Gesellschaft

Die Aktualität der Frontier als Analysekonzept

Eine Einordnung der aktuellen Landkonflikte in Amazonien
Nach dem beeindruckenden Rückgang der Abholzung in der brasilianischen Amazonasregion zwischen 2004 und 2014 um 82 %, nimmt sie seit 2016 wieder kontinuierlich zu. Insbesondere die Regierung des rechtsradikalen Präsidenten Jair M. Bolsonaro ab dem Jahr 2018 hat diese zerstörerischen sozial-ökologischen Dynamiken beschleunigt (Canuto u.a. 2020: 102). Bereits im Wahlkampf hatte Bolsonaro angekündigt, die Amazonasregion ökonomisch über die Agrarindustrie und den Bergbau zu erschließen. Zudem versprach er, dass während seiner Amtszeit kein Indigenes Land mehr demarkiert werden würde (vgl. Gortázar 2021); ein Wahlversprechen, das er bis Oktober 2022 gehalten hat. Knapp 500 Jahre nach der Kolonisierung Amazoniens durch Portugal und 50 Jahre nach dem Versuch der Militärs Amazonien über großformatige Entwicklungs- und Infrastrukturprojekte ökonomisch und politisch einzuverleiben, stellt sich die Frage, wie diese Entwicklungen einzuordnen sind: Wie können diese Dynamiken erklärt werden? Was ist neu an den aktuellen Zerstörungsdynamiken und inwiefern zeigen sich historische Kontinuitäten? Welche Ansatzpunkte der Veränderung gibt es – v.a. vor dem Hintergrund des knappen Wahlsieges von Luiz Inácio „Lula“ da Silva im Oktober 2022?
» mehr

Einschüch­terungs­versuch gegen Freies Radio im Breisgau

Hefteditorial iz3w 395 (März/April 2023)

Am Morgen des 17. Januars staunten wir nicht schlecht, als bei unseren Freiburger Kolleg*innen von Radio Dreyeckland (RDL) plötzlich die Polizei vor der Tür stand. Durchsucht wurden die Privatwohnungen von zwei Redakteuren und die Redaktionsräume des Senders selbst. Noch mehr staunten wir, als klar wurde, weshalb durchsucht wurde: Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, also deren Staatsschutzabteilung, wirft RDL vor, Werbung für eine verbotene Vereinigung gemacht zu haben.

» mehr

Konkurrierende Bedrohungsdebatten in Krisenzeiten

Eine sozialpsychologische Perspektive

Hinter uns liegt ein Jahr, in dem der Krisenmodus zum Dauerzustand erklärt wurde. Krieg in der Ukraine, Energieknappheit, Digitalisierung, Pandemiefolgen und nicht zuletzt der galoppierende Klimawandel. Krisen und Transformationsprozesse gehen mit mehr oder weniger konkreten Bedrohungslagen einher. Diese werden in Nachrichtensendungen, Talkshows und sozialen Medien debattiert – singulär, wechselseitig überlagernd und vergleichend. Aber was genau macht das mit uns als Gesellschaft, wenn multiple Bedrohungen und deren Bedeutung dauerhaft zum Gegenstand öffentlicher Debatten werden?

» mehr

Wie wollen wir wohnen?

Themeneditorial iz3w 395 (März/April 2023) zu "Wohnen weltweit"
Weltweit führen Menschen Kämpfe um das Menschenrecht auf Wohnen. Im Themenschwerpunkt gehen wir Fragen nach, die sich dabei stellen: In welche ‚Eigentumsform‘ kann Wohnraum transformiert werden? Welche Architektur prägt und ermöglicht welches soziale Miteinander? Wie lassen sich Aspekte der Care-Arbeit, etwa die Realität von Müttern und Sorgenden, mitdenken? Wie ist das Wohnen der Zukunft vereinbar mit Klimawandel, Naturkatastrophen, Sturm, Überschwemmung oder Hitze? Wie geht man damit in den existentiell betroffenen Ländern vor allem des Globalen Südens um?
» mehr

Das Polikliniksyndikat

Linke Gesundheitsprojekte statt Gewinnorientierung

Das Polikliniksyndikat ist ein Zusammenschluss verschiedener Gesundheitskollektive in Deutschland, welche es sich zur Aufgabe gemacht haben linke Gesundheitspolitik nicht nur zu denken, sondern die entwickelten Ideen direkt praktisch umzusetzen. Das wirft Fragen auf: Wie kann diese andere Art der Gesundheitsversorgung in der Realität aussehen? Wie können emanzipatorische Gesundheitsgruppen organisiert sein? Und warum ist eine neue Form der Gesundheitsversorgung überhaupt notwendig?

» mehr

Rekorde: Reallohnverluste und Gewinnzuwächse

Die Wirtschaft ist schockiert“ titelt aktuell meine Regionalzeitung. Natürlich sind mit „Wirtschaft“ nicht die Arbeiter und Angestellten gemeint, sondern das Unternehmerlager. In den aktuellen Tarifverhandlungen fordert Verdi 10,5 Prozent, für die Angestellten der Deutschen Post angesichts der Erhöhung des Gewinns je Aktie von 15,9 Prozent sogar 15 Prozent mehr Lohn. Die IG Metall will sich mit 8 Prozent begnügen. Das kann vielen Unternehmern schon die Schweißperlen auf die Stirn und manchem anderen die Zornesröte ins Gesicht treiben.

» mehr

Globale Ungleichheiten avant la lettre

Theoretische Genealogien und radikale Kritik
Globale Ungleichheiten sind als Forschungsthema erst seit Beginn des 21. Jahrhunderts in akademischen Debatten explizit präsent. Zwar thematisierten in den 1970er Jahren sozialwissenschaftliche Debatten die internationale Arbeitsteilung, Zentrum-Peripherie-Abhängigkeiten, Imperialismus und die Weltwirtschaft – und damit implizit auch globale Ungleichheiten. Sie verliefen jedoch parallel zu und unabhängig von Studien zu Einkommens- und Bildungsungleichheit, die sich fast ausschließlich auf nationale Kontexte bezogen.
» mehr

Demokratisierende Kunst

Über das emanzipatorische Potential digital reproduzierbarer Massenkunst

Technisch reproduzierte Kunst hat sich über Fotographie und Film mittlerweile durch Smartphones und Social Media zum allumfassenden Massenphänomen entwickelt. Die Ausgangspunkte dieser Entwicklung hat Walter Benjamin prognostisch analysiert. Seinen Klassikertext nimmt Matthias Ernst erneut zur Hand und diskutiert textgestützt, was Elemente der Massenkunst zu einer freien und demokratischen Gesellschaft beitragen können. Dies beleuchtet er schließlich am Beispiel der Plattform Instagram.

» mehr

»Der Schwarze stirbt zuerst«

Interview mit dem Filmkritiker Mark H. Harris über Black Horror
Mark H. Harris aus Los Angeles hat eine düstere Leidenschaft: die Schwarze Präsenz in Horrorfilmen. Dazu betreibt er den Blog blackhorrormovies.com. Zusammen mit der Medienwissenschaftlerin Robin Means Coleman hat er das Buch »The Black Guy Dies First« (dt. etwa: Der Schwarze stirbt zuerst) verfasst, das im Februar 2023 erscheint.
» mehr

Gesundheit ist ein Menschenrecht!

Ein Interview mit dem Medinetz Halle/Saale, das medizinische Unterstützung für Menschen ohne Zugang zum Gesundheitssystem anbietet

Wer nach Deutschland geflohen ist und im laufenden Asylverfahren, in der Duldung oder in der Illegalität lebt, hat mit Schwierigkeiten und der Furcht vor Abschiebung zu kämpfen, wenn er oder sie medizinische Hilfe suchen will. Diese Zustände wollen die Medinetze nicht hinnehmen und setzen sich auf verschiedenen Ebenen für eine gute medizinische Versorgung für alle ein. Sie helfen, indem sie ein Netzwerk aus freiwilligen Mediziner:innen aufbauen und sich für politische Veränderungen in der Gesundheitsversorgung einsetzen. So auch der Verein Medinetz Halle/Saale. (GWR-Red.)

» mehr
Subscribe to Gesellschaft