen wie dem PeaceLab 2016 wird die stilisierte machtkritische „Dekonstruktion“ jedoch noch einmal verkehrt: Machtvolle Strukturen schaffen vor dem Diskurs einen Kontext, in dem man sich zwar dem Dialog weiterhin verweigern kann und damit von der hegemonialen Diskursbildung ausgeschlossen ist. Zugleich wird jedoch der Diskursraum so gesetzt, dass jede Einlassung am Diskurs selbst schon vermeintlich kritisch ist. Da alle Partizipierenden gleichermaßen an einer Überarbeitung vermeintlich überkommener Konzepte interessiert sind, kann sich jede Position als progressive Einlassung stilisieren. Die eigentlich kritische Dekonstruktion wird hier zu einer Simulation, die alle teilnehmenden Standpunkte als Kritische unter Gleichen mischt. Damit wird die ursprüngliche Kritik, etwa das Zivile als Alternative zum Militär, ihrer Funktion enthoben, denn alles wird zu Kritik, alles zu Debatte. Die versprochene progressive Überarbeitung findet in einem deliberativen Prozess statt (hierzu: Latour 2007).

So erscheinen die eigentlichen Adressat_innen der Kritik am Militär, etwa die Verteidigungsministerin, vermittelt durch den Kontext selbst als dessen, wenn auch moderate, Kritiker_innen. Sie adressieren gemeinsam mit den zivilen Organisationen als Kritische unter Gleichen einen allerdings vordiskursiv gesetzten Kontext („Wie mehr deutsche Verantwortung übernehmen?“). Dabei verblasst jede kritische Haltung, da sie, wenn sie nicht äußerlich bleibt, zum Gelingen des Prozesses beiträgt. Einige Positionen verlieren in diesem Prozess ihr Kritikpotenzial („die Pragmatischen“), andere Positionen werden zur progressiven Kritik erklärt (etwa wenn die Verteidigungsministerin erklärt, der „alte Antagonismus von ‘zivil’ und ‘militärisch’“ [Hervorh. d. Autorin] müsse überwunden werden (von der Leyen 2016). Wenn aber alles Kritik oder äußerlich ist, gibt es keine gelingende Kritik mehr.

Stellen Organisationen sich als „Themenpaten“ für „Outreach-Veranstaltungen“ (AA 2016a: 2) im PeaceLab-2016-Prozess zur Verfügung, so müssen sie sich fragen lassen, inwieweit sie sich hier in die Publikationsstrategie des Auswärtigen Amtes vereinnahmen lassen. Mit dem Finger auf jene zu zeigen, die in der guten Abwägung der Argumente über ihre Teilnahme am Prozess sich für diese entscheiden, würde jedoch die zumeist prekäre Lage dieser Akteur_innen verkennen, die hierin eine Chance erkennen, überhaupt Gehör zu finden und Politik mitzugestalten. Diese Akteur_innen sind sich ihrer Position in einem hegemonialen Machtgefüge bewusst. Sie haben lediglich die Hoffnung, ihre Positionen zu Gehör gebracht zu haben. Ihr Sprechen ist eine Möglichkeit der Intervention, nicht aber der Gestaltung. Statt ihnen im „normalen“ politischen Prozess etwa bei „Expert_innen-Anhörungen“ in Ausschüssen oder auf Podiumsdiskussionen generell einen besseren Platz einzuräumen, wird ihnen im Prozess des PeaceLab 2016 ein quasi extra-politischer Raum eröffnet. Ihre Rettung ist ein „strategischer Pragmatismus“.

Partizipation wird damit in der Tendenz in Akzeptanz verkehrt; Ablehnung ist sogar erwünscht, weil es hilft, das Außen der Debatte zu rahmen und diese zu stabilisieren. Wurde der PeaceLab-Prozess von diesem Verhältnis bestimmt, so müssen in der Konsequenz diejenigen, die zivile Techniken nicht der militärischen Logik unterordnen wollen, mit ihrer Kritik die in den Strukturen festgeschriebenen Ausgangsbedingungen herausarbeiten.

Wer? Akteure, Interessen, Machtverhältnisse

Selbst wenn in den Dokumenten zum PeaceLab-2016-Prozess vom „Vorrang des Zivilen“ die Rede ist, bezieht sich dies auf die Einschätzung zur Wahl möglicher Instrumente, nicht auf das tatsächliche Verhältnis zwischen dem Militärischen und dem Zivilen etwa als eigene „Wissensregime“ (mit unterschiedlichen Werten, Ideologien, Sprachlichkeiten und Konsequenzen). Machtverhältnisse, die darüber konstruiert werden, bleiben unbeachtet; die „offene und inklusive Diskussionskultur“ (AA 2016b) bezieht sich nur auf einzelne Parameter einer Politikstrategie, nicht auf eine Grundsatzdebatte. Diese Machtverhältnisse bestimmen ebenfalls mit, wer die gemeinsame Wissensproduktion final editieren darf.

In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisierten beispielsweise die Plattform Zivile Konfliktbearbeitung und das Forum Menschenrechte bereits zum dritten Umsetzungsbericht der Bundesregierung zum Aktionsplan 2010, es gebe eine neue Hierarchisierung von Militär und Zivilem im Konzept der vernetzten Sicherheit (Plattform Zivile Konfliktbearbeitung & Forum Menschenrechte 2010: 1). In den aktualisierten Leitlinien ist nun der Zusatz zu finden, man werde „wo immer möglich“ zivilen Maßnahmen Vorrang einräumen (Bundesregierung 2017: 23), was allerdings vermuten lässt, dass der Vorrang des Zivilen nun gerade keine verbindliche Vorgabe sein wird (WFD 2017) – trotz der Aussage zum Friedensauftrag, der anders als im Weißbuch 2016 (BMVg 2016) recht stark formuliert ist (Bundesregierung 2017: 19; vgl. auch Nachtwei 2017). Die Machtverhältnisse im Bereich der Konfliktprävention und -bearbeitung sind demnach trotz aller Selbstverpflichtung deutlich von einer militärischen Priorität bestimmt – diese Kritik wurde bereits innerhalb des PeaceLab-Prozesses laut (etwa in der Kritik am „extremen Ungleichgewicht zwischen finanziellen Ressourcen für zivile und militärische Instrumente“, GPPI 2017: 11).

Auch die Grünen im Bundestag (2017) haben die verabschiedeten Leitlinien aus dem PeaceLab bereits im Hinblick darauf kritisiert, dass nicht einmal innerhalb des staatlichen Ensembles die Zuständigkeiten für die Krisenprävention klar in zivilen Gremien verortet sein werden: Das Auswärtige Amt wird sich zukünftig den Ressortvorsitz des „Ressortkreis zivile Krisenprävention“ mit dem Verteidigungsministerium teilen. Innerhalb des staatlichen Ensembles verschieben sich die Machtverhältnisse im Verlauf dieses Partizipationsprozesses also noch hin zum Militär.[4]

Sehr grundlegend ist es zudem fraglich, ob „Militär“ oder „Ziviles“ als Instrumente zu denken sind, wie dies mit dem Verweis auf den „Instrumentenkasten“ geschieht (etwa AA 2014; BMVg 2016). Dieses Verständnis entpolitisiert Militär (aber auch das Zivile) vollkommen, unterstellt es doch, dass politische Entscheidungsprozesse lediglich beispielsweise im Bundestag abliefen und verkennt darin die Eigendynamik, die dem Militärischen etwa im Einsatzland innewohnt.

Was? Begriffskonstruktionen und Ergebnisse

Hieran schließt sich die Kritik an Begrifflichkeiten an. Die Idee von „fragile states“ bildet das Grundgerüst für die Argumentation der Bundesregierung, an Interventionen teilzunehmen (Bundesregierung 2017: 8f). Die wissenschaftliche Debatte um diese Begriffe auch in der deutschsprachigen Friedens- und Konfliktforschung ist jedoch keineswegs neu, sondern reicht bereits über ein Jahrzehnt zurück. Immer wieder wurde in dieser Debatte deutlich, dass der Begriff des „failed“ oder „fragile state“ historische Konstitutionsbedingungen der „betroffenen“ Staaten ignoriert, die historische und politische Einbettung des eigenen Ideals in spezifischen Entwicklungen vergisst und das Verhältnis Staat-Gesellschaft als das einer neutralen, regulierenden Steuerungsinstanz gegenüber vielfältigen, interessengeleiteten, aber einander gleichgestellten Akteuren idealisiert wird.[5] Die Begrifflichkeit ist letztlich kolonial konnotiert: Unterstellt wird eine diffuse Grenze zwischen „westlichen“, funktionierenden und „nicht-westlichen“ Staaten mit großen Problemen. Akhil Gupta und Aradhana Sharma (2006: 10f) kritisieren z.B. aus postkolonialer Perspektive, die Kriterien für einen „starken“ Staat träfen meist auf ein spezifisches Subset „westlicher“ Nationalstaaten zu und lösten die Analyseeinheit Staat von ihrer historisch-kulturellen Verankerung. Die Definitionsmacht über das Scheitern liegt bei denjenigen, die auch die Intervention planen, dient also ebenso zur Legitimation. Denn: Der Begriff wurde von der strategischen Aufstandsbekämpfung in die Forschung eingebracht und nicht umgekehrt.[6] Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD & INCAF 2012; vgl. Herzer 2015) und andere Akteure haben ansatzweise auf diese Debatten reagiert und ihre Modelle erweitert, wenn auch nicht grundsätzlich hinterfragt. Die Bundesregierung (s. AA u.a. 2012; darauf aufbauend AA 2016a) ignoriert diese Debatte weitgehend.

Zudem verdeutlicht der Begriff, dass die von der Bundesregierung angestrengte Erarbeitung eines „Leitbilds für das deutsche Krisenengagement“ (AA 2016a: 1) keinerlei Reflexion über die allgemeinen Krisentendenzen globaler wirtschaftlicher Zusammenhänge bzw. dessen Zusammenhänge mit gewaltsamen Konflikten zur Grundlage hat. Ein blinder Fleck des failed-states-Begriffs ist gerade die Rolle des Staates für die langfristige Stabilität des Wirtschaftsmodells. Sicherheit und Entwicklung hängen für die Bundesregierung zusammen (bereits in AA u.a. 2012: 2), doch ein Verständnis für die weltweiten, konfliktiven Auswirkungen der eigenen wirtschaftspolitischen Rolle wird nicht formuliert (vgl. Plattform zivile Konfliktbearbeitung 2017: 1; Vogler 2016).

Die Betonung des „strategischen Gesamtansatzes“ – also die Integration von Krisenprävention, Stabilisierung in akuten Krisenlagen und „Konfliktnachsorge“/„peacebuilding“ – (AA 2016a: 1) und verschiedener Konfliktphasen erscheint eher als eine Anlehnung an bestehende Konzepte der Aufstandsbekämpfung wie das phasenorientierte clear-hold-build: Wenn das Gebiet „frei“ von Aufständischen ist und „Sicherheitskräfte“ etabliert sind, soll die Unterstützung der Bevölkerung dadurch gewonnen werden, dass Infrastruktur, Ernährungssicherung und Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Abwasser oder Bildungsmöglichkeiten bereitgestellt werden.[7] Wiederum integriert dieser sicherheitslogische Ansatz diese zivilen Aufgaben bis hin zur (post-conflict-)Traumabearbeitung in militärische Aufgaben oder zumindest unter militärische Aufsicht.

Die quasi-kolonialen Tendenzen, die der Anthropologe Roberto González bereits dem vielbeachteten counterinsurgency-Handbuch FM 3-24 des US-Militärs von 2006 bescheinigte, sind in abgeschwächter Form auch aus den Leitlinien und Strategiepapieren der Bundesregierung herauszulesen –„though ‘empire’ and ‘imperial’ are taboo words, never used in reference to US power“ (González 2007: 16) –, etwa wenn die Bundesregierung die eigene Verankerung in Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Verfahren betont, während Krisenkonstellationen im ‘Anderen’ verortet und der eigene Anteil bzw. die Grundlage von (bewaffneten) Konflikten in globalen Ungleichgewichten und Machtasymmetrien weitgehend ignoriert werden (vgl. Bundesregierung 2017: 8f).

Wesentliche Kritikpunkte zusammengefasst

Mit dem Review 2014, dem Weißbuchprozess 2016 sowie dem PeaceLab 2016 beschritt die Bundesregierung einen modernen Ansatz von policy-Gestaltung über deliberative Prozesse, der auch kritische Stimmen zuließ. Eine Kritik an diesem Prozess stellt weniger die Auswahl von vertretenen Positionen in den Papieren und die Endredaktion in den Vordergrund, sondern vielmehr das Zusammenspiel von weitgehend unbearbeiteten Machtverhältnissen, Kommunikationsstrukturen und im Vorfeld gesetzten Begriffen.

Kritik an dieser Konstellation zu üben ist dabei nicht ohne Spannungen möglich, da sowohl die Gefahr besteht, sich in einer Form von Metakritik ohne wesentlichen Erkenntnisgewinn am Gesagten „abzuarbeiten“, als auch selbst Bestandteil des kommunikativen Austauschs zu sein. In diesem Austauschverhältnis kann es dann dazu kommen, dass die unter Umständen durchaus argumentationsreiche Kritik selbst zum stabilisierenden Faktor eines Diskurses wird, der das Zivile einbindet, jedoch letztlich nur das Militärische zur Konsequenz hat.[8]

Ziel der Argumentation war es daher, auszuloten, inwiefern der Kommunikationsprozess selbst, verbunden mit begrifflichen Setzungen, eine spezifische Weltsicht (und eine bestimmte Rolle der Intervenierenden) bereits konstituiert, ein Wissensregime etabliert. Die Kommunikationsstrukturen der Prozesse führen also dazu, dass Kritik innerhalb dieses (militärischen) Wissensregimes aufgeht. Dies hat in letzter Konsequenz ganz handfeste militärische Gewalt zur Folge. Machtverhältnisse innerhalb des Prozesses und Hierarchien zwischen Militärischem und Zivilem bleiben unbeachtet, wirken sich aber auf den Prozess aus, ebenso wie handfeste Interessen beteiligter Akteur_innen. Eine Entpolitisierung des Militärischen, etwa über die Konstruktion eines Instrumentenkastens, verschleiert, wie umkämpft unterschiedliche Ideen der Krisen- und Friedenspolitik tatsächlich sind. Die den Prozessen zugrunde gelegten und aus ihnen entstehenden Konzepte und Begriffe, die militärisches Handeln leiten sollen, sind höchst kritikwürdig, wenn wir wissenschaftlich informierte Debatten zu Krisen, bewaffneten Konflikten und peacebuilding zugrunde legen.

Diese drei Kritikpunkte finden sich im Rückblick auch in den kritischen bis enttäuschten Reaktionen der zivilgesellschaftlichen Organisationen auf die letztlich nach dem PeaceLab-Prozess verabschiedeten Leitlinien der Bundesregierung.[9] Grundlegend ist Folgendes: Im PeaceLab 2016 wird das Militärische durch den gewählten kommunikativen Prozess im Allgemeinen und die Konstruktion von Begriffen im Speziellen nie in seiner Existenz, sondern lediglich in seiner Essenz,[10] das Zivile hingegen in seiner selbstständigen Existenz, jedoch nur selten in seiner Essenz kritisiert. Dieses Verhältnis gilt es umzukehren. Dafür bedarf es einer doppelten kritischen Haltung. Diese muss kritisieren, wie Militär eingesetzt wird (etwa im Zusammenwirken mit anderen „Instrumenten“), diese inhaltliche Kritik aber zugleich in eine radikale Kritik der Existenz des Militärs überführen. Sie muss aber auch die Kritik an einer sinnvollen selbstständigen Existenz des Zivilen („mit Zivilem allein“) zu einer Diskussion über deren konkrete Ausgestaltung verschieben. Eine solche Verschiebung kann Lernprozesse anstoßen und einen Diskurs über die Ausgestaltung des Zivilen voranbringen. Viele spannende Überlegungen sind hierfür bei den „strategischen Pragmatiker_innen des Zivilen“ etwa beim PeaceLab 2016 zu finden (vgl. Plattform Zivile Konfliktbearbeitung 2017; Netzwerke 2017).

Die Arbeit am Zivilem in all seinen Formen (Begrifflichkeiten, Praxis vor Ort, Netzwerkbildung, usw.) muss die Kritik der Existenz des Militärischen bleiben, indem sie dieses nicht in der Zusammenarbeit zu zivilisieren versucht, sondern das Militärische selbst zurückdrängt.[11]

Was bedeutet das für das Zivile?

Im Folgenden erläutern wir sieben kritische Punkte zur Essenz des Zivilen.

1.   Zivile Konfliktbearbeitung braucht deutliche politische Ziele und Positionierungen: Frieden ist ein strittiger Begriff

Der Begriff Frieden ist zu einem missverständlichen Label geworden, das vor allem auch für militärisches Handeln missbraucht wird. Militärische Interventionen im Namen des Friedens sind zu einer Normalität geworden. Die „Vision eines positiven Friedens“ mit einem „würdevollen Leben“, „nachhaltiger Entwicklung“ und „sozialer Gerechtigkeit“ (Bundesregierung 2017: 18) darf nicht bloße Rhetorik bleiben.

Es ist notwendig, sich wieder auf die Ursprünge der Friedensforschung zu besinnen. Die Abwesenheit von Krieg ist kein ausreichendes Ziel. Es muss um Gewaltverhältnisse, deren Ursachen und die Veränderung dieser Ursachen gehen. Gewalt, die überwunden werden muss, hat viele Formen. Es gibt kulturelle, strukturelle, epistemische wie auch physische und psychische Gewalt. Frieden als eine Überwindung auch struktureller Gewalt ist ein konfliktreicher Prozess. Damit umzugehen ist die Aufgabe von ziviler Konfliktbearbeitung.

2.   Problemlösungsdenken entpolitisiert

Der Diskurs der „failed“ oder „fragile states“, an dem angesetzt wird, ist ein Beispiel für eine Problemlösungsorientierung. Diese sieht vermeintlich sachlich-neutral aus; sie dominiert zunehmend die Friedensforschung wie auch die politische Praxis. Das ist problematisch. Denn bestehende Kontroversen werden übergangen und die Konfliktsituation wird entpolitisiert: Die Ursachen für Instabilität werden auf wenige Faktoren reduziert, die in den Ländern selber gesucht werden. Damit werden historische Bedingungen, insbesondere Jahrhunderte der Kolonialherrschaft und deren destruktive Folgen, ausgeblendet. Globale strukturelle Ungleichheit oder auch beispielsweise die Rolle von Waffenhandel werden ausgeklammert oder es wird suggeriert, technische Interventionen wie post-shipment-Kontrollen könnten den Export von Rüstungsgütern von seinen Problemen befreien (Bundesregierung 2017: 37) – Damit wird gerade der eigene Anteil der westlichen Staaten am Bestehen von instabilen Regionen und Gewaltkonflikten ausgeblendet.

Problematisch ist auch die Gegenüberstellung von nicht-westlichen Staaten als Problemfälle, die unfähig sind, selber zu handeln, mit westlichen Staaten als die überlegenen Problemlöser mit Handlungskompetenz. Dies kann als Kolonialität im Denken wie auch in der Praxis bezeichnet werden (vgl. etwa Gupta & Sharma 2006).

3.   Konfliktbearbeitung muss Konflikte so entwickeln, dass Gewaltverhältnisse, Unterdrückung und Ungerechtigkeit transformiert werden

Es sollte die Aufgabe ziviler Konfliktbearbeitung sein, ungerechte und Gewalt produzierende Strukturen zu transformieren. Das erfordert eine Analyse der Ursachen, die die koloniale Rolle Europas ausdrücklich mit einbezieht. Ziele der angestrebten Veränderung müssen benannt werden. Daraus ergibt sich, mit wem Kooperationsbeziehungen aufgebaut werden können.

Wird ein regionaler Machthaber mit Einfluss über bewaffnete Gruppen, der offener Gegner von Frauenrechten ist, zum Kooperationspartner für politische oder wirtschaftliche Governanceleistungen aufgebaut? Oder werden Menschenrechtsaktivisten und Frauenrechtsorganisationen, die äußert marginalisiert und unter großen Gefährdungen arbeiten, gefördert und als Kooperationspartner betrachtet? Letzteres würde auch bedeuten, einflussreiche, bewaffnete lokale Akteure oder die „eigene“ Rüstungslobby stärker zurückzuweisen.

Der Bezug auf die Zivilgesellschaft gehört zum Grundverständnis ziviler Konfliktbearbeitung. Doch ist der Begriff „Zivilgesellschaft“ zu allgemein formuliert. Auch hier muss gefragt werden: Wer ist tatsächlich gemeint? Welche zivilgesellschaftlichen Akteure passen zu den gesetzten Zielen? Diese müssen konkret formuliert sein. Wer arbeitet an der Überwindung von Gewaltverhältnissen in einem weiten Sinne und an der Transformation von Strukturen der Unterdrückung und Ungerechtigkeit?

Im Rahmen von liberalem peacebuilding wird begleitend zum externen Staatsaufbau mit internationalen Förderprogrammen ein technokratischer Zivilgesellschaftsaufbau betrieben. Hier werden funktionierende Abwicklungspartner für westliche Förderprogramme geschaffen, aber keine mit der Gesellschaft verbundenen, unabhängigen Organisationen.

Zivile Konfliktbearbeitung braucht eine eigenständige politische Positionierung und Zielsetzung. Beispielsweise kann die lokale Arbeit für die Strafverfolgung von Kriegsverbrechern unterstützt werden, wenn dies wie in Afghanistan von mehr als 80 % der Bevölkerung gefordert wird. Dies könnte bedeuten, Rechtsprechung zu stärken, aber auch, bislang den sogenannten Staatsaufbau dominierende Strategien und Ziele wie das powersharing mit warlords und Kriegsverbrechern zu verwerfen. Klare Position muss v.a. gegen illegale Aktivitäten der an Interventionen beteiligten internationalen Militärkräfte bezogen werden, u.a. ist es klar, dass die zivile Konfliktbearbeitung deutliche Stellung gegen die Entwicklungen des Drohnenkrieges und gegen die völlige Aufweichung der Genfer Konventionen und des humanitären Rechts (Angriffe auf medizinisches Personal, Krankenhäuser usw.) beziehen muss (hierzu Gregory 2016). Internationale Polizeimissionen und -kooperationen und die „Stärkung des Sicherheitssektors“ (Bundesregierung 2017: 36, 38) dürfen nicht in Zusammenarbeit mit Staaten angestrebt werden, deren Sicherheitsinstitutionen selbst systematisch schwerste Menschenrechtsverbrechen begehen, wie etwa in Mexiko.[12]

4.   Keine Vereinnahmung und Einbindung in Konzepte zivil-militärischer Zusammenarbeit zulassen

In Konzepten der zivil-militärischen Zusammenarbeit werden zivilgesellschaftliche Akteure in den Kriegs- und Krisengebieten, in die interveniert wird, nicht als diejenigen betrachtet, die mit ihren Zielen und Fähigkeiten den Prozess maßgeblich anleiten. Ganz im Gegenteil. Sogenannte zivile Instrumente der zivil-militärischen Zusammenarbeit, der Nothilfe und der Entwicklungshilfe werden strategisch eingesetzt, um die Akzeptanz in der lokalen Bevölkerung für die militärische Präsenz und den durch externe Regierungen gesteuerten umfassenden Umbau der Gesellschaft zu erreichen.

Weil das Militär allein nicht erfolgreich militärische Missionen beenden kann – die Einsatzziele umfassen komplexe Veränderungen der politischen, ökonomischen und institutionellen Voraussetzungen –, ist die Zusammenarbeit mit zivilen Akteuren für das Militär grundlegend notwendig. Dabei wird eine vermeintliche gemeinsame sicherheits- und entwicklungspolitische Aufgabe angenommen. Interessen und Absichten ziviler und militärischer Akteure sollen möglichst aneinander angeglichen werden. Doch letztlich unterstützen die Konzepte der vernetzten Sicherheit vor allem die militärische Mission. Die militärische Zielerreichung und das militärische Kommando haben Vorrang.

Wenn die politische Positionierung fehlt, läuft zivile Konfliktbearbeitung Gefahr, durch militärische Strategien und Ziele im Rahmen von comprehensive approaches oder vernetzter zivil-militärischer Sicherheit vereinnahmt zu werden. Eine solche Vereinnahmung muss die zivile Konfliktbearbeitung zurückweisen und tatsächlich zivile Konfliktprävention konkret einfordern.

5.   Andere Netzwerke aufbauen

Positionierung an der Seite von denen, die zivilgesellschaftlich und basispolitisch gegen Gewaltverhältnisse, gegen Unterdrückung, gegen Menschenrechtsverbrechen und gegen Ungerechtigkeit arbeiten – mit diesen den Dialog suchen. Oft handelt es sich um marginalisierte und gefährdete Gruppen, beispielsweise Frauenrechtsorganisationen, Menschenrechtsaktivisten oder Bewegungen, die sich radikaldemokratisch verorten und gegen Fremdbestimmung einsetzen. Viele Kontakte bestehen bereits zwischen sozialen und basispolitischen Organisationen in Deutschland und in Kriegs- und Krisengebieten weltweit. Dies kann gefördert, gestärkt und ausgebaut werden.

Es ist grundlegend, das Wissen, das in diesen Organisationen und sozialen Bewegungen besteht – Wissen zum Konflikt und für einen möglichen Frieden – anzuerkennen und davon zu lernen. Das gilt im Besonderen auch für die bei diesen Organisationen und Bewegungen vorhandenen Handlungskompetenzen. Diese können unterstützt werden in dem Sinne, wie es von den lokal im Krisengebiet arbeitenden Gruppen angefragt wird. Wichtig ist, das Wissen dieser basispolitischen Organisationen nicht anzueignen und für andere Ziele zu verwerten.

6.   Kritische, dekoloniale Friedensforschung kann Prozesse begleiten: Hindernisse der Verständigung dekolonial bearbeiten

Ein solcher Austausch findet über ein extremes Machtungleichgewicht hinweg statt. Sehr verschiedene Erfahrungshintergründe, insbesondere auch als ehemalige Kolonialmacht bzw. als kolonialisiertes Land, und auch angesichts des Eurozentrismus, der subtil und offen Forschung und alle Wissensformen durchzieht, stellen besondere Hindernisse der Verständigung dar. Das erfordert ein kritisches Umdenken, wie es nun aus der internationalen Debatte auch in der deutschen Friedens- und Konfliktforschung aufgegriffen wird. Im Dezember 2016 führte die Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung einen Workshop zu Friedensforschung und (De-)Kolonialität durch, und die gemeinsam mit der European Association for Peace Research veranstaltete Jahrestagung 2017 beschäftigte sich mit Forschungsansätzen zu fortbestehenden kolonialen Verhältnissen mit dem Thema „Peace and Conflict Studies from the Margins to the Center – Rethinking Europe in an Unequal World“. Artikel und Aufsätze zur Dekolonialisierung des Faches erscheinen. Es ist notwendig, Forschungsgelder für solche (selbst-)kritische Friedensforschung bereit zu stellen. Kritische, dekoloniale und auch feministische Friedensforschung wird gebraucht, wenn beabsichtigt ist, zivile Konfliktbearbeitung im Dialog mit und zur langfristigen Stärkung von tatsächlich demokratischen sowie frauen- und menschenrechtsorientierten Organisationen und Bewegungen in Kriegs- und Krisengebieten aufzubauen.

7.   Es ist notwendig, vor allem Frauenrechtsorganisationen, Frauenbewegungen und Feministinnen weltweit zu stärken.

Gerade bei diesen Organisationen ist eine wichtige Expertise zu finden, es liegen wichtiges Handlungswissen sowie Transformationsfähigkeiten vor, wenn es um den demokratisch in der Gesellschaft verankerten Aufbau von Frieden mit Gerechtigkeit und vor allem auch mit Geschlechtergerechtigkeit geht. Hier sind beispielsweise die wichtigen Beiträge der kurdischen Frauenbewegung für die derzeit beendeten Friedensverhandlungen in der Türkei und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu erinnern. Auch in Nordsyrien nimmt die kurdische Frauenbewegung eine Schlüsselrolle ein, die eine stärkere Beachtung, Anerkennung und Unterstützung verdient.

Zusammenfassung und Ausblick

Drei partizipative Prozesse der Entwicklung von Kriseninterventionspolitik wurden in diesem Beitrag kritisch auf institutionelle und diskursive Dimensionen untersucht: Review 2014, Weißbuch und, mit besonderem Augenmerk, PeaceLab 2016, ein Prozess, in dem die 2017 veröffentlichten Leitlinien der Bundesregierung zur Konfliktprävention entwickelt wurden. In einem zweiten Schritt wurde Kritik an Kommunikationsstrukturen, inhärenten Machtverhältnissen und zugrunde gelegten Konzepten dieser Prozesse formuliert und die Kritikpunkte in einem dritten Schritt knapp zusammengefasst. Die hier formulierten Kritikpunkte sind nicht gänzlich neu. Doch angesichts der Suggestion, bei PeaceLab 2016 und seinen Vorgängerprozessen handele es sich um neuartige Partizipationsprozesse mit der Möglichkeit, die Kriseninterventionspolitik der Bundesregierung tatsächlich umzugestalten, ist ein kritischer Blick auf diese Prozesse erneut angebracht. Dabei geht es nicht nur um den Inhalt der Prozesse, sondern auch die Kritik des Militärischen selbst (Existenzkritik) muss einmal mehr betont werden (vgl. Berndt 2013). Ein letzter Abschnitt formulierte wenn nicht vollständige, so doch grundlegende Punkte als Alternativen für Friedenspolitik und zivile Konfliktbearbeitung.

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Anschriften der Autoren:                                   Anschriften der Autorinnen:
Thomas Mickan                                                  Alke Jenss
t.mickan@imi-online.de                                     alke.jenss@abi.uni-freiburg.de

Adrian Paukstat                                                  Mechthild Exo
adrian.paukstat@gmx.de                                   mechthild@so36.net

Peripherie, Nr. 148, 37. Jg., 8/2017, Verlag Barbara Budrich, Leverkusen.

 

[1]       Einen ähnlichen, privaten Versuch von Kommunikation und Partizipation haben Wolfgang Ischinger und Dirk Messner mit Hilfe der PR-Agentur Fullberry mit ihrem crossmedialen Projekt „Deutschlands neue Verantwortung“ (http://www.deutschlands-verantwortung.de) übernommen (Ischinger & Messner 2017). Dieses Buch wurde zur Münchner Sicherheitskonferenz 2017 als das Buch zur aktuellen außenpolitischen Debatte vorgestellt und war mit 144 Expert_innen, die den hegemonialen Sicherheitsdiskurs in Deutschland bestimmen, gut ausgestattet. Gerahmt waren die Beiträge durch Politikempfehlungen der Herausgeber, etwa dass künftig 3 % des BIP für sicherheitspolitische Ausgaben verwendet werden sollen (2 % NATO-Militär-Kriterium plus 0,7 % Entwicklungshilfe-Kriterium plus Diplomatie, Ertüchtigung, Krisenprävention usw.).

[2]       González (2015a) hat die dort verbreiteten „kulturellen Dos and Don’ts“ in sarkastischer Weise besprochen, auf Stereotype über Menschen in Krisengebieten hingewiesen und gespottet, das Dokument behandle „Kultur“ wie eine leicht zu erlernende Technik.

[3]       Das Dokument ATP 3-24.3 wurde nach schweren Plagiatsvorwürfen wieder zurückgezogen (González 2015b). Neue Dokumente der US-amerikanischen Krisenprävention beschäftigen sich mit der wahrgenommenen Bedrohungslage in Großstädten, unter Bezugnahme auf dystopische Darstellungen von no-go-Gebieten in Science Fiction (Serena & Clarke 2016).

[4]       Vgl. auch die Pressemitteilung des Weltfriedensdiensts e.V. zu den verabschiedeten Leitlinien aus dem PeaceLab, WFD 2017.

[5]       Vgl. etwa Raeymaekers 2005; Bilgin & Morton 2002; Küpeli 2010; Jenss 2016; s. auch das Peripherie-Stichwort von Tilman Schiel in diesem Heft, S. 505.

[6]       S. die Rolle der State Failure Task Force in den USA, Gurr u.a. 1998.

[7]       S. das grundlegende Dokument der US Army 2006 zur Aufstandsbekämpfung

[8]       Vgl. die Kritik der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung an den verabschiedeten Leitlinien 2017.

[9]       Vgl. Plattform zivile Konfliktbearbeitung 2017; Netzwerke 2017; ZFD 2017; Vogler 2017; Nachtwei 2017.

[10]      Essenz bezeichnet das Wesen oder die Gestaltung der Sache selbst, also die inhaltliche Konkretisierung dieser. Existenz meint hingegen die Sache an sich, also deren generelle Berechtigung und Sein.

[11]      vgl. die Kritik Voglers an den aus dem PeaceLab resultierenden Leitlinien, Vogler 2017; Berndt 2013.

[12]      Pérez Ricart 2014; zum Konzept des state crime vgl. Green & Ward 2004.