Wie Bush den Terror organisiert

Noch mal was von Afghanistan gehört? Das Land ist aus den Schlagzeilen verschwunden. Sein Alltag wird nicht mehr an den Nachrichtenbörsen notiert. ...

...Und doch ist alles noch da, was einst berichtenswert war. Die täglichen Bombardements der US-amerikanischen Befreier. Die Flüchtlinge und ihre mangelhafte Versorgung. Die zerstrittenen Stammesführer. Dazu nun eine Interimsregierung, die hauptsächlich vom Ansehen des vom Kriegsführer USA protegierten Premiers Hamid Karsei lebt. Das Land ist verschwunden hinter einer Wand mit dem Zauberspruch: "Nation building in progress".
Wo sind die Terroristen, um derentwillen der junge Herr im Weißen Haus seine ganze Amtszeit einem globalen Krieg gegen Schurkenstaaten und die Achse des Bösen, eingeschlossen alle jene, die nicht auf seiner Seite stehen, widmen will? Die Taliban sind begraben unter den Bombenteppichen der berüchtigten B52, die schon vor mehr als dreißig Jahren Teile Vietnams bis heute unbewohnbar gemacht haben. Oder sind geflohen in die unwegsamen Bergregionen Afghanistans. Im schlimmsten Fall gefangen als Rechtlose in der US-amerikanischen Enklave Guantanamo auf Kuba. Osama bin Laden und der Talibanführer Mullah Omar sind unauffindbar.
Dem Welt-Kriegsherrn George W. Bush ist vorerst die Personifizierung des Bösen abhanden gekommen, doch ohne ein überdimensionales Feindbild haben es die USA in den letzten Jahrzehnten nicht mehr gemacht. Vater George Bush hatte den noch immer existierenden Saddam Hussein und Ronald Reagan gar ein ganzes Reich des Bösen. Da Afghanistan für die fixe Idee des weltweiten Terrorismus - ein Phänomen der Staatshysterie und auch ein Meisterplan der Weltbeherrschung - nicht mehr taugt, werden in regelloser Folge Länder genannt, die demnächst mit einem Besuch der Marines zu rechnen haben. Mal wird Somalia damit gedroht, mal dem Jemen, worauf jedesmal die Versicherung folgt, daß es im Augenblick keine Pläne gebe.
Es sind alles Länder der Dritten Welt. (Er-) Zeugnisse von "White manÂ’s burden", Überreste der Ersten Beherrschung der Welt durch die von Europa ausgehende Kolonialisierung. Jetzt sind sie die wehrlosen Opfer der Globalisierung, also des Versuchs, sich der Gleichheit der Völker dieser Welt zu widersetzen und noch einmal die Herrschaft über sie zurückzugewinnen. Es ist eine Art Verteidigungskrieg mit verzweifelten Mitteln. Die außer Selbstkontrolle geratene Großmacht USA bedient sich dazu des organisierten Staatsterrorismus. Außerhalb des Völkerrechts und unter Mißachtung der Vereinten Nationen, dieser einzigen legitimen Institution zur Regelung internationaler Konflikte.
Die Freunde der USA - Verbündete, Vasallen und Mitläufer - sollten sich überlegen, worauf sie sich einlassen, ganz gleich, ob ihre Solidarität nun kritisch oder uneingeschränkt ist. Das Schlagwort vom Internationalen Terrorismus ist zu einem Begriff geworden, der sich selber legitimiert und zu Mißbrauch wie blinder Gefolgschaft anstiftet. Die sogenannte Sicherheitskonferenz in München hat das ebenso handgreiflich wie unmißverständlich klar gemacht. Die Gerichte verhängten, ganz im Geiste des Kampfes gegen den Internationalen Terrorismus, doch wider den Geist des Grundgesetzes, ein absolutes Demonstrationsverbot, wie es der Verfassung widerspricht und wie es bisher gegenüber den verfassungsfeindlichen rechtsradikalen Gruppierungen noch nie in Erwägung gezogen worden ist. Im so hermetisch gesicherten Konferenzsaal beschrieb der aus Washington entsandte Statthalter der westlichen Wertegemeinschaft, der stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz, die apokalyptischen Visionen seines Präsidenten: Willkür, Aufrüstung und Krieg gegen die, die gegen die Freiheit sind, wie die USA sie zur Zeit verstehen. Die deutsche politische Prominenz widersprach nicht. Wie schon einmal in den fünfzig Jahren des Kalten Krieges bedienen wir uns der Methoden, die wir verurteilen.