Africom – Ressourcen statt Freiheit. Der Sprung der USA nach Afrika

in (13.10.2008)

Der Artikel ist eine erweiterte und überarbeitete Fassung des Beitrages: Geopolitik und Ressourcen: Der Griff der USA nach Afrika, in: Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung.

1. Africom
Im 21. Jahrhundert scheinen geostrategische Konzepte wieder die internationale Politik zu bestimmen. Hintergrund ist die Sicherung der in voraussichtlich 40 Jahren zu Ende gehenden Öl- und Gasvorräte des Planeten. Die Kriege in Afghanistan und Irak, die latente Kriegsdrohung gegen Iran sind nur die herausragenden Indizien für den Willen zu einer imperialen Neugestaltung der Welt, in der die Kontrolle der industriellen Grundlagen der kapitalistischen Wirtschaftsweise zur Bedingung für die Aufrechterhaltung des Systems wird. Hierzu gehören nicht nur die Ressourcen selbst, sondern in gleichem Maße die Kontrolle über die Transportwege – sei dies mittels Enduring Freedom am Horn von Afrika, mit dem Bau von Pipelines vom Kaspischen Meer durch Afghanistan an den Indischen Ozean oder durch den Bau neuer Pipelines wie Nabucco, die gezielt um Russland herumgeführt werden: Der Verlauf dieser Pipeline durch Georgien macht das Land zum geostrategischen Faustpfand, so wie Russland – noch immer einer der größten Energieproduzenten – durch die NATO-Mitgliedschaft der baltischen Staaten und die US-Raketenstationierung in Polen von Westen her in die Zange genommen werden soll. Relativ unbemerkt von der Weltöffentlichkeit gerät Afrika ins Fadenkreuz neoimperialistischer Interessen und ihrer globalstrategischen Zielsetzungen. Angesichts des Ressourcenreichtums des »Schwarzen Kontinents« ist dies jedoch geradezu zwingend.

So erklärte Präsident George W. Bush: »Dieses neue Kommando wird unsere Sicherheit in Zusammenarbeit mit Afrika verstärken und helfen, neue Möglichkeiten zu schaffen, um die Fähigkeiten unserer Partner in Afrika zu unterstützen. Africa Command wird unsere Anstrengungen steigern, um zu helfen, Frieden und Sicherheit zu den Völkern Afrikas zu bringen und unsere gemeinsamen Ziele der Entwicklung, Gesundheit, Erziehung, Demokratie und wirtschaftliches Wachstum in Afrika zu fördern.«1 Am folgenden Tag, dem 7. Februar, wurde die Einrichtung von US African Command (im Folgenden: Africom) offiziell bekannt gegeben und vom Europäischen Kommando der USA (EUCOM) in Stuttgart in einer Power Point Präsentation 2 sowie fast zeitgleich im Pentagon 3 der Presse vorgestellt. Diesem Konzept zu Folge ist Afrika für die USA »von signifikanter strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung«. Hauptaufgabe von Africom ist es, »die Fähigkeit unserer Afrikanischen Partner auszubilden, um Konflikte zu reduzieren, Sicherheit zu verbessern, Terroristen niederzukämpfen (defeat terrorists), regionale Antworten auf Krisen zu unterstützen.« Die geplante und z. T. schon seit Jahren im Gang befindliche Zusammenarbeit mit den Streitkräften afrikanischer Partnerstaaten zielt darauf,
• Fähigkeiten der Partner auszubilden;
• US-Regierungsorganisationen bei der Implementierung von Sicherheitspolitiken zu unterstützen;
• Sicherheitszusammenarbeit auf dem Gefechtsfeld durchzuführen;
• Die Fähigkeiten zur Terrorismusbekämpfung der Partner zu verstärken;
• Humanitäre Unterstützung zu verstärken, Katastrophen zu mildern, Gegenmaßnahmen (response activities) zu verbessern;
• Den Respekt der Menschenrechte zu befestigen;
• Afrikanische regionale Organisationen zu unterstützen;
• Militärische Operationen durchzuführen.

Wie die im Dokument vorgestellte Karte zeigt, verliert das europäische Kommando (EUCOM) in Stuttgart seine Zuständigkeit für Teile Afrikas, ebenso verlieren das Northern Command (Northcom) und das Southern Command (Southcom) im Atlantik potentielle Zuständigkeiten. Das bisher Ostafrika einschließende asiatische Central Command (Centcom) bleibt vorläufig weiter zuständig für Ägypten. Das Pazifische Oberkommando (Pacom) tritt seine Zuständigkeit für Madagaskar ebenfalls an Africom ab. Damit wird endgültig die »afrikanische Lücke« geschlossen, die bisher noch nicht vom weltweit etablierten Netz der US-Oberkommandos abgedeckt war. Voll operationsfähig soll Africom im September 2008 sein, der Stab soll etwa 1 000 Mann umfassen. Zum Oberkommandierenden wurde der derzeit einzige im aktiven Dienst befindliche US-General schwarzer Hautfarbe William E. Ward, bisher Vize- Kommandierender von EUCOM, ernannt.

Doch ist Africom keineswegs ein ex nihilo geschaffenes neues Instrument der US-Außenpolitik: Schon seit Jahren hatte EUCOM durch Schiffspatrouillen im Golf von Guinea den Transport von Kohlenwasserstoffen aus Angola, Nigeria und Äquatorial-Guinea und Stützpunkte entlang der westafrikanischen Küste überwacht.4 Insbesondere seit September 2001 wurden die militärischen Ausbildungs- und Trainingsprogramme (International Military Education and Training, IMET) der USA in den meisten afrikanischen Staaten etabliert oder erweitert. 2002 gründeten die USA in der Folge von 9/11 die Pan Sahel Initiative, die dann 2005 durch die Trans- Sahara Counterterrorism Initiative (TSCTI) abgelöst wurde. Hauptaufgabe der beiden Initiativen ist die Ausbildung afrikanischer Soldaten für die Terrorismusbekämpfung durch die US-Special Operation Forces.

Geburtsstunde der TSCTI war das gemeinsam mit sieben Anrainerstaaten der Sahara durchgeführte große Manöver »Flintlock« Ende Juni 2005, an dem 2 000 afrikanische und 800 US-Soldaten teilnahmen.5 Zentrale Aufgabe war die Ausbildung einheimischer Fähigkeiten, um – gegebenenfalls unter Führung der USA – integrierte Operationen jener Länder der Region durchzuführen, die sich an der Organisation beteiligen wollen. Dies sind derzeit Algerien, Mali, Mauretanien, Marokko, Niger, Nigeria, Senegal, Tunesien und Tschad. Libyen soll später einbezogen werden. Hauptaufgabe der TSCTI ist die Bekämpfung des islamischen Extremismus in der Region. 6 Das Budget von TSCTI beträgt 100 Millionen US $ jährlich. Dieses Budget dürfte Africom – jenseits der für diese Organisation vorgesehen Mittel – weiter zur Verfügung stehen.

Für Africom selbst, das ja erst im Herbst 2008 voll funktionsfähig sein soll, wurden für das Jahr 2007 50 Millionen US $ bereitgestellt. Die wesentliche Finanzierung der operativen Kosten erfolgt jedoch durch die Mitgliedsländer, die von ihnen zur Verfügung gestellten Truppen und vor allem durch die Aufrüstung der Sahel-Staaten im Rahmen der US-Militärhilfe. Langfristiges Ziel der USA sind ein umfassendes militärisches Unterstützungsprogramm und der Ausbau militärischer US-Präsenz von Somalia und Äthiopien über den gesamten nordafrikanischen und Sahelraum, mindestens bis zum Golf von Guinea.7 In diesen Kontext gehört auch die Operation Enduring Freedom zur Kontrolle der Seewege am Horn von Afrika und die in Djibouti stationierte, 1 700 Mann starke, Combined Joint Task Force – Horn of Africa.8

Ein Oberkommando braucht jedoch einen Standort. Lange sah es so aus, als ob hierfür Algier in Frage käme, das sich ja seit dem Militärputsch gegen die ersten freien Parlamentswahlen im Januar 1992 im »Antiterrorkampf« in besonderer Weise profiliert und insbesondere seit dem 11. Sept. 2001 seine »Sicherheitszusammenarbeit « mit der US-Regierung intensiviert hatte.9 In der Folge massiver Waffenkäufe Algeriens in Russland und wegen der Informationspolitik der US-Botschaft im Zusammenhang mit den Bombenanschlägen in Algier am 11. April 2007 kam es zwischen beiden Ländern zu erheblichen Verstimmungen.10 Mittlerweile hat auch Algiers regionaler Rivale Marokko 11 zu verstehen gegeben, dass es kein Interesse hat, dieses Oberkommando auf seinem Boden zu etablieren. Ähnlich scheinen auch Ghana, Senegal und Nigeria zu reagieren, und die kenianische »Daily Nation« warnte vor der Präsenz »riesiger amerikanischer Basen.«12 Auch in autoritären afrikanischen Staaten scheint sich die öffentliche Meinung auf Regierungspositionen auszuwirken, da die US-Außenpolitik allgemein als aggressiv und imperialistisch wahrgenommen wird. Als letztes Ressort könnten sich hier Djibouti mit der ohnehin schon erheblichen US-Präsenz erweisen oder Äthiopien, dessen Einmarsch in Somalia zum Zwecke des Sturzes der dortigen auf einer breiten Legitimität basierenden Regierung der »islamischen Gerichte« von den USA mit massiver Luftunterstützung vorangetrieben wurde. Das deklarierte Ziel von Africom, die »Demokratisierung« Afrikas, könnte wie in Irak und Afghanistan am Willen der Bevölkerung des Kontinents scheitern.

Es sieht derzeit danach aus, dass die USA auf ein landgestütztes Kommando in Afrika verzichten müssen. Vorläufig wird es wohl in Stuttgart bleiben.13 Pikanterweise führte das auch zu Auseinandersetzungen bei den hessischen Landtagswahlen: Die USA wollten ihr Oberkommando nach Wiesbaden verlegen, Africom in Stuttgart belassen. Die LINKE wandte sich massiv gegen diese von Ministerpräsident Koch befürworteten Pläne. Ein Schwerpunkt der geplanten Operationen liegt auf der Überwachung der Küsten.14 Umfangreiche Manöver etwa mit Marokko, an denen der Flugzeugträger USS Enterprise und rund 20 000 Mann teilnahmen, und zahlreiche weitere Manöver vor allem im Golf von Guinea deuten darauf hin, dass solche Pläne ernsthaft erwogen werden, reichen doch Seestreitkräfte mit Flugzeug- und Helikopterträgern völlig aus, um präzise Luftschläge gegen Gruppen auszuführen, die die Sicherheit der Öltransport- und Verladeeinrichtungen gefährden, oder aber um »Terroristen« zu vernichten. Ein seegestütztes Oberkommando mit logistischem Kopf in Stuttgart stünde nicht im Widerspruch zur Einrichtung kleinerer Stützpunkte überall dort, wo die Special Operation Forces oder auch private militärische Unternehmen die Ausbildung einheimischer Truppen betreiben, die dann nach Bedarf auf das Gefechtsfeld geführt werden können.

2. Der Kampf um energetische Ressourcen
Die Feststellung, dass Peak Oil unmittelbar bevorsteht oder sogar schon überschritten ist, ist inzwischen eine Banalität 15. Die Rivalität um diesen zentralen Rohstoff wird verschärft durch die rasante Entwicklung Chinas und Indiens und deren Aufstieg zu industriellen Großmächten. Der von der US-Administration erklärte »Krieg gegen den Terror« verfolgt in Wirklichkeit harte Ziele im Bereich der Energiesicherung: Die Kriege in Afghanistan und Irak und der mögliche Krieg gegen den Iran schließen die Landbrücke zum kaspischen Becken. Der Konflikt in Georgien ist ein weiteres Indiz für die sich verschärfenden Rivalitäten, bei denen es neben der Sicherung der Förderstätten auch um die Kontrolle der Transportwege geht: Die vor allem von der EU geplante und finanzierte Pipeline Nabucco führt von Baku am Kaspischen Meer durch Georgien über die Türkei bis nach Ungarn und Österreich und vermeidet russisches Territorium, wohl auch um Russland von den Renteneinnahmen für den Transport abzuschneiden.

Sowohl die EU 16 wie auch die Bundesrepublik Deutschland 17 haben in dieser Welt der neuen Rivalitäten ihre Ansprüche auf nationale militärische Sicherung der Rohstoffzufuhr angemeldet. Im Vordergrund der Diskussion über Großmachtrivalitäten in Afrika, die auf die Energiesicherung gerichtet sind, steht derzeit China, dem eine Aufmerksamkeit zuteil wird, die von den Aktionen der übrigen großen Mächte wohl eher ablenken soll oder aber als Anmaßung und Einmischung in die traditionellen Herrschaftsräume der USA und der früheren Kolonialmächte dargestellt wird.

Africom ist Teil des Projekts des Greater Middle East, der für Vordenker der US-Außenpolitik wie Asmus und Pollack »von Nordafrika bis Pakistan« reicht.18 Dies unterstrich auch der US-Botschafter in Algier in einem Interview.19 Der Council on Foreign Relations hatte 2006 unter dem wegweisenden Titel More than Humanitarianism: A Strategic U.S. Approach Toward Africa eine voluminöse Studie 20 erstellen lassen. Der Studiengruppe gehörten hochrangige Personen aus Politik, Finanzwelt und Wissenschaft an. Die Studie hebt vor allem den Energiereichtum Afrikas hervor, die wachsende Rolle Chinas auf dem afrikanischen Kontinent, die terroristischen Bedrohungen und die AIDS- und Menschenrechtsproblematik. Betont wird, dass es in wachsendem US-Interesse liegt, die Ölzufuhr in zunehmendem Maß unabhängig von den mittelöstlichen Ölfeldern zu machen: Besondere Aufmerksamkeit gilt Nigeria, Angola, der Golf von Guinea, Tschad, Sudan, Äthiopien und die off-shore- Regionen von Namibia und Kenia. Nach Schätzungen des Berichts werden im Zeitraum 2005-2010 rund 20 Prozent der US-Ölimporte ausschließlich aus dem Golf von Guinea kommen – was die Toleranz gegenüber einer der fürchterlichsten afrikanischen Diktaturen, Äquatorial-Guinea, erklären hilft.21 Hervorgehoben wird auch die Qualität des afrikanischen Öls, das besonders schwefelarm und damit umweltfreundlicher ist.

Bereits unter Bill Clinton war die Diversifizierung der Ölimporte massiv vorangetrieben worden.22 Und der frühere stellvertretende Außenminister für Afrika, Walter Kansteiner, hatte bei einem Besuch in Nigeria im Juli 2002 unzweideutig erklärt, dass die Carter- Doktrin 23 nun auch für Afrika gelte, da afrikanisches Öl von strategischem Interesse für die USA sei.24 In der Tat werden nur noch in Afrika nennenswerte neue Lagerstätten entdeckt. Die USA planen eine Steigerung ihrer Importe aus dem schwarzen Kontinent von derzeit etwa 13 Prozent ihrer Öl-Einfuhren auf rund 25 Prozent im Jahre 2013.25 Daher wird dem Aufgabengebiet von Africom der gesamte afrikanische Kontinent zugewiesen, denn Kohlenwasserstoffvorräte finden sich nicht nur im saharischen Raum, sondern vor allem auch im Golf von Guinea, in Angola, im Sudan und nicht zuletzt auch im vom »Terrorismus« bedrohten Somalia, 26 ebenso wie im bitter armen Staat Niger, der außerdem drittgrößter Uran-Produzent der Welt ist.

Damit berührt die militärische Expansion der USA direkt die nach wie vor massiven Interessen Frankreichs in seinen ehemaligen Kolonialgebieten und damit auch die der EU 27: Eine Drehscheibe französischer und europäischer Afrikapolitik ist nach wie vor Algier, und die vom neuen französischen Präsidenten vorgeschlagene Mittelmeer- Union kann gleichfalls als Teil einer Gegenoffensive Frankreichs (und der EU) gegen die US-Präsenz im Energiesektor des westlichen Mittelmeers verstanden werden: Die USA sind massiv im algerischen Erdölsektor präsent, sie beziehen fast die Gesamtheit des in algerische Häfen verflüssigten Erdgases, die Aussöhnung mit Libyen erklärt sich gleichfalls aus diesem Kontext.

Auch das deutsche Interesse an der Region ist manifest.28 Motiv für die französischen, deutschen und europäischen Bemühungen sind zum Einen die geografische Nähe Algeriens und der Ausbau der schon bestehenden Gas-Pipelines über Marokko/Spanien und Tunesien/ Italien, ebenso wie die von der algerischen Sonatrach projektierte Trans-Sahara-Pipeline von Nigeria nach Algier; zum Anderen aber die Sorge um die mögliche Entstehung einer Gas-OPEP: Im Januar beschlossen die russische Gasprom, von der die EU 28 Prozent ihrer Gasimporte bezieht, und die algerische Sonatrach, die 12 Prozent der Importe liefert, eine enge Zusammenarbeit bei der Förderung und Vermarktung von Erdgas. In diesen Kontext gehört auch der Besuch des iranischen Präsidenten Ahmadinedjad in Algier Anfang August 2007, bei dem die Zusammenarbeit im Energiebereich (Iran ist der drittgrößte Erdgasproduzent) und im Bereich der Nukleartechnologie im Vordergrund stand (mit Hilfe der USA baut Algerien derzeit Atomanlagen auf).29

Klassisches Standbein der französischen Afrikapolitik sind dagegen die ehemaligen Kolonien in West- und Zentralafrika, wo Frankreich mit nahezu der Gesamtheit der Regierungen Militärabkommen geschlossen und Truppen stationiert hat, die oft genug »stabilisierend« in innenpolitischen Wirren eingegriffen haben. Die US-Expansion in Afrika wird in Paris auch als Bedrohung seiner (und der europäischen) Einflusssphäre empfunden. So haben die Auseinandersetzungen in Tschad dazu geführt, dass die EU inzwischen mit einer UNmandatierten Militärintervention (3 000 Soldaten) im Tschad präsent ist, wobei es vor allem um den Schutz französischer Interessen vor dem massiven Vordringen der USA und um die Sicherung der Pipeline geht, über die das tschadische Öl durch die ehemalige französische Kolonie Kamerun zum Golf von Guinea transportiert wird.

Auch die dem deutschen Bundeskanzleramt zuarbeitende Stiftung Wissenschaft und Politik stellt fest: »Verstärkte Anstrengungen im Rahmen der Terrorbekämpfung sind wohl nicht der Hauptgrund für die Einrichtung des AFRICOM. Vielmehr scheinen die Sorgen um die künftige Energieversorgungssicherheit und die Einschätzungen der Rolle Afrikas in diesem Kontext das wesentliche Motiv zu sein. (…) Andrerseits könnte ein starkes amerikanisches Handlungsinteresse auch zu einer ausgeprägteren Orientierung der NATO auf diese Region führen, die wiederum in Konkurrenz zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) und zum EU-Battle-Groups-Konzept treten könnte. Damit ist nicht nur die Frage nach der Haltung anderer europäischer Staaten wie Frankreich aufgeworfen, sondern auch die Frage nach der deutschen Position in einem derartigen Konkurrenzverhältnis.«30

Africom ist also der Versuch, in einer sich verschärfenden Rivalität unter den Großmächten mit militärischen Mitteln Energiesicherung zu betreiben. Nicht nur China, auch die EU positioniert sich: Im (vorläufig gescheiterten) Verfassungsentwurf wird der ESVP ein hoher Stellenwert zugewiesen und eine kontinuierliche Aufrüstung gefordert, das EU-eigene Pariser Institut für Sicherheitsstudien hatte im Mai 2004 den Entwurf eines europäischen Verteidigungs-Weißbuchs 31 präsentiert, das nicht nur scharfe Kritik an der US-Außenpolitik übte, 32 sondern daraus auch die Notwendigkeit selbständiger – im Extremfall militärischer – Handlungs- und Interventionsfähigkeit ableitete. Als konkrete mögliche Bedrohung nennt der Entwurf des Weißbuchs »die direkte Bedrohung des Wachstums und der Sicherheit Europas etwa in Form der Unterbrechung der Ölversorgung und/oder massiver Steigerung der Kosten der Energieversorgung.« 33 Wie auch immer: Die Rivalitäten, die aus dem Kampf um die Energiesicherung resultieren, machen die Welt nicht sicherer, sie stellen auch – allmählich – alte Allianzen in Frage.

3. Die terroristische Bedrohung
Der »Krieg gegen den Terror«, an dem sich vor allem im Rahmen der Operation Enduring Freedom in Afghanistan und am Horn von Afrika auch europäische Staaten beteiligen, bedarf der Akzeptanz. Mittels manipulierter Informationen wird die Öffentlichkeit auf das Konfliktverhalten der Regierungen eingestimmt.34 Dies hat durchaus Tradition: So manipulierte Bismarck ein Fernschreiben Napoleons III. (»Emser Depesche«), um 1870 den Krieg zwischen Deutschland und Frankreich zu entfesseln. Zu den in jüngster Zeit bekannt gewordenen kriegsrelevanten Manipulationen gehören:
• Eine von einer PR-Firma inszenierte Show vor dem US-Kongress bewirkte, dass dieser 1991 Präsident George Bush freie Hand für den Krieg gegen den Irak gab: Eine Augenzeugin, die sich als kuwaitische Krankenschwester vorstellte, in Wirklichkeit aber die Tochter des damaligen kuwaitischen Botschafters in den USA war, erzählte unter Tränen, wie die irakische Soldateska in Kuwait Neugeborene aus ihren Brutkästen geworfen hätten.
• Das »Massaker von Racak«, das Auslöser des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen Jugoslawien wurde, entpuppte sich später als Inszenierung.35
• Der vom damaligen deutschen Verteidigungsminister Rudolph Scharping präsentierte »Hufeisenplan«, der angeblich die geplante Vertreibung der albanischstämmigen Bevölkerung des Kosovo vorsah, wurde relativ schnell als vom Minister bestellte und von den Geheimdiensten lausig zusammengestellte Vorlage entlarvt.
• Der amerikanische Diplomat Joseph Wilson, der »Beweise« über die Lieferung von Uran aus Niger an den irakischen Diktator Saddam Hussein liefern sollte, diese aber nicht finden konnte, wurde »bestraft« durch eine aus dem Umfeld von Vizepräsident Cheney stammende gezielte Enthüllung, dass seine Frau, Valerie Plame, CIA-Agentin war. Immerhin wurde Lewis Libby, Mitglied des Project for a New American Century (PNAC) und Berater Cheneys wegen der Indiskretionen vor Gericht gestellt und wegen Meineids verurteilt.
• Die Notwendigkeit des Krieges gegen den Irak wurde vom damaligen US-Außenminister Powell vor dem UN-Sicherheitsrat mit von der CIA auf Anforderung produziertem »Beweismaterial« – Fotos eingeschlossen – begründet, obwohl auch Powell wusste, dass das Material konstruiert war. Es reichte aber aus, in den USA die Akzeptanz eines notwendigen Krieges zu erzeugen.

Dies sind nur die Spitzen eines gigantischen Eisbergs von gezielten Desinformationen, die bekannt und widerlegt wurden. Nur in ganz wenigen Fällen dürfte es gelingen, die notwendigen Fakten zusammenzutragen, um solche Konstrukte zu demontieren, die oft Grund für Entscheidungen über Krieg und Frieden sind. Umso erstaunlicher ist die Kurzlebigkeit des öffentlichen Gedächtnisses, wenn es wieder und wieder mit bedrohlichen »Erkenntnissen« konfrontiert wird.

In keinem Bereich ist die Quellenlage dubioser und unüberprüfbarer als gerade in der Frage des »internationalen Terrorismus«. Dies liegt sicherlich zum Teil in der »Natur« der Sache: Wer – außer den Geheimdiensten – verfügt schon über Wissen über diese Organisationen, ihre Strukturen und Absichten. Doch wie sicher und verlässlich sind diese Informationen, bei denen bei genauerem Hinsehen auffällt, dass sie, wo auch immer sie erscheinen, in verblüffender Weise zum Teil wörtlich identisch sind.36 Dies legt die Annahme nahe, dass diese Berichte wieder und wieder ungeprüft reproduziert werden, wodurch offenbar ihre Glaubwürdigkeit nicht leidet, sondern in paradoxer Weise verstärkt wird.

Wundersamerweise deckt sich die Terrorismus-Gefahr geografisch mit den Lagerstätten von Kohlenwasserstoffen (und Uran): Der jüngste Country Report on Terrorism des US State Department listet in seinem Kapitel 5 die »sicheren Häfen« des Terrorismus auf. In Afrika sind dies Somalia und der transsaharische Raum.37 Die Angaben im vorliegenden Dokument sind äußerst vage und basieren ausschließlich auf geheimdienstlichen Quellen, so dass sie in keiner Weise nachprüfbar sind. Für Somalia stellt der am 30. April 2007 veröffentlichte Bericht fest: »Eine geringe Zahl von al-Qaida-Operationen fand einen sicheren Hafen in Ostafrika, insbesondere in Somalia, wo sie weiterhin eine ernsthafte Bedrohung amerikanischer und alliierter Interessen in der Region darstellen. Obwohl diese Elemente zu Jahresende in der Folge militärischer Aktionen der äthiopischen und der somalischen Übergansregierung (mit massiver Luft- und Bodenunterstützung der USA – W. R.) ernsthaft zerschlagen wurden, operierte AQ weiterhin in Somalia und anderswo. Somalia gibt Grund zur Sorge aufgrund seiner langen und ungeschützten Küsten, seiner durchlässigen Grenzen, seiner andauernden politischen Instabilität und seiner Nähe zur Arabischen Halbinsel, die zusammengenommen Möglichkeiten für den Transit von Terroristen und/oder sichere Häfen bieten. Diese ›virtuellen‹ Häfen sind in hohem Maße mobil, schwierig zu verfolgen und zu kontrollieren und befinden sich nicht in einem besonderen Staat.«38

Der transsaharische Raum nimmt im Bericht ein wenig mehr Raum ein. Ursache allen Übels ist dort die algerische GSPC, die – wie aus algerischen Geheimdienstquellen berichtet – »sich im September (2006 W. R.) offiziell al-Qaida anschloss und seither in ›al Qaida im Islamischen Maghreb (AQIM)‹ umbenannte. AQIM/GSPC operiert weiterhin im transsaharischen Raum, indem sie die schwer kontrollierbaren Grenzen zwischen Mali, Mauretanien, Niger, Algerien und Tschad überschreitet, um Extremisten in der Region zu rekrutieren für Operationen in diesem Raum, möglicherweise auch für Operationen außerhalb dieses Raumes. Die neue Allianz mit Al Qaida hat ihr möglicherweise Zugang zu mehr Ressourcen und Ausbildung verschafft.«39

Wo auch immer vom Terrorismus im saharischen Raum die Rede ist, beginnt diese mit der ominösen Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC), die sich 1997/1998 von den algerischen terroristischen Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) abgespalten haben soll. Letztere stellten zu diesem Zeitpunkt ihre Aktivitäten ein.40 Internationale Aufmerksamkeit erreichte die GSPC durch die sechs Monate dauernde Entführung von 32 europäischen – vor allem deutschen und österreichischen – Touristen im Februar und März 2003 in der algerischen Sahara. Diese GSPC trat ursprünglich in der Kabylei, einem Gebirge rund 150 km westlich von Algier in Erscheinung. Nun aber tauchte sie plötzlich über 2 000 km weiter südlich in einem von den Tuareg kontrollierten Gebiet auf. Bereits die Entführung selbst, wie vor allem auch die Informationspolitik der algerischen Regierung warfen mehr Fragen auf als die Behörden beantworteten. 41 So gab es offensichtlich enge und gute Kontakte zwischen den Entführern und der algerischen Armee vor Ort; den notwendigen Treibstoff konnten die Entführer in den erforderlichen Mengen für die weiten Strecken nach Mali, Niger und zurück in den Süden Algeriens nur in den Stützpunkten der Armee erhalten; trotz hoch moderner, von den USA gelieferter Nachtsichtgeräte konnten bis zu 5 000 eingesetzte Soldaten die Konvois der Entführer und ihrer Opfer in einem über hunderte von Kilometern topfebenen Gelände ohne Baum und Strauch nicht orten; die Regierung in Algier verhinderte deutsche Versuche, die GSG 9, das KSK oder Beobachtungsdrohnen zum Einsatz zu bringen; den Entführern gelang es, binnen weniger Tage original-verpackte Ersatzteile, die für normale Menschen in Algerien nicht aufzutreiben sind, für drei beschädigte Fahrzeuge zu beschaffen; bei einer großen Schießerei anlässlich der »Befreiung« der Entführten schien es weder Tote noch ernsthaft Verletzte gegeben zu haben etc. etc.42

Zentrale Figur der Entführung war Amari Saifi, genannt Abderrazak »El Para«, weil er in der algerischen Armee bis 1991 als Fallschirmjäger gedient hatte, dann aber »desertierte«.43 Er wurde schließlich von einer Widerstandsgruppe der Tuareg im nördlichen Tschad sieben Monate lang festgehalten. Obwohl diese der algerischen Regierung mehrfach seine Auslieferung anboten, reagierte Algier nicht. Schließlich wurde er an Libyen überstellt und von dort am 27. Oktober 2004 nach Algier überstellt. Dort wurde er dann – in Abwesenheit! – zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe verurteilt. In einem zweiten Prozess am 18. März 2007, der ebenfalls ohne den Angeklagten stattfand, wurde die Verhandlung auf Antrag des Staatsanwalts binnen weniger Minuten vertagt, da das Verfahren gegen den Angeklagten »in Abwesenheit« zuvor abgeschlossen werden müsse, bevor gegen ihn verhandelt werden könne.44

Schließlich: Niemals haben die Entführer sich mit Forderungen zu Wort gemeldet, noch haben sie politische Erklärungen abgegeben – ein für »Terroristen« völlig untypisches Verhalten. Dagegen halten sich vor allem in der algerischen Presse Gerüchte, wonach allein die Bundesrepublik Deutschland 5 Millionen € Lösegeld bezahlt haben soll.45 So stellt sich die Frage, ob es sich hier um eine »normale« kriminelle Aktion von Banditen handelte, die in der Sahara den Auto-, Waffen-, Zigaretten- und Menschenschmuggel organisieren, hier aber unter dem Schutz des algerischen Geheimdienstes agierten, um in spektakulärer Weise die Präsenz von »Terroristen« in der Sahara unter Beweis zu stellen. Ähnlich dubios wie diese Entführung bleibt ein »terroristischer« Überfall auf einen Außenposten der mauretanischen Armee unmittelbar vor dem Manöver »Flintlock« 2005, 46 an dem, in Vorbereitung von Africom, nahezu alle Anrainer-Staaten des Sahel teilnahmen.

Zu fragen bleibt auch, weshalb die westlichen Dienste, die die trüben Quellen kennen müssen, aus denen solche Informationen stammen, ungerührt die Geschichte dieser seltsamen GSPC reproduzieren, ohne die Glaubwürdigkeitslücken zu klären; weshalb, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, die Medien solch dubiose Informationen ungeprüft übernehmen und damit einen Beitrag leisten zur Desinformation im allgemeinen und zur Rechtfertigung der Militarisierung von Außenpolitik im besonderen.

4. Fazit
Die Militarisierung nun auch noch des Schwarzen Kontinents macht die Welt nicht sicherer, ganz im Gegenteil: Während die Afrikanische Union große und konstruktive Anstrengungen unternimmt, innerafrikanische Konflikte selbst zu lösen, 47 machen die Großmächte den Kontinent zu ihrem Aufmarschgebiet, denn der Aufbau der US-Militärpräsenz wird auch die anderen Akteure – allen voran die EU, aber auch China – dazu veranlassen, ihre Militärpräsenz zu erhöhen oder auszubauen. Der »internationale Terrorismus« dient dabei als Vorwand, und sei dieser noch so fadenscheinig. Vorher zu sehen ist, dass die wachsende Präsenz ausländischer Truppen das von den Afrikanern mühsam und meist nur bruchstückhaft errungene Selbstbestimmungsrecht überall dort mit Füßen treten wird, wo die Großmächte die von ihnen definierten Interessen in Gefahr sehen. Solch neuer Kolonialismus im Gewande der Terrorismusbekämpfung wird Widerstand wecken und genau jenen »Terrorismus « produzieren, den zu bekämpfen Africom & Co. ausgezogen sind. Deshalb darf auch bezweifelt werden, dass diese Strategie langfristig ihren eigentlichen Zweck, die Sicherung der Rohstoffzufuhr, erreichen wird.


Werner Ruf – Jg. 1937; Friedensforscher, em. Professor für Internationale und Intergesellschaftliche Beziehungen und Außenpolitik an der Universität Kassel, Mitglied der dortigen Arbeitsgruppe Friedensforschung, Mitarbeit im Gesprächskreis Friedens- und Sicherheitspolitik der Rosa-Luxemburg- Stiftung. Zuletzt in UTOPIE kreativ (mit Peter Strutynski): Militärinterventionen: verheerend und völkerrechtswidrig, Heft 205 (November 2007).

Der Artikel ist eine erweiterte und überarbeitete Fassung des Beitrages: Geopolitik und Ressourcen: Der Griff der USA nach Afrika, in: Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (Hrsg.), Projektleitung: Thomas Roithner: Von kalten Energiestrategien zu heißen Rohstoffkriegen? Schachspiel der Weltmächte zwischen Präventivkrieg und zukunftsfähiger Rohstoffpolitik im Zeitalter des globalen Treibhauses, Dialog 54 – Beiträge zur Friedensforschung, Lit-Verlag Münster, Hamburg, London, Berlin, Wien 2008.

1 http://www.eucom.mil/africom/transcripts/slides070000Lfeb2007.pdf abgerufen 27. Juni 2007.

2 A. a. O. Übersetzung aus dem Englischen hier und im Folgenden W. R.

3 http://www.defenselink.mil/transcripts/transcript.aspx?transcriptid=3882 abgerufen 30. Juni 2007.

4 International Institute for Strategic Studies: Strategic Comments, Vol. 14, Issue 2, March 2007.

5 Le Quotidien d’Oran, 2. Juli 2005.

6 http://www.globalsecurity.org/military/ops/tscti.htm, abgerufen 1. 3. 07.

7 Vgl. dazu die Verlautbarungen des US State Department unter http://www.state.gov/documents/organization/31936.pdf; auch: http://www.state.gov/t/pm/rls/rpt/fmtrpt/2006/74682.htm abgerufen am 27. Dezember 2006.

8 A.a.O.

9 Werner Ruf: Terrorismus und US-Geopolitik. Algeriens Rolle im Anti-Terrorkampf; in: INAMO Nr. 50, Sommer 2007, S. 37-40.

10 Die US-Botschaft hatte, ohne die algerischen Behörden zu informieren, auf ihrer Website vor weiteren, für den 14. April bevorstehenden Anschlägen gewarnt. Etwa zeitgleich wurde der Direktor einer Joint Venture der algerischen Sonatrach und der US-Firma Brown Root and Condor wegen Bestechungsverdachts verhaftet. BRC ist ein Privates Militärisches Unternehmen und Tochter von Halliburton.

11 So besuchten im Juni 2007 der Direktor des FBI Robert S. Muller und CIA-Chef Michael Hayden Marokko, wenn auch ohne offensichtlichen Erfolg für die Stationierung von Africom. Vgl. L’expression, 3. Juli 2007.

12 Vgl. IISS a. a. O.

13 So die algerische Zeitung Liberté am 18. Mai 2008.

14 Daniel Volman: The Scramble for African Oil, in: New African, Juli 2006, S. 20.

15 Siehe u. a.: Elmar Altvater: Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen, Münster 2006; Thomas Schmitt: Spekulieren auf die Zeit ohne Öl, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20. Dezember 2006, S. 58; Andreas Zumach: Die kommenden Kriege, Köln 2005.

16 European Union Institute for Security Studies 2003: European Security Strategy, Paris 2003.

17 Bundesministerium der Verteidigung: Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr, Berlin: BMVg, 2006, Online- Fassung, S. 9.

18 Ronald D. Asmus, Kenneth M. Pollack: Transformation des Mittleren Ostens. Das neue transatlantische Projekt, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 12/2002, S. 1457-1466.

19 Liberté, 14. September 2006.

20 Council on Foreign Relations: More than Humanitarianism: A Strategic U.S. Approach Toward Africa, Independent Task Force Report No. 56, Washington 2006, 174 S.

21 So wurden 2006 auch Äquatorial-Guinea und Sudan in das IMET-Programm der USA aufgenommen. Siehe Volman, a. a. O., S. 19.

22 Volman, a. a. O., S. 18-21.

23 In Reaktion auf die iranische Revolution hatte der damalige US-Präsident Jimmy Carter am 23. Januar 1980 vor dem Kongress erklärt: »Jeder Versuch einer fremden Macht, die Kontrolle über die Region am Persischen Golf zu erlangen, wird als Angriff auf die lebenswichtigen Interessen der Vereinigten Staaten angesehen. Jeglicher Angriff dieser Art wird mit allen Mitteln zurückgeschlagen werden, auch mit militärischen.« Mit der Gründung von CENTCOM wurde die Doktrin militärisch untermauert.

24 Volman, a. a. O. S. 18.

25 FAZ 24. April 2007.

26 So berichtete die FAZ am 20. Januar 1993, S. 3, also während der mit großem Medienaufwand durchgeführten Operation »Restore Hope«, dass laut einer Studie der Weltbank von 1991 Somalia an erster Stelle jener acht afrikanischen Staaten liegt, in denen Ölvorkommen vermutet werden. Schon zu Zeiten des Diktators Siad Barre waren die US-Firmen Conoco, Chevron, Amoco, Phillips prospektierend in Somalia tätig. Vgl. auch die Sendung NDR-Zeitgeschehen vom 18. November 1993 und Der Spiegel Nr. 9 vom 28. Februar 2005, S. 119.

27 Die EU-Kommission hat im Juni 2007 Algier eine »strategische Partnerschaft« im Bereich der Energielieferung vorgeschlagen (Liberté, 19. Juni 2007).

28 Wirtschaftsminister Glos besuchte während der deutschen Ratspräsidentschaft im Februar 2007 Algier an der Spitze einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation mit Vertretern von Siemens, MAN, Wintershall etc. Auch die Einladung des algerischen Staatpräsidenten zum G-8-Gipfel nach Heiligendamm gehört in diesen Kontext, ebenso wie die deklaratorische Aufmerksamkeit, die Afrika auf dem Gipfel zuteil wurde oder die Fürsorge des derzeitigen Bundespräsidenten Horst Köhler für den Schwarzen Kontinent. Vor allem aber der Besuch von Kanzlerin Merkel am 16. und 17. Juli dieses Jahres stand ganz im Zeichen der Sicherung der Energiezufuhr.

29 El Watan, 6. August 2007.

30 Wolf Kinzel, Sascha Lange: Afrika im Fadenkreuz der USA?, SWP-Aktuell 17, Berlin, März 2007, S. 4.

31 Institute for Security Studies: European Defence. A Proposal for a White Paper, Paris 2004.

32 A. a. O., S. 32: Jenseits des Hinweises auf die Völkerrechtswidrigkeit der National Security Strategy und der dort geforderten Präventivkriegsstrategie wird der Bruch der USA mit dem bisher geltenden Multilateralismus kritisiert: »Die NATO, das Rückgrat der transatlantischen Partnerschaft, verkommt zu einem Werkzeugkasten für die amerikanische Tagesordnung, der sich die Alliierten unterzuordnen haben oder aber das Risiko eingehen, ignoriert zu werden.«

33 A. a. O. S. 83 ff.

34 Siehe exemplarisch: Jörg Becker, Mira Beham: Operation Balkan: Werbung für Tod und Krieg; in: Wissenschaft und Frieden, Heft 3 (2007), S. 14-17.

35 Heinz Loquai: Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg, Baden-Baden 2000, hier insbes. S. 45-51.

36 Dies ergaben umfangreiche Recherchen zur algerischen »Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf« (GSPC): So finden sich gleich lautende Informationen über diese GSPC in den algerischen Medien, in groß aufgemachten Reportagen US-amerikanischer Zeitungen (exemplarisch der lange, in Western-Manier aufgemachte Bericht in der Village Voice vom 31. Januar 2006 (http://www.villagevoice.com/news/0605,khatchadourian,Prozent2071993,6.html abgerufen 20. März 2007), bis hin zu Berichten des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen: http://www.im.nrw.de/sch/571.htm, abgerufen 20. Aug. 2007.

37 http://www.state.gov/s/ct/rls/crt/2006/82728.htm, abgerufen 24. Aug. 2007.

38 Den Schutz der »ungeschützten Küsten« hat seit 2002 die Operation Enduring Freedom übernommen, an der auch die deutsche Bundesmarine beteiligt ist. Über etwaige Erfolge in der Terroristensuche oder -bekämpfung dieser Einheiten hat es bisher keinerlei Meldungen gegeben.

39 http://www.state.gov/s/ct/rls/crt/2006/82728.htm, abgerufen 24. Aug. 2007.

40 Inzwischen haben sich die Hinweise mehr als verdichtet, dass viele dieser Gruppen vom algerischen militärischen Sicherheitsdienst teils unterwandert waren, teils gesteuert wurden (vgl. u. a. Lounis Aggoun, Jean-Baptiste Rivoire: Françalgérie. Crimes et mensonges d’États, Paris 2004; Salima Mellah: GIA: 10 Jahre im Dienste der algerischen Sécurité militaire? in: INAMO, Nr. 34 (2003), S. 53-54. Die GIA terrorisierten die Zivilbevölkerung, kämpften aber vor allem gegen den bewaffneten Arm der Islamischen Heilfront (FIS), die Armee des Islamischen Heils. Die FIS hätte haushoch die ersten freien Wahlen in Algerien gewonnen, wären diese nicht durch einen Militärputsch am 11. Januar 1992 beendet worden.

41 Salima Mellah, Werner Ruf: Entführungen in der Sahara: Fragen und Hypothesen, in: Algeria-Watch, 2. Juni 2003 (http://www.algeria-watch.org/de/artikel/touristen/mellah_ruf.htm).

42 Eine sehr gründliche Untersuchung der Vorgänge liefert der britische Sozialanthropologe Jeremy Keenan: Waging War on Terror: The Implications of America’s »New Imperialism « for Saharan Peoples, in: Journal of North African Studies, Bd. 10, Nr. 3- 4/2005, S. 619-647. Sehr aufschlussreich ist auch ein Rundfunkfeature, das sich vor allem auf Aussagen der Entführten stützt: Bettina Rühl: Treibsand. DLF, 13. Februar 2007. Ähnlich und sehr informativ auch der Fernsehfilm von Susanne Sterzenbach: Entführung in der Sahara, der am 20. August 2007 von Phoenix übertragen wurde, und in Kurzfassung am 4. Juli 2007 in der Reihe »Auslandsreporter « der ARD gezeigt wurde.

43 Es wird behauptet, dass er bis 1998 auf der Gehaltsliste der Armee stand. http://esperal2003.blogspot.com/search?q=El%2BPara, abgerufen 10. Mai 2007.

44 El Watan, 19. März 2007.

45 Die Welt spekulierte am 8. Juli 2003 darüber, dass Deutschland, die Schweiz und die Niederlande zusammen 15 bis 20 Millionen € Lösegeld bezahlt hätten.

46 Siehe den für verschiedene Menschenrechtsorganisationen, darunter die OMDH verfassten Bericht: Diagana, Ould Maroini, Ould Yessa: Impasse politique et réflexes sécuritaires en Mauritanie. Comment fabriquer du terrorisme utile. Paris, Juli 2005.

47 Helgard Schulze-Ritter: Von der OAU zur AU: Chancen für mehr Sicherheit in Afrika? Magisterarbeit im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Universität Kassel, Sommer 2007.

in: UTOPIE kreativ, H. 216 (Oktober 2008), S. 883-892

aus dem Inhalt:
Essay RENATE ULLRICH: Die Macht der Frauen. Oder: Warum Medea ihre Kinder tötete; Africom WERNER RUF: Africom – Ressourcen statt Freiheit. Der Sprung der USA nach Afrika; Interview STEFAN AMZOLL: Die Apokalypse ist eine Revolution im Ganzen. Interview mit EUGEN DREWERMANN über frühe und heutige Apokalypsen; Gesellschaft – Analysen & Alternativen MARCUS HAWEL: Die normalisierte Nation? Verdinglichte Vergangenheitsbewältigung und interventionistische Außenpolitik; GARNET HELEN BRÄUNIG: Freierbestrafung. Der Freier kauft vor allem Macht; Revolution 1848/49 WALTER SCHMIDT: Die Revolution von 1848/49 in der deutschen Geschichtskultur; KURT WERNICKE: Biographien in der 1848er Revolutionshistoriografie. Bericht; Standorte GÜNTER WIRTH: Mehr Materialsammlung als Biographie. Zu Kai Burkhardt: Adolf Grimme (1889-1963). Eine Biographie; Festplatte WOLFGANG SABATH: Die Wochen im Rückstau; Bücher & Zeitschriften Hans-Rainer Sandvoß: Die »andere« Reichshauptstadt. Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Berlin von 1933 bis 1945 (WILFRIEDE OTTO) Olaf Baale: Abbau Ost. Lügen. Vorurteile und sozialistische Schulden (ULRICH BUSCH) Helmut Bleiber, Walter Schmidt, Susanne Schötz (Hrsg): Akteure eines Umbruchs. Männer und Frauen der Revolution von 1848/49 (WOLFGANG SCHRÖDER) Walter van Rossum : Die Tagesshow. Wie man in 15 Minuten die Welt unbegreiflich macht (FRANK SCHUBERT)