Wenig Humanität - viele Restriktionen

Bleiberecht für Geduldete

in (20.05.2007)

Bleiberecht für Geduldete

Mit der beschlossenen Bleiberechtsregelung versucht die große Koalition, in der Öffentlichkeit ihr Image menschlich aufzupolieren. Geduldete MigrantInnen und Flüchtlinge, die schon lange in Deutschland leben und fest integriert sind, sollen ein Bleiberecht erhalten. Ende März 2007 hat die Bundesregierung eine solche Bleiberechtsregelung auf den Weg gebracht.

Die Regelung ist allerdings so restriktiv gefasst, dass nach Schätzungen nicht einmal die Hälfte der rund 190.000 Geduldeten von dieser Regelung profitieren wird. Der Bleiberechtsregelung der Bundesregierung war eine ähnliche Regelung der Landesinnenminister vom November 2006 voraus gegangen. Allerdings ist die Regelung des Bundes insofern großzügiger, als sie das Bleiberecht auch dann gewährt, wenn die Betroffenen noch keine Arbeit vorweisen können. Bis Ende 2009 haben sie Zeit, einen Job zu finden, sonst wird das Bleiberecht entzogen und die Abschiebung droht. Wer auf Dauer keine Arbeit findet, der fliegt raus. Gegenüber den Betroffenen ist dies blanker Zynismus. Jahrelang hat man ihnen verboten zu arbeiten und nun müssen sie sich aus dem Stehgreif in den Arbeitsmarkt integrieren. Besonders inhuman ist die Regelung im Umgang mit alten Menschen, Erwerbsunfähigen und Behinderten. Sie müssen ihren Lebensunterhalt inklusive Betreuung und Pflege ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft sichern können. Das ist unrealistisch und inhuman. Nicht alle haben Angehörige, die das notwendige Geld aufbringen können, um von Sozialleistungen unabhängig zu sein. Aber selbst wer seinen Lebensunterhalt selbst sichern kann, hat keine Garantie auf Bleiberecht. Die Geduldeten müssen sich bereits seit acht Jahren (Alleinstehende) oder sechs Jahren (Familien) in Deutschland aufhalten.

Wer noch nicht so lange in Deutschland lebt, hat keine Chance. Um das Lieblingsthema der Union nicht zu vergessen: Als Zeichen guter Integration müssen die Anwerber auf das Bleiberecht natürlich Deutsch sprechen.
Was sonst. Gesetzesübertritte, die über das mehrmalige Fahren ohne Fahrschein hinausgehen, dürfen nicht aktenkundig sein.
Eine weitere Hürde zum Bleiberecht gibt den Ausländerbehörden mehr oder weniger einen Freibrief, nach
eigenem Gusto den Stab über die Bleiberechts-KandidatInnen zu brechen: Wer in der Vergangenheit die eigene Abschiebung nicht tatkräftig unterstützt hat, zum Beispiel bei der Beschaffung von Reisedokumenten, wird vom Bleiberecht ausgeschlossen. Im Zweifel kann die Ausländerbehörde einfach behaupten, bei besserer Kooperation wäre die Abschiebung längst möglich gewesen. Die Betroffenen werden so der Willkür der Ausländerbehörden ausgeliefert.

Während die große Koalition die Bleiberechtsregelung als Akt der Humanität öffentlich feiert, bereitet sie hinter den Kulissen eine erneute Verschärfungswelle des Asyl- und Ausländerrechts vor. Asylsuchende, für die ein anderer EU-Mitgliedstaat zuständig sein könnte, sollen künftig systematisch inhaftiert werden, der Ehegattennachzug massiv verschärft werden: Nur wer Deutsch schon im Ausland gelernt hat, soll nachziehen dürften. Hier soll eine soziale Auslese nachreisender Familienmitglieder betrieben werden. Dies sind nur zwei Beispiele eines umfassenden Verschärfungskatalogs. Das zeigt: Von einem an Menschenrechten orientierten Asyl- und Einwanderungsrecht ist Deutschland noch weit entfernt. Abschottung und autoritäre Gängelung sind die Merkmale der aktuellen Asyl- und Migrationspolitik.