Blaues Gold

Wassermangel in der Landwirtschaft

Dürre und Trockenheit treten immer häufiger in Europa auf. Damit wird die Frage nach einer klimaresilienten Nahrungsproduktion immer lauter. Welche Ansätze bieten langfristige Lösungen, um unsere Landwirtschaft an die drohende Wasserknappheit in Europa anzupassen?

Inhaltsverzeichnis: https://www.gen-ethisches-netzwerk.de/publikationen/gid/267

Auf der internationalen politischen Agenda steht Wasser weit oben. Das Sustainable Development Goal Nummer 6 (SDG 6) der Vereinten Nationen lautet „sauberes Wasser für alle“ bis zum Jahr 2030 bereit zu stellen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen laut dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Bemühungen um die Trinkwasserversorgung um das Fünffache erhöht werden. Denn der Wasserverbrauch nimmt kontinuierlich zu, wie auch schon der UN-Wasserbericht von 2019 ankündigte: bis 2050 soll er um 20 bis 30 Prozent angestiegen sein.(1) Das demografische Wachstum erhöht den Bedarf an Wasser, nicht zuletzt aufgrund der Nahrungsproduktion, die auf einem Sektor basiert, der gänzlich von der Wasserverfügbarkeit abhängt: der Landwirtschaft. In der EU geht jeder vierte Liter an entnommenem Wasser an den Agrarsektor und das, obwohl unter zehn Prozent der europäischen Ackerflächen bewässert werden.(2) Während in Deutschland der Anteil weit unter diesem Wert liegt, ist in südlichen Regionen Europas mit geringen Niederschlagsraten das Gegenteil der Fall. Besonders Länder wie Spanien, Italien oder Griechenland, die in ihrer Wirtschaftlichkeit abhängig von landwirtschaftlichen Exportgütern sind, haben einen überdurchschnittlich hohen Wasserverbrauch. Dieses Szenario hat sich in den letzten Jahren durch die Folgen des Klimawandels weiter zugespitzt. Es treten vermehrt Perioden mit unregelmäßigen Niederschlägen auf, Spitzentemperaturen überschlagen sich von Jahr zu Jahr und Überschwemmungen treten in Gebieten auf, die nicht darauf vorbereitet sind. In vielen Fällen wird perspektivisch der größte Verlierer die Landwirtschaft sein. Unregelmäßige Wetterbedingungen lassen keine langfristige Planung zu und landwirtschaftliche Systeme sind (zumindest bisher) nicht auf extreme Wetterereignisse vorbereitet. Dass die Wasserknappheit in den kommenden Jahren also eine Herausforderung darstellen wird, ist klar. In diesem Schwerpunkt setzten wir den Fokus auf die unterschiedlichen Ansätze, die schon angewendet oder als mögliche Strategien debattiert werden, um eine Anpassung des Agrarsektors an Dürre und Trockenheit zu erzielen. Zentral ist dabei die Frage nach dem aktuellen Vorschlag der EU-Kommission, die neuen Gentechniken zu deregulieren, um so vermeintlich die Klimaresilienz in der Landwirtschaft zu steigern. Warum gerade jetzt der richtige Moment zu sein scheint, um die Verfahren und Produkte der neuen Gentechnik von regulatorischen Maßnahmen zu befreien, und welche Konsequenzen das mit sich bringt, wird in den folgenden Artikeln diskutiert.

Andrea Beste, promovierte Agrarwissenschaftlerin, befasst sich seit über 30 Jahren mit dem Thema der Bodenkunde in der Landwirtschaft. In Ihrem Beitrag widmet sie sich der Frage, welche Maßnahmen in Bezug auf die Bodenbeschaffenheit, -struktur und -diversität erbracht werden können, um die Wasseraufnahme­fähigkeit von Agrarflächen zu verbessern. 

Im Interview beleuchtet Andreas Stahl die Frage nach einer klimaangepassten Landwirtschaft aus der Perspektive der Züchtungsforschung. Als Leiter des Instituts für Resistenzforschung und Stresstoleranz am Julius-Kühn-Instituts (JKI) spricht er über die verschiedenen Ansätze, die angewendet werden, um klimaresiliente Pflanzen herzustellen. Seiner Einschätzung nach ist Gentechnik ein nützliches Werkzeug für die Züchtungsforschung. 

Der Molekularbiologe und Besitzer eines Bio-Bauernhofs in Spanien, Diego Bárcenas, begutachtet die Rolle der Gentechnik im Kampf gegen den Klimawandel aus einem anderen Blickwinkel: Er beschreibt zusammen mit Elena Alter den Wassermangel, der auf der iberischen Halbinsel vorherrscht. Die Autor*innen hinterfragen dabei die Vorreiterrolle, die die spanische Regierung in Europa zur Gentechnik über die letzten Jahre und aktuell in Bezug auf den Gesetzesentwurf der neuen Gentechniken einnimmt. 

Andere EU-Mitgliedstaaten zeigen sich skeptischer gegenüber dem Vorschlag, NGT zu deregulieren. Grundsätzlich herrscht eine übergreifende Uneinigkeit gegenüber den politischen Zielen in der EU – die sich in der (Nicht-)Umsetzung vieler Forderungen des Green Deals widerspiegelt. Inwiefern die EU ausreichende Maßnahmen ergreift, um der drohenden Wasserknappheit in der Landwirtschaft vorzubeugen, erörtert Pascal Segura Kliesow. 

Einen aussichtsvollen Schlusspunkt setzt Felix Prinz zu Löwenstein, Agrarwissenschaftler und Experte zum Thema Gentechnik, mit einem Beitrag zu der Vielzahl an Gentechnikalternativen, die sich zum Sparen von Wasserressourcen aus der Agrarökologie über die letzten Jahrzehnte ergeben haben.


Anmerkungen und Referenzen:
(1)    UNESCO (2019): The United Nations World Water Development Report 2019. Online: www.kurzelinks.de/gid267-pskca.
(2)    Europäischer Rechnungshof (2021): Nachhaltige Wassernutzung in der Landwirtschaft. Online: www.doi.org/10.2865/07144. [Letzter Zugriff Onlinequellen: 24.10.23]