Die in der letzten Ausgabe begonnene Diskussionsreihe über den
Begriff des »Extremismus« wird diesmal fortgesetzt. Den Aufschlag
machte unser Text »Beyond Rechtsextremismus«, der den Diskurs umreißt
und den Diskussionsstand um vorhandene Begriffe aufzeigt. In dieser
Ausgabe plädiert der VVN-BdA für den Begriff »Neofaschismus« und
erläutert seine Perspektive auf die Bildung von Begriffen. Wir bitten an
dieser Stelle weiterhin antifaschistische Zusammenhänge,
Wissenschaftler_innen und Journalist_innen an die Tasten, um sich mit
Beiträgen an dieser Diskussion zu beteiligen.
Wir wünschen euch und
uns soweit erst einmal ein baldiges Ende des Winters und einen
wunderschönen antifaschistischen Frühling 2011.
Leider gibt es aber
auch für dieses Editorial schlechte Nachrichten: Am 12. März fand in der
tschechischen Kleinstadt Novy Bydzov eine Neonazidemonstration gegen
Sinti und Roma statt. Am Rande kam es zu schweren Übergriffen durch
Neonazis auf Roma, die Polizei ging brutal gegen friedliche
Gegendemonstrant_innen vor. Eine antiziganistische Stimmung und daraus
resultierende schwere Übergriffe in Tschechien waren bei uns schon des
öfteren Thema. Für mehr Informationen möchten wir an dieser Stelle das
Portal www.romea.cz/english empfehlen.
Am 11. März 2011 kam es im
baden-württembergischen Leonberg (Kreis Böblingen) zu einem schweren
Übergriff durch Neonazis. Dabei wurde einem linken Jugendlichen aus
kurzer Distanz mit einer Gaspistole ins Gesicht geschossen. Nur durch
zwei Notoperationen konnte sein Auge gerettet werden. »Seine Sehkraft
wird er wohl nie wieder ganz erlangen«, zitiert die Stuttgarter Zeitung
einen Freund des Opfers. Wir wünschen dem Betroffenen viel Kraft und
gute Genesung!
Am 5. März 2011 starb Galina Kozhevnikova nach schwerer Krankheit. Sie wurde 36 Jahre alt. Die russische Menschenrechtsaktivistin und Antifaschistin war Mitbegründerin sowie stellvertretende Direktorin des Informations- und Analysezentrums »SOVA«, welches rassistische Gewalttaten in Russland dokumentiert und analysiert. Galina verfolgte die aktuellen Entwicklungen der russischen Naziszene und setzte sich kritisch mit der russischen Extremismusgesetzgebung auseinander. Ihre Analysen fanden internationale Beachtung und lieferten erschreckende Hintergrundinformationen zur rassistischen und nationalistischen Hegemonie in der russischen Gesellschaft. Aufgrund ihres Engagements geriet sie mehrfach in den Fokus von militanten Neonazis. Viele ihrer Arbeiten und Analysen sind auch auf Englisch auf der Webseite von SOVA zu finden: www.sovacenter.ru
Am 25. Oktober 2010 verstarb im Alter von 47 Jahren unser Weggefährte Helge. Sein Tod ist ein großer Verlust für uns – als Mensch und als Antifaschist wird er allen, die ihn kannten, bitter fehlen. Seit den 1980er Jahren war Helge in der antifaschistischen Bewegung aktiv. Nicht nur, dass er viel dazu beitrug, den braunen Mob auf der Straße erfolgreich in seine Schranken zu weisen, er gehörte später auch zu jenem Team, das 1993 die Antifa-NRW-Zeitung initiierte und Ausgabe für Ausgabe mit exzellenten Rechercheberichten und genauen politischen Einschätzungen füllte. Er wird uns fehlen, aber er hat uns einen Schatz an Erinnerungen an ihn hinterlassen, die uns Inspiration sein sollten, uns weiter für das zu engagieren, für das er stand: eine bessere Gesellschaft, frei von Vorurteilen, Rassismus und Faschismus.
Respekt und Salut, Galina und Helge!